Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville

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wollen lügen. Das bedeutet, anders von der Welt zu denken. Nicht referieren – sondern signifizieren. Ich dachte, das wäre unmöglich. Doch schau.« Ich zeigte auf das Wesen, das mich töten wollte. »Das ist es, was sie getan haben. Jedes Mal, wenn sie auf etwas zeigen, signifizieren sie. Bisher ist der Preis dafür erheblich zu hoch. Doch jetzt wissen wir, dass Ariekei es tun können. Und dieser Gruppe das beizubringen, ohne ihnen die Flügel wegzunehmen, bedeutet, ihnen das Lügen beizubringen. Mit Similes beginnen … Überschreitungen. Denn wir können auf alles Beliebige referieren. Trotzdem ist in Sprache alles wortwörtlich. Alles ist, was es ist, aber trotzdem: Ich kann wie der Tod und das Leben und die Sterne sein, wie ein Tisch und ein Fisch und sonst was. Surl Tesh-echer wusste, dies bedeutete, Sprache zu dehnen, bis … bis sie aus sich selbst ausbricht. Um zu signifizieren.«
    Aus diesem Grund war er mit einer solch seltsamen Strategie dazu gekommen, durch uns zu lügen. Ich hatte Sciles Bücher nicht mitgebracht, doch ich hatte sie mir viele Male angesehen, aus ihnen gelernt und mit ihnen gestritten; und ich wusste, was ich tun musste.
    »Man musste mir wehtun und mich speisen, damit ich sprachfähig wurde, weil es wahr sein musste«, fuhr ich fort. »Doch was sie mit mir sagen … Das ist wahr, weil sie es machen . Similes sind ein Ausweg. Ein Weg von der Referenz zum Signifizieren. Aber eben nur ein Weg. Wir können sie jedoch dazu drängen, diese Strecke zu gehen, den ganzen Weg und sogar den letzten Schritt.« Ich hielt inne. »Da ist noch etwas anderes. Wenn Similes ihre Arbeit gut genug machen, verwandeln sie sich in etwas anderes. Wir drücken die Wahrheit am besten aus, indem wir zu Lügen werden.«
    Keine Paradoxa , wollte ich sagen; dies waren keine Paradoxa, es war kein Unsinn. »Ich will nicht mehr länger ein Simile sein«, verkündete ich zu guter Letzt. »Ich will eine Metapher sein.«

Achter Teil

DIE VERHANDLUNG

25
    Wir hörten seltsame Geräusche und sahen, wie sich Fahrzeuge erhoben und aus Botschafts- und Gastgeberstadt hinausflogen. Die meisten waren Rabenvögel, eine Kreuzung aus Bio-Fabrikation und blutloser Technik. Unter ihnen befanden sich stachelige, kirchengroße Kolosse, die älter als Botschaftsstadt waren.
    »Ich kann nicht glauben, dass sie diese Dinger hochbekommen haben«, sagte ich.
    »Sie sind nicht so grimmig, wie sie aussehen«, erklärte Bren. »Ehemals waren sie Erkundungs- und Vermessungsschiffe. Das ist alles Theater. Selbst mit dem – sprich es leise – Bremer Waffenlager haben wir keine Hoffnung.«
    Einst war Bren mit seinem Doppel an heimlichen Absprachen beteiligt gewesen. Sie hatten Einsatznachbesprechungen mit Spionen sowie Doppel- und Dreifachagenten geführt. »Wyatt war raffiniert«, berichtete er. »Er hat über das Arsenal, auf das er Zugriff hatte, genau so viel angedeutet oder verschwiegen, wie nötig war, um es unheimlich erscheinen zu lassen. Doch es war nichts.«
    Die Flotte rumpelte davon zu ihren dem Untergang geweihten Einsätzen. Als ich meinen Äoli in dem versiegelten luftatmenden Raum abnahm und sah, wie die Ariekei auf mich warteten, fühlte ich mich plötzlich erschöpft. Ich musste meine Augen schließen.
    Unser eigener Flug aus der Gastgeberstadt erwies sich als kompliziert: Wir waren in der Lage, unseren gefangenen Absurden zwischen vier Terre und den Ariekei zu schieben und zu ziehen, doch es war nicht einfach. Er hatte Berserker-Kräfte. Wir mussten ihm oft elektrische Ladungen verabreichen und ihn weiterzerren, während er unter der Bestrafung litt.
    »Wir sollten ihn zurücklassen«, meinte Yl.
    »Können wir nicht«, entgegnete Bren. Von uns allen bemühte er sich am eifrigsten, mit dem Gefangenen zu kommunizieren, wann immer wir anhielten. Er kam auf keinen grünen Zweig. Der Absurde sah ihn kaum an und richtete seine erzürnte Aufmerksamkeit auf die süchtigen Ariekei.
    »Sie ziehen in die Schlacht«, sagte Bren und wies zum Himmel. »Es ist zwar sinnlos, doch ich zolle ihnen dafür ein wenig Respekt. EzCal werden kämpfen.«
    Jeder Versuch zu verhandeln war bisher gescheitert, und die Absurden rückten näher. Terre-Flüchtlinge aus landwirtschaftlichen Außenposten zogen nach Botschaftsstadt. Für viele von ihnen war die Reise zu strapaziös. Ihre Leichen blieben zurück und zersetzten sich von Innen heraus in Anzügen und Bio-Fabrikaten, verwandelten sich in Mulch, der diesen Erdboden nicht düngen würde.
    »EzCal