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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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hören, sodass die Wände ihre Dröhnung bekommen konnten.
    EzRa sprachen. Sie sagten etwas in Sprache . Ihre verstärkte Stimme klang durch alle Seitenwege. Überall in der Gastgeberstadt taumelten Ariekei und hielten an. Ihre Gebäude taumelten mit ihnen.
    Es ekelte mich an. Mein Mund zuckte. Alles außerhalb von Botschaftsstadt zitterte vor Erleichterung. Es bewegte sich durch Rohrleitungen, Drähte und Spannseile, in jeder Ecke des Stromnetzes und in den Kraftwerken, die plötzlich in falscher Glückseligkeit stampften. Der Entzug würde innerhalb von Stunden wieder beginnen. An den Rändern unserer Zone konnten wir es im Pflaster spüren: ein Schütteln, als Häuser sich bewegten. Wir konnten ihre Biorhythmen durch unsere Fenster nachverfolgen, konnten ermessen, wie dringend die Rededroge benötigt wurde.
    In der Vergangenheit hatten wir alle paar Monate zur Ernte- oder Entwöhnungszeit äolierte Botschafter und Mannschaften für Tauschgeschäfte nach draußen geschickt, dorthin, wo die ariekenischen Hirten der Bio-Fabrik-Herden unterschiedliche ’wares erklärten, wo sie diese halb geplanten und halb geborenen, dem Zufall unterliegenden Maschinen erläuterten und verdeutlichten, was jede von ihnen machte und wie sie es tat. Nun vernachlässigten die Ariekei ihre Ländereien im Umland. Bio-Fabrikate gelangten immer noch in die Stadt, und an den Zuckungen der riesigen Hälse, die sich kilometerweit bis zu den Lebensmittelanlagen erstreckten, konnten wir erkennen, dass auch Nahrung immer noch hereinkam. Und dass die Sucht, mit umgekehrter Peristaltik, nach draußen weitergegeben wurde.
    »Diese Welt liegt im Sterben«, erklärte ich. »Wie können sie zulassen, dass es auf diese Weise fortgeht?«
    Wir sahen keine Versuche der Selbstbehandlung, keine Kämpfe. Keine ariekenischen Helden. In den Stunden, nachdem sie einen »Zug« von EzRas Stimme genommen hatten, konnten sich Botschafter mit ihnen unterhalten. Dann schienen sie, aus menschlicher Sicht, wieder bei klarem Verstand zu sein, wenn auch gerade genug, um kurze Pläne für wenige Stunden im Voraus zu machen.
    »Was, glaubst du, sollten sie tun?« MagDa war eine der wenigen Botschafter, die daran arbeiteten, einen Wandel einzuleiten.
    Ich hatte mich ihnen angeschlossen, und inzwischen waren wir zu dem vertrauten Du übergegangen. Ich versuchte, ein Teil dieser neuen Mannschaft zu sein. Ich kannte MagDa sowie Simmon und Wissenschaftlerinnen wie Southel. Meistens jedoch handelte es sich um Leute, die neu für mich waren.
    »Der Zustand lässt sich nicht stabilisieren«, fuhren MagDa fort. »Das ist Zufall. Ein kosmischer Pfusch.« MagDa hatten sich nicht angeglichen. Bei einer sah ich verletzte Venen unterhalb der Augen und bei der anderen neue Falten neben dem Mund. »Das ist bloß eine Störung zwischen zwei Evolutionen«, behaupteten sie. »Wie sollten sie das anpassen?« »Das bedeutet gar nichts.« »Sie hören sich selbst zu Tode, bevor sie versuchen werden, etwas zu ändern.«
    Die Gastgeber waren stets unbegreiflich gewesen. In diesem Sinne hatte sich nichts verändert.
    Die oberen Stockwerke der Botschaft befanden sich in einem Zustand des moralischen Verfalls. Ein wenig weiter unten sah ich, wie Mag und Da die Ariekei, die kamen, beschwatzten und sie zwangen, sich gerade lange genug zu konzentrieren, dass wir uns eines sicher sein konnten: Sie hatten unsere Anfragen nach Materialien und Know-how verstanden. Und was boten MagDa als Gegenleistung an?
    Er soll etwas über Farbe sagen , glaubte ich einen Gastgeber sprechen zu hören.
    Das wird er , versprachen MagDa. Vor dem morgigen Tag werden Sie uns die Werkzeug-Tiere bringen, und wir werden sicherstellen, dass er jede Farbe der Wände beschreibt .
    »Wir werden weiterhin die Farben für sie durchgehen«, erklärte mir Mag.
    »Das lieben sie«, ergänzte Da. »Doch am Ende …« »… wird das Thema seine Würze bald verlieren.«
    Nach diesem Gedankenaustausch ergaben EzRas kleine Reden für die Gastgeberstadt einen neuen Sinn für mich. Jemand übersetzte sie allgemein. Einige Äußerungen beugten sich der Logik. Andere waren willkürliche Sätze oder Aussagen, die eine Vorliebe oder eine Bedingung ausdrückten. Ich bemale Wände : Subjekt-Prädikat-Objekt wie bei der Kindergrammatik. Was ich zuvor für thematische Launen gehalten hatte, konnten – wie mir jetzt klar wurde – Geschenke für bestimmte ariekenische Zuhörer sein: Gegenleistungen für diese oder jene Gefälligkeit. Wirtschaft und

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