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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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losen bewegt hatten. Die Absurden rückten näher, undes hatte keinen Sinn, auf Bren zu warten. Mit YlSibs Hilfe – ihren behutsamen Übersetzungen, die zuerst sehr langsam erfolgten – fingen wir an. Entgegen meiner Neigung, die mir seit vielen Jahren eigen war, hatte ich keine andere Wahl, als die Kontrolle zu übernehmen.
    Ich glaube nicht, dass Dringlichkeit ein Bazillus ist, der sich auch auf Außerirdische übertragen kann, doch es war, als ob die Ariekei verstanden, dass sich etwas in mir verändert hatte. Sie und ich waren leidenschaftlich engagiert. Ich erinnerte sie an die Zeit in der Krawatte , als sie von mir und all den anderen Similes begeistert waren.
    »Ihr wollt lügen«, sagte ich zu Spanischer Tänzer; inzwischen duzte ich ihn und seine Gefährten, mit denen ich mich häufig getroffen hatte. Ich sprach schnell. »Zeig mir, was du machen kannst. Wie nah bist du dran? Lass uns noch einmal anfangen.«
    Ich brachte Stunden damit zu, ihm und seiner Gruppe mithilfe von YlSibs Übersetzungen zuzuhören, wie sie ihre kleinen Unwahrheiten vortrugen. Ich machte mir Notizen und versuchte angestrengt, mich daran zu erinnern, wie surl  |  tesh-echer das geschafft hatte, was ihm gelungen war. Das schien für mich der Schlüssel zu sein.
    Ich hatte darüber mit Bren gesprochen. Oft hatte surl  |  tesh-echer Wortspiele gemacht, indem er sich dafür eignende Sätze so lange ausgehöhlt hatte, bis das, was übrig blieb, eine verblüffende Lüge darstellte. Doch bei dieser Methode, wie gut sie auch durchgeführt worden war, handelte es sich nur um einen Nebenkriegsschausplatz. surl  |  tesh-echer s theoretisches Hauptaugenmerk war auf mich gerichtet gewesen.
    Er hatte in uns – uns Similes, die aus Terre hergestellt waren, und nicht bloß uns Similes im Allgemeinen – den Schlüssel zu etwas Grundlegenderem gesehen, das die Nichtwahrheit ermöglichte. Seine unverkennbare Verlogenheit – er sprach seine Lügen mit dandyhaftem Schwung, obwohl sie nur Sprachtricks waren – deutete auf jene Veränderung hin, die aus dem Kontakt geboren worden war. Bevor die Menschen kamen, redeten wir nicht so viel über bestimmte Dinge. Bevor die Menschen kamen, redeten wir nicht so viel. Bevor die Menschen kamen, redeten wir nicht.
    Durch ein Vortäuschen, das durch ausgelassene Satzteile entstand, legte er sein Programm dar. Bevor die Menschen kamen, redeten wir nicht: Also werden wir, können wir, müssen wir durch sie sprechen. Er machte diese Falschheit zu einer wahren Bestrebung. surl  |  tesh-echer , der auf eine bestimmte Möglichkeit beharrte, veränderte das, was war. Er hatte gelernt zu lügen, indem er auf einer Wahrheit beharrte.
    »So«, sagte ich zu Spanischer Tänzer und den Gefährten, die sich ihm angeschlossen hatten. »Lasst uns Surl Tesh-echer folgen.«
    YlSib übersetzten. Die Ariekei sprachen darauf an.
    »Er hat gezeigt, wohin wir gehen müssen«, fuhr ich fort. »Ihr kennt mich. Ich bin das Mädchen, dem in der Dunkelheit wehgetan wurde und das aß, was ihm gegeben wurde. Sagt mir, wie ich bin, und wir gelangen zu dem, was ich bin.«
    Ich gab ihnen ihre Spitznamen. Spanischer Tänzer, Abtrockner, Täufer, Ente. Ich sagte ihre Namen, wies mit dem Finger und lächelte sogar – man wusste es niemals, man wusste es nicht, was sie wahrnahmen oder nicht wahrnahmen. Ihre Batterie-Tiere hüpften herum, während wir arbeiteten. All diese Ariekei konnten lügen, ein bisschen zumindest. Sie waren Anhänger des größten Lügners in ihrer Geschichte. Ich half ihnen, Dinge auszulassen, und flüsterte Satzteile mit vorsätzlich falschen Beschreibungen.
    Bevor die Menschen kamen . Ich ließ YlSibs Behauptung wiederholen. Die Ariekei versagten: Die Lüge blockierte auf verborgene Weise ihren Geist. »Welche Farbe?«, fragte ich und hielt Fetzen oder Plastikteile hoch. Sie ließen ihre Augen aufknospen und schließen.
    Nach Stunden verloren sie ihre Konzentrationsfähigkeit. Ente zitterte, Abtrockner summte und gab pfeifende Laute von sich. Ich verstand. Wir hatten keine Datchips. Die Ariekei mussten auf die Straße gehen und bei den Lautsprechern warten. Innen im Raum konnten wir die Übertragung nicht hören, doch wir spürten, wie das Haus zitterte. Yl, Sib und ich schauten uns gegenseitig an. Ich glaube, wir alle stellten uns vor, wie unsere Schüler in Panik zum nächsten Stimmenpunkt rannten, vielleicht die Geistlosen abwehrten und sich vielleicht in ihrer Not gegenseitig schlugen, während EzCal

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