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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Kommentator sagte: »Wir sind uns nicht sicher, was … wir … Wir sehen etwas in der Gastgeberstadt … Ah … Eine Bewegung von …«
    Die Gestalten in der Cam-Aufnahme waren Ariekei. Sie bewegten sich. Auf meinem Bildschirm und durch mein Fenster erblickte ich Rabenvögel, die hektisch durch die Luft in mehrere Richtungen flogen. Ich hörte Dinge. Ich lehnte mich bereits aus meinem Haus heraus und sah ihre Quelle. Die Gastgeber kamen aus ihrer Stadt in die unsere.
    Ich rannte zur Zwischenzone von Botschafts- und Gastgeberstadt. Lichter gingen an, als die Leute durch den Lärm aufwachten. Obwohl sich mehr und mehr blinzelnde Bürger zu mir gesellten, hatte ich nicht das Gefühl, Teil von etwas zu sein. Die Lichtkugeln über mir flüsterten, wenn Motten sie berührten. Ich ging unter Bögen einher, die ich mein ganzes Leben gekannt hatte, und als ich die ausdünnende Luft schmeckte, wurde mir klar, dass ich nur ein oder zwei Straßen von der Stadtgrenze entfernt war. Ich war in der Beckon Street, die rasch bergab aus unserer Enklave hinausführte.
    Es war ein alter Teil von Botschaftsstadt. Es gab Greife aus Stuck an den Ecken der Dachvorsprünge. Nicht weit davon war unsere Architektur überwunden, und das Efeu, das an ihr zerrte, wurde überdeckt von Wedeln aus Fleischmaterie und ariekenischer Arbeit. Bio-Fabrikate durchdrangen Plastone und Ziegelstein in einem Rinnsal von Haut.
    Die Gastgeber füllten die Straße aus und rempelten sich mit seltsamen Bewegungen gegenseitig an. Ein einzelner Gastgeber besaß Anmut, doch in großen Gruppen waren sie eine Herde in einer langsamen Massenpanik. Niemals hatte ich so viele gesehen. Ich konnte das Gleiten ihrer Panzerung hören, das anhaltende Pochen von Tausenden ihrer Füße. Zellen tippelten dahin.
    Als sie in den menschlichen Bereich kamen, machten die Straßenlampen und Farben unserer Anzeigen sie psychedelisch. Zerzauste Frauen und Männer in Nachtkleidungen säumten die Fußgängerwege; so betraten die Ariekei Botschaftsstadt mit unszu beiden Seiten, als ob wir sie begrüßen würden: als ob dies eine Parade wäre. Kameras – kleine Wichtigtuer – huschten über den Häuptern.
    Es gab Gastgeber in all ihren vernunftbegabten Empfindungsstadien, von den frisch zu Bewusstsein Gelangten bis zu jenen, die bald in die Geistlosigkeit gleiten würden. Hunderte von Fächerflügeln flatterten, und ich wollte oben sein, um auf all das hinabzublicken: auf eine Camouflage von schaudernden Farben. Sie gingen an mir vorbei, und ich folgte ihnen.
    Viele der zuschauenden Terre konnten Sprache verstehen, doch natürlich konnte keiner von uns sie sprechen. Einige konnten sich nicht zurückhalten, in Englisch-Ubiq zu fragen: »Was machen Sie?« »Wohin gehen Sie?«
    Wir folgten den Ariekei nach Norden und stiegen den Hang hoch, der zur Botschaft führte – auf Straßen und ihren Rändern, über Fingerhirse und unseren verstreuten Abfall. Polizisten trafen ein. Sie wedelten mit den Armen, als wollten sie uns zum Weitergehen bewegen, als wollten sie unsere alternden Mauern beschützen. Sie sagten Dinge, die überhaupt keine Bedeutung hatten: »Jetzt geht schon!« Oder: »Rückt dort weg!«
    Menschliche Kinder kamen, um zu gaffen. Ich sah, wie sie Botschafter spielten: Sie machten im Duett sinnlose Töne und nickten weise, als ob die Ariekei antworten würden. Die Gastgeber führten uns eine gewundene Strecke entlang, sich ansammelnde Schaulustige, Katzen und Alt-Füchse flüchteten vor den Fremdlingen. Wir kamen an den Ruinen vorbei.
    Mehrere Botschafter – ich sah RanDolph, MagDa und EdGar – tauchten aus der Dunkelheit auf; Polizisten und Angehörige des Personals umringten sie. Sie riefen Grüße, doch die Gastgeber hielten nicht an und nahmen sie nicht zur Kenntnis.
    Die Botschafter sagten laut: » ursh  |  hesser !« Halten Sie an. Warten Sie. Halten Sie an.
    Freunde , schrien sie, sagen Sie uns, was wir tun können! Warum sind Sie hier? Sie wurden ignoriert und wichen vor der Spitze der ariekenischen Menge zurück. Jemand hatte das Licht einer Kircheeingeschaltet, als ob Ututag wäre, und der Strahl rotierte am Himmel. Die Gastgeber begannen zu sprechen und zu rufen, jeder mit seinen zwei Stimmen. Zuerst war es eine Kakophonie, eine Mischung aus Rede und Tönen, die meines Erachtens keine Sprache waren. Daraus entstand schließlich ein Skandieren. Mehrere Wörter kannte ich nicht, eines aber schon.
    » ez  |  ra … ez  |  ra … ez  |  ra …«
    Die Ariekei

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