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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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versucht, die Stadt vor einer Epidemie zu bewahren.« Falls sie glaubten, ihr Mezuzot würde sie vor der Steel Mary schützen, stand ihnen eine schwere Enttäuschung bevor.
    Peters Mundwinkel sackten nach unten. »Was Rabbi Weiss damit sagen will, ist, dass es uns furchtbar leid tut, aber Ihr Mangel an Qualifikation verbietet es uns, Ihnen Zugang zu gewähren.«
    Mir tat es auch furchtbar leid. »Soll ich Ihnen vorlesen, was hinter Ihnen auf der Wand geschrieben steht, um Ihnen meine Qualifikation unter Beweis zu stellen?«
    Peter bedachte mich mit einem traurigen Lächeln.
    Weiss seufzte. »Dort stehen die vielen Namen Gottes. Es hat nichts zu bedeuten, wenn Sie Hebräisch lesen können, aber tun Sie es, wenn Sie sich dann besser fühlen.«
    »Dort steht: ›Gehorche‹.«
    Es folgte ein langes Schweigen, bis Peter mit einem hörbaren Geräusch den Mund schloss.
    Weiss’ Augen wurden eiskalt. »Wer hat Ihnen das verraten?«
    »Möchten Sie, dass ich das Wort in der Originalsprache ausspreche?« Ich konnte nicht einschätzen, wie das Wort auf sie wirken würde. Ich benutzte es meistens dazu, um Magie unter Kontrolle zu bringen, aber es ließ sich auch zur Kontrolle von Menschen einsetzen. Ich hatte es ein einziges Mal benutzt – bei Derek – und mir geschworen, es nie wieder zu tun. Aber das wussten die beiden Rabbis nicht.
    Sie wurden leichenblass. Es war mir gelungen, heiligen Männern Angst einzujagen. Vielleicht sollte ich als Zugabe einer Nonne den Hintern versohlen.
    »Nein!« Peter hob die Hände. »Nein, das ist nicht nötig. Wir bringen Sie zum Kreis.«
    *
    Der Golem war fast zweieinhalb Meter groß und gute zwei Meter breit. Im Gegensatz zu seinen Kollegen draußen vor dem Tempel, die mit der Kunstfertigkeit griechischer Statuen gestaltet waren, stellte dieser die Verkörperung brutaler Kraft dar. Er war breit, grob und aus dicken Blöcken tönerner Muskeln zusammengesetzt. Er stand am Ende eines engen Korridors vor einer Tür, die die Form einer offenen Schriftrolle hatte. Er trug einen Stahlhelm, ein Armet mit entferntem Visier. Das Metall bedeckte seinen Mund, und eine Stahlplatte schützte seine Stirn. An ihm ließen sich keine Buchstaben abkratzen. Ich fragte mich, was sie tun würden, falls sie ihn jemals deaktivieren mussten. Vielleicht nahmen sie ihn mit einem Panzer unter Beschuss.
    Peter zeigte auf den Boden, wo vor dem Golem eine kleine Feuergrube aus Stein vorbereitet worden war. Daneben lag eine Streichholzschachtel. »Wer den Kreis benutzt, muss einen Preis zahlen.«
    »Welchen?«
    Seine Stimme klang sanft. »Wissen. Dies ist der Wächter des Kreises. Sie müssen das Feuer entzünden und ihm ein Geheimnis verraten. Wenn der Golem den Wert Ihres Wissens anerkennt, wird er Ihnen die Tür öffnen.«
    »Und wenn dem Golem nicht gefällt, was ich weiß?« Konnte ich darauf hoffen, dass er mich ausschimpfte und ohne Abendessen ins Bett schickte?
    »Er könnte Sie töten«, sagte Weiss.
    »Wenn Sie lügen, wird er es sofort wissen«, erklärte Peter. »Dann wechselt die Flamme ihre Farbe und wird blau.«
    Reizend. Die Fäuste des Golems waren größer als mein Kopf. Er musste mich nur packen und zudrücken, um meinen Schädel wie ein rohes Ei zerplatzen zu lassen. Im Korridor war es zu eng. So nutzte mir meine Schnelligkeit gar nichts.
    »Wir werden hier warten.« Weiss deutete auf eine ein paar Meter entfernte kleine Steinbank an der Wand. Dort saßen sie in der ersten Reihe, falls der Golem beschloss, mir eine Tracht Prügel zu verpassen.
    »Sie können es sich immer noch anders überlegen«, murmelte Peter.
    Um jedes Mal in Oris tote Augen zu starren, sobald ich meine schloss? Nein, danke.
    Ich durchquerte den Raum, nahm die Streichhölzer und riss eins an. Ich näherte mich mit der kleinen Flamme vorsichtig der Feuergrube und ließ sie am Papier lecken, das unter dem Holz lag.
    Ein tiefes Grollen ertönte aus dem Golem, ein grobes Knirschen von Stein gegen Stein. Zwei Pünktchen aus Licht flammten in den tiefen Augenhöhlen auf.
    Ich setzte mich auf den Boden.
    Der Golem erzitterte. Ein gewaltiges Säulenbein hob sich und trat einen Schritt vor. Der Boden zitterte.
    Bumm.
    Bumm.
    Bumm.
    Der Golem blieb vor dem Feuer stehen und beugte sich ein wenig nach vorn. Winzige Flocken aus Stein oder trockenem Ton lösten sich von seinen Schultern und fielen ins Feuer, wo sie als grellweiße Funken aufglühten. Langsam und schwerfällig ging er in die Hocke. Sein stählerner Mundschutz war nur mehr einen

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