Stadt der Fremden
erfreute, weil er mich anschließend beschimpfen konnte. Die einzigen Leute an diesem merkwürdigen zusammengeworfenen Ort waren Ex-Personalangehörige und ein oder zwei Botschafter. Sie zeigten keinerlei Sorge, dass er mit jedem Glas unsere Welt riskierte.
»Deine Freunde«, raunte ich und schüttelte den Kopf. Völlig ungerührt von meinem Abscheu begegnete er meinem Blick.
Botschaftsstädter hatten auf der Suche nach Sicherheit die unteren Stockwerke der Botschaft übernommen. Diese Ebenen waren zu finsteren Seitengassen geworden. Männer und Frauen, Pflegekräfte und Schichteltern gestalteten Schränke und Tagungsräume um – kehrten die Innenseite der Architektur nach außen. Wir schlenderten durch diese Nachtstraßen aus Korridoren, wo die nicht zertrümmerten Lichter entsprechend den Tagesrhythmen umprogrammiert worden waren und wo man Hausnummern mit Kreide auf Innentüren vermerkt hatte. An diesen Eingängen lehnten Leute und unterhielten sich, während Kinder ihren Spielen nachgingen, obwohl die Zeit zum Schlafengehen für sie bereits vorbei war. Botschaftsstadt hatte sich nach innen verlagert.
Berauscht und in einer weinerlich sentimentalen Stimmung, begann Ez, über Ra schlecht zu reden. »Dieses schlaksige Arschloch«, murmelte er, während wir ihm durch die halbautonomen Zonen folgten, die von ihren eigenen inkompetenten Polizisten kontrolliert wurden. »Hängt an meinem Rockschoß, und dann kommt das große ›Ich bin‹.« Ra war die einzige Person in Botschaftsstadt, die mit Ez dessen Akzent und dessen umgangssprachliche Ausdrücke gemeinsam hatte. »Sehen Sie denn nicht, was er tut? Ist leicht für ihn, den netten Jungen zu spielen, wenn … mit … Er kann …« Billige Lampen flackerten über uns: neue Sterne. »Ich sollte nicht …«, begann Ez. »Ich bin müde, und ich will das beenden … Und ich will, dass Ra mich alleine lässt.«
»Ez, ich glaube nicht, dass ich verstehe, was Sie meinen«, erwiderte ich.
»Bitte hören Sie auf, mich so zu nennen! Verflucht dumm, dumm … Es ist …«
Ich kannte seinen früheren Namen. Er war der Mann, der Joel Rukowsi gewesen war. Ich schaute ihn mir in der von Abfall übersäten Halle an. Ich würde ihn nicht Rukowsi oder Joel nennen, und als ich seinen Namen Ez wiederholte, sackte er zusammen und akzeptierte es.
Simmon und ich retteten ihn vor den Schlägereien, die er provozierte. Als es schließlich für ihn und Ra Zeit wurde, ihren Morgendämmerungschor aufzuführen – die erste Rede des Tages –, beleidigte er uns, während wir ihn durch das veränderte Gebäude zurück nach oben führten – durch neue Lehensgüter, entstehende Slums, wo neue Lebensweisen ausgebrütet wurden.
Vor der Kammer streckte ich die Hand nach der Türklinke aus, doch Ez hielt mich mit einer kurzen Berührung auf und bat mich um einen Augenblick, ohne etwas zu sagen. Dies war das einzige Mal in jener Nacht, dass ich etwas anderes als Verachtung bei ihm fühlte. Er schloss die Augen. Er seufzte, und sein Gesichtsausdruck war wieder der eines Betrunkenen und Widerspenstigen.
»Dann los, du Scheißkerl!«, rief er und schob die Tür auf. Ra und MagDa warteten auf ihn. Sie entwirrten sich, während Ez sie verspottete.
Wir schauten zu, wie sich EzRa bekämpften. Als Ez irgendeinen lüsternen grausamen Kommentar über MagDa abgab, schrie Ra ihn an.
»Was glaubst du, wer du bist?«, entgegnete Ez lachend. »Was glaubst du, was das ist? ›Du lässt sie da raus!‹ Meinst du das ernst?«
Selbst ich musste mir ein kleines Lachen über diese unerwartete Imitation verkneifen, und Ra wirkte ein wenig beschämt.
»Hier«, sagte Ez später, als Toningenieure und Bio-Fabrikattechniker ihn für die Übertragung vorbereiteten. Ra las das Papier, das Ez ihm überreichte.
»Wir gehen doch nicht noch einmal durch das Zeug von gestern?«, fragte Ra. Seine Stimme war plötzlich überraschend neutral.
»Nein«, beschied ihm Ez. »Ich möchte fortfahren. Ich glaube, ich habe zu einem guten Zeitpunkt aufgehört. Lass uns weitermachen.«
Es ist ihnen völlig egal! , wollte ich schon schreien. Ihr könntet den verdammten Teppich beschreiben, und der Effekt wäre derselbe .
Ra stellte Fragen zum Tonfall und zur Zeiteinteilung und vermerkte Notizen am Rande. Ez hatte kein Textexemplar: Was er sagen wollte, hatte er auswendig gelernt. Als sie sprachen, blickte ich nicht auf sie, sondern über die Gastgeberstadt hinweg – und sie zuckte, als der erste Sprache -Ton sie traf, als EzRa mit
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