Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Blutverlust dich langsamer macht, dann töte ich dich.«
Guter Plan. Im Moment klang er ausgesprochen plausibel.
Erra zeigte auf die Blutspuren. »Benutze dein Blut, solange du es noch kannst, damit ich wenigstens weiß, dass du etwas wert warst.«
»Das muss ich nicht.«
»Du kannst es gar nicht, oder? Du weißt gar nicht, wie du mit dem Blut arbeiten könntest. Du dummes, dummes Kind. Und du glaubst, mich besiegen zu können?«
Ich gab meine Deckung auf und wand mich zur Seite. Sie geriet ein wenig aus dem Gleichgewicht und machte einen winzigen Schritt vorwärts. Dann schlug ich ihren Arm nach oben und stieß zu. Erra schrak zurück. Slayer fuhr in ihre linke Armbeuge, schnell wie der Kuss einer Schlange. Erra schrie. Blut strömte, aber nicht sehr viel. Nicht tief genug. Mist. Ich zog mich zurück.
Sie lachte, bleckte die Zähne, und das Haar fiel ihr ins Gesicht. Ihre Lippen bewegten sich flüsternd. Ein Heilzauber. Gut, bei diesem Spiel waren wir zu zweit. Ich murmelte leise eine Beschwörungsformel, um meine Seite zu schnellerer Heilung anzuregen.
»Du gefällst mir. Du bist dumm, aber mutig. Wenn du jetzt fliehst, gebe ich dir einen Vorsprung. Zwei Tage. Vielleicht sogar drei.«
»Du würdest die Zeit dazu nutzen, jeden zu ermorden, den ich jemals gekannt habe, um es mir anschließend unter die Nase zu reiben.«
»Ha! Du kannst nur mein eigenes Kind sein.«
Ich fletschte die Zähne. »Wenn ich dein Kind wäre, hätte ich mich im Mutterleib mit der Nabelschnur selbst erdrosselt.«
Sie lachte. »Ich werde deinen hübschen Löwen töten und seinen Schädel als Hut tragen, wenn ich zu deinem Vater zurückkehre.«
»Zieh den Löwen nicht in diese Sache hinein. Hier geht es nur um dich und mich.«
Sie griff an. Ich parierte, und sie trieb mich über den Schnee zurück.
Schlag.
Schlag.
Schlag.
Mein Arm wurde taub.
Sie verpasste mir einen Rückhandschlag. Das Wohnhaus tanzte vor meinen Augen. Die Wucht des Hiebes wirbelte mich herum. Ich taumelte rückwärts, schmeckte Blut im Mund und spuckte rot in den Schnee.
Erra knurrte. Ihr linker Arm hing schlaff herab. Endlich hatte der Blutverlust doch einen gewissen Schaden angerichtet.
»Schmerz ist ziemlich gemein, was?« Ich lachte. »Das ist das Problem, wenn man zu lange ganz oben steht – man verträgt nicht mehr so viel.« Die Welt drehte sich um mich. Mir brummte der Schädel. Allzu lange würde ich nicht mehr durchhalten. Sie laugte meine Kräfte aus, und ich blutete, als würde es kein Morgen geben.
Also konnte ich es genauso gut ausnutzen. Ich strauchelte und ließ Slayer in meine Fingerspitzen beißen. Wenn man bedachte, dass mindestens ein halber Liter meines Blutes ein hübsches rotes Muster im Schnee bildete, fiel es mir nicht schwer, ein wenig zu straucheln.
Erra hob ihr Schwert. »Schüttle es ab und blick dich ein letztes Mal um.«
Jeder kann jeden töten, solange es einem egal ist, ob man lebt oder stirbt. Erra hing sehr am Leben. Ich auch, aber Schmerzen machten mir nicht so viel Angst wie ihr. Ich war besser. Wenn ich den richtigen Moment erwischte, würde ich es vielleicht sogar überleben. Ich musste nur einen guten Treffer landen und mir genug Kraft aufheben, um ihn auszuführen. Sie sollte die Hauptarbeit übernehmen.
»Bla-bla-bla. Du plapperst unentwegt wie eine senile alte Frau. Verfällst du allmählich in Altersschwachsinn?«
Sie griff mich an. Ich sah sie glasklar, wie sie über den Schnee stürmte, mit wildem Blick, das Schwert zum tödlichen Hieb erhoben. Sich fallen lassen, unter die Rippen stoßen. Der Weg zum Herzen einer Frau führt durch ihren Bauch. Wenn ich ihr ins Herz stach, würde sie das Schwert nicht mehr abschütteln können. Sie war zwar meine Tante, aber sie war sterblich, verdammt!
Die Welt schrumpfte auf Erra und die Spitze meines Schwertes zusammen.
Curran, ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt.
Julie, ich liebe dich.
Sie kam auf mich zu. Ihr Schwertarm war viel zu hoch. Wenn ich unter diesem ersten Hieb wegtauchte, gehörte sie mir.
Etwas traf mich von links. Mit schmerzhafter Wucht wurde Luft aus meinen Lungen getrieben. Ich keuchte, versuchte einzuatmen und sah, wie der Boden unter mir zurückfiel. Etwas hielt mich mit stählernem Griff gepackt und zerrte mich das Gebäude hinauf.
Ein Schrei aus purer Wut verfolgte uns. »Komm sofort zurück!«
Ich schaffte es, ein wenig Luft in meine Lungen zu pumpen.
Ich drehte den Hals. Rote Augen starrten mich aus geschlitzten Pupillen an.
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