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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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in voller Absicht. Wir warteten am Sunset Boulevard auf unsere Autos, die vom Parkplatz hinter dem Plaza geholt wurden. Alan hatte seine Sonnenbrille aufgesetzt und kramte in seiner Börse nach einem angemessenen Trinkgeld. Einen Moment lang war niemand in unserer unmittelbaren Nähe. Ich stand ein Stückchen hinter ihm, ein wenig versetzt, und beobachtete ihn. In diesem Augenblick sprach ich es aus.
    »Wie hast du es angestellt, Clay? Wie bist du aus dem Computer in ihn hineingekommen?«
    Er wirbelte herum, als hätte ich ihm einen Schlag versetzt. Hinter der Sonnenbrille konnte ich seine Augen nicht sehen; er sah aber meine. Und er wusste, dass ich Bescheid wusste. Ganz langsam entspannte sich sein Körper wieder. Sein verärgert zusammengekniffener Mund lockerte sich zu einem Lächeln. Er lachte sogar. Es war das freundliche, befreiende Lachen, das Clay immer dann an den Tag legte, wenn er besonders gefährlich war.
    »He, Schmierfink, ganz schön pfiffig«, sagte er, »aber was willst du dagegen tun? Ihm den Kopf mit dem Vorschlaghammer zertrümmern wie deinen Computer?«
    Mir fiel keine Antwort ein. Ehe ich noch darüber nachdenken konnte, wurde sein Wagen vorgefahren. Er zahlte und stieg ein. Obwohl inzwischen auch mein Auto bereitstand und jemand mir die Tür aufhielt, stand ich da und sah ihn an. Er winkte unverbindlich und schenkte mir ein breites, selbstzufriedenes und spöttisches Grinsen.
    Zwar handelte es sich um Alan Kemps Auto, doch es war Clay Granger, der damit davonfuhr.
     
     
    Es war leicht, seine Absichten zu durchkreuzen. Um ihn wieder in die Serie aufzunehmen, bedurfte es eines einstimmigen Votums von Claire, mir und Podomsky. Die Art, wie ich dazu gebracht worden war, die endgültige Entscheidung zu treffen – übrigens auch von Claire –, bedeutete, dass man mir die Schuld geben würden, wenn die Serie ohne ihn floppte. Doch das bereitete mir kein Kopfzerbrechen. Im Gegenteil: Meine Überzeugung wuchs, dass Clays schlechter Einfluss die Serie in den Ruin treiben würde, und erwärmte mich mehr und mehr für meinen Ex-Astronauten. Meiner Ansicht nach verfügte er über eine Tiefe und Authentizität, die Clay abging. Clay war eine Erfindung, eine zusammengestoppelte Ansammlung von Charakterzügen und Wesensmerkmalen. Er war nicht rund. Im Herzen seines Wesens befand sich ein Loch. Er war ein dramatischer Notbehelf, nichts weiter, ein zweidimensionaler Bösewicht, der seine Gemeinheiten nur ausleben durfte, weil wir die Serie Woche für Woche weiterführen wollten. Sonst nichts.
    Sowohl Claire als auch Podomsky akzeptierten meine Beweggründe ohne Diskussion. Zu meiner größten Erleichterung reagierte Alan Kemp weder mit Gewaltausbrüchen noch mit Hysterie, als ihm unsere Entscheidung mitgeteilt wurde. Vielleicht verstand er – oder der Teil von ihm, der Clay war –, dass ihm nichts anderes übrig blieb. Ob diese »Besessenheit«, dieser »Zauber«, dieses »Wesen«, das irgendwie aus meinem Computer entkommen war und sich im Gehirn eines Menschen eingenistet hatte, ob dieses Ding jetzt vielleicht wie eine Erinnerung verblassen und seine Einflussnahme und Kontrollmöglichkeit verlieren würde?
    Ich konnte nur Vermutungen anstellen, aber ich vermutete, dass es so war. Tief im Inneren spürte ich, dass das Leben – wie soll ich es ausdrücken? – eine ziemlich mittelmäßige Angelegenheit war. Das bedeutet durchaus nicht, dass mir die Wunder der Natur und die Errungenschaften der Wissenschaft egal sind: In meinem Geschäft ist der Ausdruck »Quantenunsicherheit« zur üblichen Erklärung für alle möglichen Theatermätzchen geworden, angefangen bei der Zeitreise bis hin zu fliegenden Schweinen. Aber wie häufig begegnet man fliegenden Schweinen außerhalb von Romanen oder Filmen? Verstehen Sie, was ich meine? Ich wusste genau, dass das, was mir widerfahren war, tatsächlich stattgefunden hatte, aber ich wusste auch, dass es eine Abweichung von der Normalität darstellte. In tiefster Seele spürte ich, dass ich es überstanden hatte.
    Und wieder einmal sollte sich zeigen, wie naiv und einfältig ich war.
     
     
    Zwei Wochen später hielt ich mich in San Francisco auf, um ein Seminar über Schriftstellerei für das Fernsehen zu halten. Ich hielt solche Vorlesungen ungefähr sechsmal im Jahr im ganzen Land, teilweise, weil ich auf eine fast abergläubische Weise überzeugt war, dass ich durch diese Tätigkeit mit dem Publikum in Kontakt blieb. Natürlich war das Unsinn; das Publikum würde

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