Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
bitte. Jetzt tue ich es. Bitte, komm zurück zu mir.«
Nichts.
»Wer soll mich vor mir selbst beschützen, wenn du nicht mehr da bist? Wer soll sich mit mir streiten? Ich wäre dann ganz allein. Du darfst mich nicht im Stich lassen, Curran. Du darfst das Rudel nicht im Stich lassen. Das darfst du einfach nicht.«
Er drückte mich an sich. Die Schmerzen waren so heftig, dass ich schrie.
Curran knurrte und packte mich noch fester.
Er erinnerte sich nicht an mich. Curran war verloren. Sie hatte ihn mir entrissen. Sie hatte ihn mit ihrem letzten Atemzug von mir entfremdet. Die Welt zerbrach, und die Trümmer stürzten über mir zusammen. Ich konnte nicht mehr atmen.
Meine Augen wurden heiß. Etwas in mir zerbrach, und ich weinte. Ich schlang die Arme um seinen dicken Hals und weinte und weinte, weil er starb, Sekunde um Sekunde, und ich nichts dagegen tun konnte.
»Komm zu mir zurück. Lass mich nicht allein. Stirb nicht, du blöder Mistkerl. Du verdammter Idiot. Ich habe dir doch gesagt, dass du dich aus dem Kampf heraushalten sollst! Warum hörst du nie auf mich? Ich hasse dich! Ich hasse dich, hast du gehört? Wage es nicht, mir wegzusterben, weil ich dich sonst mit meinen bloßen Händen töten müsste.«
Das Fell brodelte unter meinen Händen, und meine Finger spürten menschliche Haut. Currans graue Augen blickten mich aus einem menschlichen Gesicht an.
»Sprich zu mir, Baby«, flüsterte ich. »Bitte sprich zu mir.«
Seine Lippen bewegten sich. Er strengte sich eine ganze Weile an, bis er es herausbrachte.
»Noch nicht tot.«
Er verdrehte die Augen. Er schwankte, dann stürzten wir zusammen zu Boden.
*
Doolittle wischte sich die Hände an einem Handtuch ab. »Er liegt im Koma. Sein Körper ist menschlich, doch ob sein Bewusstsein zurückkehren wird, ist fraglich. Aber er hat gesprochen. Wir haben es durch die Tür gehört, und seine Worte waren klar und verständlich. Das gibt uns Hoffnung.«
»Wann wird er aufwachen?«
Doolittle sah mich mit besorgter Miene an. »Ich weiß es nicht.«
»Kannst du gar nichts für ihn tun?«
Wieder schüttelte er den Kopf und zog mich von ihm fort. »Ich habe alles getan, was ich tun konnte. Den Rest müssen sein Körper und die Zeit erledigen.«
Jim schob sich in mein Blickfeld. »Du musst ihm gestatten, dich zu behandeln.«
Ich starrte ihn verständnislos an.
»Der Arzt muss dich gesund machen«, sagte Jim, als würde er mit einem kleinen Kind reden. »Du bist verletzt. Es ist nicht gut für dich, wenn du verletzt bist.«
Ich wollte nur, dass sie mich einfach in Ruhe ließen. »Seit wann bist du mein Kindermädchen?«
Jim ging neben mir in die Hocke. »Inzwischen weiß die gesamte Festung, dass der Herr der Bestien im Koma liegt. Die Leute haben Angst, sie sind wütend, und sie wollen Blut sehen. Was sie jetzt brauchen, ist die Partnerin des Herrn der Bestien, die auf ihren eigenen Beinen steht. Du musst fit sein, damit ich mit dir durch die Festung gehen und die Leute beruhigen kann.«
»Ich gehe nirgendwohin, solange er in diesem Zustand ist.«
Jim schüttelte den Kopf. »Du wirst dich zusammenreißen und da weitermachen, wo er aufgehört hat. Das ist jetzt dein Job.«
»Lass mich in Ruhe, verdammt noch mal, sonst werde ich dir wehtun!«, knurrte ich ihn an.
»Das klingt schon ganz gut«, sagte Jim. »Aber zuerst müssen wir dich wieder in Ordnung bringen.«
Doolittle legte einen Finger auf meine Jeans, einige Zentimeter über dem Knie. »Ein Schnitt von hier bis zum Knöchel.«
Jim zückte ein Messer und schlitzte mein rechtes Hosenbein auf. Doolittle zeigte nach unten. »Sieh es dir an.«
Mein Knie hatte auf der linken Seite eine große Beule. Der Muskel war angeschwollen und verunstaltete das ganze Bein.
»Du weißt, was das ist«, sagte Doolittle.
»Eine ausgerenkte Kniescheibe.«
»Gutes Mädchen. Du hast zwei gebrochene Rippen, schwere Prellungen, eine Bauchwunde und mindestens vier tiefe Schnitte, soweit ich sehen kann. Und alle sind verschmutzt. Deine Wunde hat sich von selbst geschlossen, aber wenn wir uns jetzt nicht darum kümmern, wirst du nicht mehr da sein, falls er wieder aufwacht.«
Er sagte »falls« und nicht »wenn«. Falls er wieder aufwachte.
Doolittle packte meinen Fußknöchel. »Leg eine Hand unter ihr Knie.«
Jim hielt mein Knie von hinten fest.
Doolittle suchte meinen Blick. »Du weißt, was jetzt kommt.«
Ich krallte die Finger um die Armlehnen des Stuhls. »Tu es.«
Er drehte mein Bein. Ein glühend roter Speer
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