Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville

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zu sprechen. Aus einemverworrenen Gefühl heraus, man müsse ihm ein faires Gerichtsverfahren geben, hatte das Komitee zuerst zugestimmt. Alles, was er getan hatte, war, dass er uns in von Angst diktierter Grobheit angeschrien und beschuldigt hatte. Schließlich ging niemand mehr zu ihm.
    Einige Leute mutmaßten, dass er es geschafft hatte, Bremen ein Notsignal zu senden. Selbst wenn ihm das gelungen und es gut programmiert war, würden Monate vergehen, bis es sie erreichte; und weitere Monate dauerte es, bis sie irgendeine Antwort durch das Immer geschickt hätten. Zu spät für uns, um gerettet zu werden – selbst als Meuterer.
    Ich dachte nicht viel darüber nach, als MagDa mir zum ersten Mal erzählten, dass Wyatt erneut forderte, uns zu sehen. Wir hatten ihn in Einzelhaft verwahrt für den Fall, dass es diese vermuteten anderen Agenten von Bremen in Botschaftsstadt, denen er Befehle geben könnte, wirklich gab.
    »Er hat letztendlich von Ra gehört«, sagte Mag. »Er weiß, dass er tot ist.« Isoliert oder nicht – ich war überrascht, dass es so lange gedauert hatte, bis die Nachricht zu ihm durchgedrungen war. »Du solltest dir das tatsächlich anhören.«
    Wir sahen uns die Aufzeichnung aus Wyatts Zelle an.
    »Hört mir zu!« Er richtete bedächtig das Wort an die Kameras. »Ich kann das aufhalten. Hört zu! Wie lange schon ist Ra tot, ihr Idioten? Wie kann ich helfen, wenn ihr mir nicht erzählt, was geschehen ist? Bringt mich zu Ez . Ihr wollt herrschen, ihr könnt herrschen. Seid eine Republik, es kümmert mich nicht, das ist mir scheißegal. Es macht nichts. Was auch immer ihr wollt … Doch wenn ihr wollt, dass es überhaupt noch eine Botschaftsstadt geben wird, dann lasst mich, Herrgott noch mal, hier raus. Ich kann das aufhalten. Ihr müsst mich zu Ez bringen.«
    Wir hatten ihn schmeichelnd und polternd gesehen, aber dies war neu.
    An unserer Grenze kamen Redies und ihre Ariekei-Feinde unablässig zu uns. Zu Beginn von dem, was wie unsere letzte Verteidigungskampagne aussah, besuchten MagDa, Bren, die Besten aus dem Komitee und ich Wyatt.
    Im Gefängnis von Botschaftsstadt gab es immer noch ein paar Wächter, die aus Hilflosigkeit ebenso wie aus Pflichtgefühl nicht verschwanden. Wyatt hatte sich geweigert, uns irgendetwas zu erklären, bevor wir ihn unter Bewachung mit uns nahmen und Ez aufsuchten. Wir beobachteten den halben Botschafter in seiner Zelle; er steckte in einer schmutzigen Gefängnisuniform.
    »Was hast du dir dabei gedacht?«, murmelte Wyatt. Er sprach mit uns, während er Ez anstarrte. »Wie hast du geglaubt, dass das funktionieren soll?«, fragte er. Er nickte und fügte hinzu: »Hallo, Avice.«
    »Wyatt«, sagte ich. Warum er mich herausgriff, war mir unklar.
    »Zwei Fremde, zwei Freunde, denen es verdammt einfach so passiert ist, eine Punktzahl wie diese beim Stadt-Empathie-Test zu bekommen? Christus Uploaded, seid ihr dumm?« Er schüttelte den Kopf und hielt seine Hände entschuldigend hoch: Er versuchte nicht zu streiten. »Hört zu. Dies ist nicht einfach passiert: Es wurde gemacht. Verstanden?« Er wies auf Ez. »Scannt den Kopf dieses Kerls.«
    Er deutete an, dass das, was auch immer er erklären wollte, möglicherweise die Situation verändern und uns einen Funken Hoffnung geben würde. Wenn dies stimmte, musste Ez das auch gewusst, jedoch nichts unternommen und gesagt haben. Er hatte sogar seine eigene Hoffnung auf den Mist geworfen.
    »Scannt ihn«, fordert Wyatt. »Ihr werdet sehen. Er wurde gemacht .« Gemacht von Bremen. »Meine persönlichen Instruktionen«, fuhr Wyatt fort. »Wahrscheinlich seid ihr noch in der Lage, die Befehle von meinem Datspace herunterzubekommen, wenn ihr ihn nicht zerstört habt. ›Ez.‹ Agent Joel Rukowsi. Ich gebe euch die Passwörter.«
    Rukowsi hatte eine bestimmte Fertigkeit besessen: eine Veranlagung für mentale Verbindung, die für die meisten von uns unerreichbar ist – doch sie war generalisiert, nicht gerichtet. Er war kein Zwilling: Er hatte keinen engen Freund, mit dem er irgendeine besondere intuitive Bindung realisiert hatte. Sie hatten keine Sprache , um seinem Talent einen zutreffenden Namen zu geben; so stellten sie es falsch dar, indem sie es Empathie nannten. Es war allerdings nichtso, dass er fühlte, wie andere fühlten: Seine Fähigkeit offenbarte sich in gemeinen Taschenspielertricks.
    Er war ein Vernehmungsbeamter gewesen. Darin war er meisterhaft: Er wusste, wann Befragte mürbe sein würden, auf was man drängen und