Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
sagen, die ich euch beiden mitteilen möchte.«
Ich führte ihn nach drinnen.
Er starrte auf Curran. Auch ich sah ihn an. Ich hatte ständig das Gefühl, er könnte jeden Moment aufwachen, und ich suchte nach dem leisesten Anzeichen von Bewegung, bis ich anfing, Sachen zu sehen, die gar nicht da waren.
»Du bist untauglich«, sagte Mahon. »Du bist keine Gestaltwandlerin. Du verstehst uns nicht und wirst uns vermutlich nie verstehen. Das hier …« Er breitete die kräftigen Arme aus und zeigte gleichzeitig auf das Schlafzimmer, mich und Curran. »… ist gegen meinen Rat geschehen. Ich habe es ihm mehrmals gesagt. Er hatte viele Frauen. Ich dachte, es würde vorübergehen.«
Ich beobachtete ihn. Falls er mich hier angriff, würde ich verlieren. Selbst an meinen besten Tagen konnte ich es nicht mit Mahon aufnehmen, und in diesem Moment musste ich meine ganze Kraft darauf verwenden, mich auf den Beinen zu halten.
»Wie gesagt, es war unklug. Aber er hat dich erwählt. Ich habe Respekt vor dem Mann, zu dem er geworden ist, und vor dem, was er für uns getan hat. Und du hast meinen Respekt, weil du zu ihm stehst.« Mahon gab meinen Blick zurück. »Wahrscheinlich wirst du nie meine Alpha sein. Damit wirst du leben müssen. Aber er wird immer mein Vasall sein.«
Ich kam mir vor wie ein Thronbewerber in einem Mittelalterdrama.
Mahon beugte sich über Curran und berührte ihn an der Schulter. »Schlaf gut. Ich werde sie nicht herausfordern, und meine Leute werden es auch nicht tun. Wir werden über alles reden, wenn du aufgewacht bist.«
Er ging hinaus.
*
Ich trat, mit einer Tasse Tee in der Hand und auf meinen Gehstock gestützt, in den Raum. Derek erhob sich vom Stuhl, nickte mir zu und ging wortlos. Ich setzte mich auf die Kante der Couch und nippte an meinem Tee.
Curran lag reglos da. Ein Infusionsschlauch hing an seinem Arm. Er hatte Gewicht verloren. Mindestens dreißig Pfund. Seine Haut war blass. Es tat weh, ihn anzusehen.
Ich zwang mich, meine Ängste auszublenden. »Heute musste ich niemanden töten. Du erinnerst dich bestimmt: In den ersten paar Tagen kamen drei pro Tag, dann zwei, dann einer. Heute hat mich niemand herausgefordert. Es ist schon spät. Wenn jetzt noch jemand auftaucht, werden deine Wachen ihm sagen, dass er morgen früh wiederkommen soll. Vielleicht lässt es allmählich nach.«
Ich zog meine Stiefel aus, der stechende Schmerz ließ mich zusammenzucken. »Julie hat dein Flittchenzimmer in Besitz genommen. Ich habe den Leuten gesagt, dass sie die Bettwäsche entsorgen sollen – wer weiß, was sich darin angesammelt hat – , und jetzt hat sie neue. Schwarze. Auch die Wände hat sie schwarz gestrichen. Die Vorhänge sind aus schwarzer Spitze. Ich habe versucht, sie zu überreden, die weißen Möbel zu behalten, aber dann habe ich gesehen, wie sie sich neue Farbe besorgt hat. Also vermute ich, dass auch die Möbel morgen schwarz sein werden. Jetzt sieht das Zimmer wie ein verdammter Kerker aus.«
Ich zog mein Sweatshirt aus und legte mich neben ihn unter die Decke. Meine Stimme war sanft. »Das sind die guten Neuigkeiten. Die schlechte lautet, dass du jetzt seit elf Tagen ohne Bewusstsein bist. Allmählich kriege ich Angst, dass du nie mehr aufwachst.«
Ich hielt den Atem an, aber er rührte sich nicht.
»Hmm … was sonst noch? Ich habe es satt, Leute zu töten. Doolittle sagt, der Schaden an meinem linken Bein könnte dauerhaft sein. Irgendwann wird die Verletzung verheilen, auch wenn er nicht recht daran glaubt, aber es tut immer noch höllisch weh. Er möchte, dass ich das Bein nicht mehr belaste, also hat er mir diesen hübschen Gehstock gegeben. Ich kann ihn nur hier benutzen, damit die anderen in der Festung meine Schwäche nicht sehen.«
Ich wollte einfach nur, dass er aufwachte. Natürlich tat er es nicht, also redete ich weiter und versuchte, meine Panik im Zaum zu halten.
»Ich habe immer noch nichts von Andrea gehört. Jim hält sich auf Abstand, was ich gut verstehen kann. Derek sagt, dass er mich hinter den Kulissen unterstützt, was auch immer das bedeuten mag. Die Wölfe finden immer neue Möglichkeiten, mich zu ärgern. Sie haben mich gezwungen, bei einer Scheidung die Rolle der Mediatorin zu übernehmen. Das heißt, sie haben mich darum gebeten, aber laut Barabas kann ich so etwas nicht ablehnen. Es ist ein japanisches Paar. Sie waren Mitglieder eines kleinen Rudels, sie haben sehr jung geheiratet und sind die Eltern von zwei Jungen. Der Ehemann wurde aus dem
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