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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Familie nachzudenken.«
    »Ach, sie ist Anwältin?« Tom hoffte, dass er eher beeindruckt als begeistert klang.
    »Nein, Anwaltsgehilfin. Assistentin des Kanzleichefs. Der Job ist ganz schön aufreibend. Sie trägt ziemlich viel Verantwortung.«
    Eine Tür klappte.
    »Das muss mein Mann sein. Er sagte, er käme heute früh nach Hause. Don«, rief sie in den Flur, »wir sind hier.«
    Der vierschrötige, kahl werdende Mann, den Tom bereits von den Fotos kannte, trat ein. Er sah aus, als hätte er in seiner Jugend geboxt oder Football gespielt, und war noch immer kein Typ, mit dem man sich gern anlegte. Er sah Tom mit unverhohlenem Misstrauen an.
    »Das ist Mr Shaughnessy«, stellt Rosalie ihn vor. »Jetzt ist es passiert. Ich meine, der Unfall, auf den ich seit dreißig Jahren warte. Ich habe den armen Mr Shaughnessy an der Ausfahrt unseres Grundstücks über den Haufen gefahren.«
    »Genau genommen bin ich in den Wagen Ihrer Frau gekracht«, sagte Tom. »Es war allein meine Schuld. Hier sehen Sie, was ich für die Versicherung geschrieben habe.« Er reichte Don den ausgefüllten Vordruck. »Das Auto ist gemietet. Hier ist die Versicherungserklärung und hier mein Führerschein.«
    Don Higgins nahm die Dokumente und setzte sich, um sie einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Dabei beäugte er Tom mit unvermindertem Argwohn.
    »Das hört sich ja ganz nach einem interessanten Beruf an«, fuhr Tom an Mrs Higgins gewandt fort. »Internationales Recht. Kommt sie oft zu Besuch?«
    »Wann immer sie Zeit hat. Sie wohnt zwar in Los Angeles, aber sie ist so oft auf Reisen, dass fast immer der Anrufbeantworter anspringt, wenn wir anrufen.«
    »Ist Ihr Mann Rechtsanwalt?«, fragte Tom und sah hinüber zu Mr Higgins, der in die Papiere vertieft dasaß und ihrer Unterhaltung offenbar keine Aufmerksamkeit schenkte.
    »Don ist Transportunternehmer«, antwortete sie. »Und Sie? Was machen Sie?«
    Auf diese Frage hatte sich Tom vorbereitet. »Ich arbeite für eine Restaurantkette«, erklärte er. »Meine Firma spielt mit dem Gedanken, hier in der Umgebung ein Steak-Haus zu eröffnen. Sieht aus, als ließe es sich hier gut leben.«
    »Wir mögen die Gegend.« Mrs Higgins nickte. »Die Nachbarn sind nett. Wir fühlen uns hier wohl.«
    Mr Higgins stand auf und nahm die Brille ab, die er zum Lesen auf seine breite Nase gesetzt hatte. »Scheint alles in Ordnung zu sein«, sagte er. »Mehr brauchen wir wohl nicht zu tun.« Er reichte Tom den Führerschein. Tom steckte ihn in die Brieftasche.
    »Ich kann nur noch einmal betonen, dass es mir aufrichtig Leid tut«, erklärte er. »Ich habe einfach nicht aufgepasst.«
    »Es ist ja nichts Schlimmes passiert«, sagte Mrs Higgins. »Möchten Sie nicht noch eine Tasse Kaffee?«
    »Nein danke. Ich habe Sie schon viel zu lang aufgehalten«, antwortete Tom. »Es war sehr nett, Sie kennen zu lernen – wenn auch unter etwas unglücklichen Umständen.«
    »Ich bringe Sie hinaus«, sagte Mr Higgins und ging zur Tür. Tom schüttelte Amandas Mutter die Hand und folgte ihm.
    Sie gingen den Flur entlang, bis Mr Higgins plötzlich in einen kurzen Korridor abbog. »Dieser Weg hier ist kürzer«, sagte er und öffnete die Tür zu einer düsteren, leeren Doppelgarage. Kaum war Tom eingetreten, ließ er die Tür ins Schloss fallen und verriegelte sie.
    Tom wollte sich umdrehen, aber Higgins hielt ihn fest, zerrte ihn herum und knallte ihn so heftig gegen die Wand, dass ihm die Luft wegblieb. Tom spürte harte, unnachgiebige Finger an seiner Kehle, die gerade so fest zudrückten, dass er wusste, wie weh ihm der andere tun konnte, falls er es darauf anlegte.
    »Was zum Teufel soll das? Was willst du hier?«
    Higgins Oberlippe spannte sich straff über seine Zähne. Seine Augen waren dunkel vor Wut, und er keuchte vor unterdrücktem Ärger.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich bin doch nur …«
    Er würgte, als ein scharfer Schmerz durch seine Kehle fuhr und den Schrei erstickte, der heranzukommen versuchte.
    »Hör mit dem Mist auf. Ich weiß, wer du bist, Scheißkerl. Was hast du meiner Frau gesagt?«
    »Nichts«, stammelte Tom. Er konnte kaum sprechen. »Nur das, was Sie gehört haben.«
    Die Finger lockerten sich nicht. Augen, schmal vor Wut, starrten Tom an. Schließlich löste Higgins den Griff und trat einen Schritt zurück. Die Drohung in den Augen blieb.
    »Ich kann dich zu Kleinholz machen, und ich werde es tun«, fauchte Higgins. »Leg dich bloß mit mir an.«
    Tom war durchaus kein Schwächling.

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