Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
zu. Das deutet auf Intelligenz oder zumindest entwickelte Instinkte hin. Entweder wusste sie, dass der Abfluss zum Wasser führt, oder sie hat die Feuchtigkeit gespürt. Aber wie kann eine Seuche irgendetwas spüren?«
Patrice schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich will Ihnen gar nicht widersprechen. Aber ich habe keine Antworten auf diese Fragen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es eher Instinkt als Intellekt ist. Die Organismen, die die beiden Seuchen auslösen, sind viel zu primitiv, um Intelligenz entwickeln zu können. Selbst für die Magie gibt es Grenzen. Und in diesem Fall würde ich auf reine Physik tippen.« Sie zeigte nach unten. »Der Boden neigt sich in Richtung des Abflusses. Vielleicht hat die Pfütze einfach nur versucht, den Weg des geringsten Widerstands zu nehmen.«
Kapitel 6
I ch brauchte fünfzehn Minuten, um die Anwesenden zu befragen und zu bestätigen, dass niemand den Beginn des Angriffs auf Solomon tatsächlich beobachtet hatte. Zwei Männer hatten gesehen, wie Steel Mary ins Gebäude gekommen war. Sein Gesicht war ihnen verborgen geblieben. In der Halle voller Straßenkiller hatte niemand ihn beachtet. Der Mann war zur Treppe gelaufen, die in den vierten Stock führte, wo Solomon Red residierte. Dort hatte der Kampf begonnen. Meine Zeugen waren erst darauf aufmerksam geworden, als der Fremde und Solomon aus den Räumen in den Korridor stürmten und mit einem Satz über das Geländer in die Innenhalle stürzten. Nach Aussage von Bob Carver landete der Mann auf den Füßen, während er Solomon an der Kehle gepackt hielt. Das weckte sofort das Interesse aller, da Solomon Red einen Meter achtundachtzig groß war und fast einhundertzehn Kilo wog.
Der eigentliche Kampf war kurz und brutal.
»Hat sich irgendjemand von euch an dem Kampf beteiligt?«
Alle vier Söldner, die am Tisch saßen, schüttelten den Kopf – alle außer Ivera, die immer noch Tampons in der Nase hatte. Bob Carver hatte zehn Jahre in der Gilde gedient, Ivera und Ken jeweils sieben, und Juke stand kurz vor ihrem fünfjährigen Jubiläum. Alle vier waren bestens ausgebildet, erfahren, zäh und gute Teamarbeiter. In der Gilde waren sie als die vier apokalyptischen Reiter bekannt. Die meisten Söldner waren Einzelgänger und arbeiteten nur dann mit einem Partner zusammen, wenn es nicht anders ging. Diese vier übernahmen die Jobs, die nur von mehreren erledigt werden konnten, und darin waren sie verdammt gut.
»Er war ein starker Kämpfer«, sagte Bob. »Ich habe mich von ihm ferngehalten.«
»Er hat keine Kunststückchen vorgeführt«, fügte Juke hinzu und fuhr sich mit der Hand durch die Stachelfrisur. Wahrscheinlich bemühte sie sich, mit ihrem schwarzen Haar und den dunklen Augen Furcht einflößend zu wirken, aber ihre Gesichtszüge waren viel zu fein gemeißelt, sodass sie eher wie eine schlecht gelaunte Tinker Bell aussah. »Keine gewagten Sprünge oder artistischen Actioneinlagen. Er knallte Solomon einfach gegen den Liftschacht und rammte ihm den Speer durch die Kehle. Zack, bumm, fertig. Damit war der furchtlose Anführer erledigt.«
»Es war ein geübter Stoß«, sagte Ivera. »Kein Zögern, kein Zielen, gar nichts.«
»Was geschah, nachdem er Solomon seiner Schmetterlingssammlung hinzugefügt hatte?«
»Dann kam die magische Woge«, antwortete Ivera.
Hatte Steel Mary gespürt, dass sie kam? Das wäre ein wahrlich teuflischer Trick. »Und dann?«
Bob sah Ken an. Der große schlanke Ungar war der Magieexperte der Gruppe. Ken hatte die Angewohnheit, ganz still dazusitzen, sodass man völlig vergaß, dass er anwesend war. Seine Bewegungen waren im Kontrast zu seinem schlaksigen Körper sparsam. Auch seine Worte teilte er sorgfältig ein, als würden sie aus Gold bestehen. »Extraktion.«
»Könntest du das bitte näher erläutern?«
Ken ließ sich die Sache einen Moment durch den Kopf gehen und wog das Wohlergehen der Menschheit gegen die furchtbare Anstrengung ab, ein paar Worte mehr von sich geben zu müssen. »Der Mann legte seine Hand auf Solomons Mund.« Er hielt die langen Finger auseinander, um es mir zu demonstrieren. »Er sagte ein Wort und entzog ihm seine Essenz.«
Was zum Teufel meinte er damit? »Definiere Essenz.«
Ken musterte mich eine Weile, bevor er antwortete. »Die Glut seiner Magie.«
Das ergab immer noch keinen Sinn. »Kannst du die Glut definieren?«
Ken stutzte verwirrt.
»Es sah wie ein hellroter Wattebausch aus«, sprang Juke in die Bresche.
»Der von Solomons Magie
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