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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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ebenso wenig ein Seminar über Schriftstellerei besuchen, wie es sich dem Korbflechten widmete. Meine Kollegen und ich verbrachten drei Tage damit, die Fragen der üblichen Gruppe motivierter Kids und mittelalterlicher Möchtegernschriftsteller zu beantworten, die liebend gern unseren Job übernommen hätten und unsere Ratschläge erwarteten, wie sie es anstellen sollten. Trotzdem gaben wir ihnen immer eine möglichst konstruktive Hilfestellung (»Gib auf keinen Fall deinen Job auf, ehe du nicht ein zweites Gehalt bekommst!«) und fühlten uns auf dem Heimweg wie großherzige Berühmtheiten.
    Nach der letzten Vorlesung beschloss ich, nicht noch über Nacht zu bleiben, sondern flog sofort nach L.A. zurück. Ich holte mein Auto vom Parkplatz und war gegen Mitternacht zu Hause. Vom Wagen aus hatte ich versucht, Claire anzurufen, aber schon zum zweiten Mal in diesem Monat funktionierte mein Handy nicht. Damals wohnten Claire und ich in der Nähe von Coldwater, ziemlich genau unterhalb von Mulholland, und hatten eine tolle Aussicht auf Beverly Hills. Das Haus steht auf dem höchsten Punkt des Grundstücks. Terrassen und ein offener Wohnbereich machten das Beste aus der herrlichen Aussicht. Eine Treppe führt zur Garage, die deutlich tiefer liegt und durch einen Felsvorsprung und dichtes Blattwerk den Blicken verborgen bleibt. Ich benutzte die Fernbedienung, um die Tore zu öffnen, und bog in die Auffahrt ein. Im Scheinwerferlicht erkannte ich einen auf dem Garagenvorplatz geparkten Wagen. Ich wusste sofort, wem er gehörte. Es war das Auto von Alan Kemp.
    In mir klangen die Alarmglocken. Claire wusste nichts von seiner veränderten Persönlichkeit. Ich machte mir Vorwürfe, weil ich mich außer Stande gesehen hatte, sie zu warnen. Claire hatte keine Ahnung, dass Alan Kemp nur noch eine Maske von Clay Granger war, und dass Clay Granger darauf gedrillt war, vor keinem Mittel zurückzuschrecken, wenn er ein Ziel verfolgte.
    Ich habe mich nie als körperlichen Feigling betrachtet, aber in diesem Augenblick wünschte ich, ich hätte meine Hand um eine Pistole legen können. Alan Kemp war ein gut gebauter Mann und betrieb Bodybuilding wie fast alle Schauspieler; ich hätte es nicht unbedingt im Nahkampf mit ihm aufnehmen wollen. Unglücklicherweise war die einzige Waffe im Haus eine 38er, die ich in meiner Nachttischschublade aufbewahrte. Also schnappte ich mir einen Wagenheber und huschte schnell und leise die Stufen zum Haus hinauf. Wenigstens, so sagte ich mir, hatte ich den Überraschungsvorteil.
    Wie sich herausstellte, war ich derjenige, der überrascht wurde. Ich weiß nicht, wie lang ich mich im Schatten verbarg und den beiden nackten Körpern zusah, die sich auf einer Terrassenliege vergnügten. Wahrscheinlich nicht länger als eine Minute. Ich bewegte mich nicht und ich atmete nicht. Ich gab keinen Laut von mir. Ich wusste weder, was ich tun noch wo ich hingehen sollte. Ich stieg einfach wieder in mein Auto und fuhr so unbemerkt in die Nacht hinaus, wie ich gekommen war.
     
     
    Ich nahm es Claire nicht übel. Hätte es sich um irgendeinen anderen Mann gehandelt, wäre ich gekränkt gewesen. Aber hier ging es nicht um banalen Betrug, und es gab keinen Anlass für Tränen und Anschuldigungen. Normale Gefühle spielten in diesem Fall keine Rolle – weder bei ihm noch bei ihr noch in mir. Hier war – mir fehlt ein besseres Wort – eine Art Zauber im Spiel, ein Zauber, der gebrochen werden musste.
    Als Alan Kemps Wagen die Auffahrt zu seinem Haus hinauffuhr, schaute ich auf die Uhr und stellte fest, dass ich glatte drei Stunden im Gebüsch gekauert hatte. Aber Zeit war unwirklich geworden – wie so vieles, was mir selbstverständlich erschien.
    Ich verlagerte mein Gewicht schmerzhaft von einer Pobacke auf die andere und bereitete mich darauf vor, mich aufzurichten. Ich griff nach dem Wagenheber, den ich mitgebracht hatte. Ich wollte nicht damit zuschlagen, aber das Gefühl des unter meinem Pullover verborgenen Stahls tröstete mich.
    Er stieg aus und ging zu seiner Haustür. Das Geräusch seiner Schritte würde abgelöst vom elektronischen Piepsen des Alarmsystems bei der Eingabe des Deaktivierungscodes. Ich fürchtete, er könne meine nach der langen Wartezeit steifen Gelenke knacken hören, als ich ihm folgte. Doch das war nicht der Fall.
    »Hallo Clay«, sagte ich sanft. Er bemühte sich, mich nicht spüren zu lassen, dass ich ihn erschreckt hatte, aber ich sah das Zucken seiner Schultern, das er sofort

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