Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
Vom Netzwerk:
Siebenunddreißig-Stunden-Tagen oder, als Folge eines verrückten Heimwehgefühls, auf den angenommenen Tagen und Jahreszeiten von Terre beruhten.
    Wie die Gastgeber hatten die Kedis von Botschaftsstadt keine Götter: Nach ihrem erklärten Glauben waren die Seelen ihrer Vorfahren und ihrer Ungeborenen vereint in einem niemals endenden eifersüchtigen Krieg gegen sie, die Lebenden; doch im Alltag zeigten sie meist eine weniger trostlose und umkämpfte Zukunftsperspektive, als diese Theologie vermuten ließ. Es gab religiöse Shur’asi, die aber nur eine Minderheit darstellten. Die meisten waren Atheisten, wahrscheinlich weil sie nicht starben, ausgenommen durch Unfälle.
    Es stand den Botschaftsstädtern frei, nicht zu glauben. Ich war es nicht gewohnt, über Böses nachzudenken.
    Bienenkorbs Name war surl  |  tesh-echer , wie wir durch seine Gespräche mit anderen Gastgebern herausbekamen. Ich teilte dies CalVin mit, wobei ich den Namen mit meiner Monostimme radebrechte und den Schnitt und die Drehung hintereinandersprach. »Kannst du herausfinden, wann er auf einem anderen Fest der Lügen am Wettstreit teilnimmt?«, fragte ich. »Er ist ein treuer Fan von mir, und ich würde mich gerne … revanchieren.«
    »Du willst …« »… zu einem weiteren Fest gehen?«
    »Ja. Ich und ein paar andere von den Similes.«
    Es war aus einer Laune heraus geschehen – bloße Neugier auf meinen Betrachter. Doch nachdem mir der Einfall gekommen war, konnte ich mich nicht mehr von ihm trennen. Als ich ihn gegenüber Hasser und ein paar von den anderen zur Diskussion gestellt hatte, waren sie begeistert davon gewesen. »Glaubst du, wir könnten das machen? Denkst du, dass du uns wieder da hineinbringen könntest?« Es war schon eine ganze Weile her, dass man uns zu irgendeinem Sprache -Festival beordert hatte. Und obwohl ich als Einzige unter ihnen mehr von dem Lügen fasziniert war als von der eigenen Verwendung, würden die anderen »Krawattenleute« schwerlich Nein sagen, wenn sie Zutritt zu irgendeinem Fest erhielten.
    CalVin gingen diesem Anliegen nach, allerdings nicht mit größtem Wohlwollen. Ich fragte mich zu jener Zeit, warum sie mir überhaupt nachgaben. Stets verhielt sich der eine oder andere missmutig mir gegenüber. Die Unterschiede in ihrem Benehmen waren winzig, doch ich war an Botschafter gewöhnt und konnte spüren, wenn sich etwas an ihnen veränderte. Ich dachte, dass sie sich gegenseitig abwechselten, kühler und wärmer zu sein – quasi die Variante einer traditionellen Polizeimethode.
    Die Diskussionen zwischen den Gastgebern in der Krawatte erhellten Unstimmigkeiten. Es gab bei ihnen Lager, die sich durch verschiedene Theorien und eine undurchsichtige Politik bildeten. Einige schienen uns als ein besonderes Schauspiel zu lieben – dieses Wort sollte ich natürlich nicht benutzen. Andere bewerteten unsere verschiedenen Verdienste: Wir nannten sie die Kritiker. Der Mann, der mit den Fischen schwimmt, ist einfach , erklärte einer. Das Mädchen, das aß, was ihm gegeben wurde, ist wie mehrere Dinge. Valdik lachte, war jedoch nicht glücklich zu hören, dass die Trope von ihm banal war. Bienenkorb, den ich »Surl Tesh-echer« zu nennen begonnen hatte – ein Fehler, der seinem Namen näherstand –, war der Guru einer weiteren Gruppe. Der Meisterlügner.
    Er hatte regelmäßige Begleiter: Spanischer Tänzer, jemanden, den wir Spindel nannten, und einen, der bei uns Long John hieß – erhatte einen bio-fabrizierten Ersatzhuf. Soweit irgendeiner von uns es verstand, war es schwierig, dem, was sie sagten, in Englisch-Ubiq nahezukommen: Man denke an Leute, die ein Ausstellungsstück in einer Galerie umkreisen, darauf starren und von Zeit zu Zeit ein einzelnes Wort oder einen kurzen Ausdruck äußern, wie »unvollständig«, »potenziell« oder »Tatsachenkomplikationen und Unsicherheiten des Ausdrucks«, gelegentlich gefolgt von längeren unverständlichen Ausführungen.
    »›Die Vögel kreisen wie das Mädchen, das aß, was vor ihr hingestellt wurde‹«, übersetzte Hasser. »›Die Vögel sind wie das Mädchen, das aß, was vor ihr hingestellt wurde, und wie der Mann, der mit Fischen schwimmt, und wie der gespaltene Stein …‹«
    Die anderen Ariekei, die nicht der Partei von surl  |  tesh-echer angehörten, antworteten laut auf diese durcheinandergewürfelten Behauptungen. Sie reagierten auf die Anwesenheit von surl  |  tesh-echer und seinen Kameraden mit Aufregung oder Erschütterung. Umgekehrt

Weitere Kostenlose Bücher