Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Jim und legte auf.
Ich legte ebenfalls auf und betrachtete den Vampir. Er riss den Mund auf und zeigte mir seine Eckzähne, zwei lange, leicht gekrümmte Nadeln aus Elfenbein. Blutsauger bei Tageslicht zu sehen war gar nicht so ungewöhnlich, wie es klang, aber meistens hatten sie sich gründlich mit Sonnencreme eingerieben. Angesichts der dichten grauen Wolkendecke, die den Himmel erstickte, und der blassen Spätherbstsonne mussten sie sich heute vermutlich keine Sorgen machen.
Der Vampir würdigte den Kampfpudel eines Blickes und wandte sich dann wieder mir zu.
Ich hätte ihn gerne getötet. Ich konnte mir fast bildlich vorstellen, wie mein Schwert in das untote Fleisch eindrang, genau zwischen dem sechsten und siebenten Halswirbel.
Ich zeigte mit einem Finger auf den Kampfpudel. »Du bist still.«
»Ein interessantes Tier.« Ghasteks Stimme ergoss sich aus dem Mund des Blutsaugers, leicht gedämpft, wie durch ein Telefon.
Der Vampir ruckte auf dem Besucherstuhl zurecht und beugte sich vor wie eine Katze, die Arme vor dem Oberkörper zusammengelegt.
Von allen Herren der Toten unter den Freien Menschen in Atlanta war Ghastek der gefährlichste, ausgenommen lediglich sein Chef Nataraja. Aber wo Nataraja ein grausames und chaotisches Verhalten an den Tag legte, war Ghastek intelligent und berechnend, was eine viel schlimmere Kombination war.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Ein persönlicher Besuch. Ich fühle mich geehrt.«
»Du beantwortest keine Anrufe.« Der Vampir beugte sich vor und tippte mit einer säbelförmigen Kralle auf meine Zeichnung. »Ist das ein Löwe mit Hörnern und Mistgabel?«
»Ja.«
»Trägt er den Mond auf seiner Mistgabel?«
»Nein, es ist ein Stück Torte. Was kann ich für den obersten Herrn der Toten von Atlanta tun?«
Die Züge des Vampirs verzogen sich, in dem Versuch, seine Gefühle zu spiegeln. Das Ergebnis sah aus, als würde sich Ghastek alle Mühe geben, sich nicht zu erbrechen. »Jemand hat heute früh das Casino überfallen. Das Volk ersucht den Orden, die Angelegenheit zu überprüfen.«
Der Vampir und ich starrten einander einen Moment lang an. »Könntest du das noch einmal wiederholen?«, fragte ich schließlich.
»Irgendein geistig minderbemitteltes Individuum hat heute früh das Casino überfallen und einen Schaden von schätzungsweise zweihunderttausend Dollar angerichtet. Der größte Schaden entstand an den vier Vampiren, die der Kerl in Brand setzen konnte. Der Schaden am Gebäude ist hauptsächlich kosmetischer Art.«
»Ich meinte den Teil, in dem das Volk den Orden um etwas ersucht.«
»Soweit ich es verstanden habe, bietet der Orden seinen Schutz sämtlichen Bürgern an.«
Ich beugte mich vor. »Korrigiere mich, wenn ich falschliege, aber seid ihr nicht jedes Mal die Ersten, die querschießen, sobald offizielle Stellen im Spiel sind?«
Der Vampir sah mich mit beleidigter Miene an. »Das ist nicht wahr. Wir arbeiten stets mit den Polizeibehörden zusammen.«
Und Schweine gleiten anmutig auf gefiederten Schwingen durch den Himmel. »Vor zwei Wochen raubte eine Frau mit vorgehaltener Waffe einen Laden aus und flüchtete sich ins Casino. Die Polizisten haben vierzehn Stunden gebraucht, um sie herauszuholen, weil ihr für die Frau irgendein Asylprivileg geltend machen wolltet, auf das sich zuletzt die katholische Kirche berufen hat. Soweit mir bekannt ist, steht das Casino nicht auf geweihtem Boden.«
Der Vampir musterte mich mit hochmütiger Verachtung. Ganz gleich, welche Fehler Ghastek haben mochte, seine Untoten hatte er vorzüglich im Griff. »Das ist Ansichtssache.«
»Ihr kooperiert nur dann mit den Behörden, wenn euch keine andere Wahl bleibt, bei ersten Anzeichen von Schwierigkeiten droht ihr mit eurem Anwalt, und du herrschst über eine Schar von Untoten, die potenzielle Massenmörder sind. Von dir hätte ich am wenigsten erwartet, dass du den Orden um Unterstützung ersuchst.«
»Das Leben ist voller Überraschungen.«
Das musste ich erst einmal verdauen. »Weiß Nataraja, dass du hier bist?«
»Ich bin auf seinen direkten Befehl hin zu dir gekommen.«
In meinem Kopf schrillten mehrere Alarmsirenen.
Ghasteks Vorgesetzter, der Oberboss der Freien Menschen in Atlanta , nannte sich Nataraja nach einer der Inkarnationen Shivas. Nataraja hatte etwas Seltsames an sich. Seine Macht fühlte sich viel zu alt für einen Menschen an, und er benutzte sehr viel Magie, aber ich hatte nie erlebt, wie er einen Vampir navigierte. Vor etwa
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