Stadt der Lügen
hat einen meiner Filme gesehen.«
»Er muss einige dieser Filme gesehen haben, um mich zu erkennen.«
»Na ja, vielleicht ist er ein Fan. Haut dich das um? Immerhin verdienst du daran.«
»Und deine Mutter glaubt immer noch, die kleine Mandy arbeitet bei einem Anwalt?«
Über ihr Gesicht glitt ein merkwürdiger Ausdruck; eine Art ironisches, unfrohes Lächeln.
»Meine Mutter weiß, was ich arbeite.«
»Den Eindruck hatte ich durchaus nicht.«
Ihr Lächeln verstärkte sich noch.
»Dann war dein Eindruck eben falsch.«
»Immerhin sah es für mich so aus, als wolle dein Vater sie davor schützen, es herauszufinden.«
Nun lachte sie laut heraus. Es klang hart und verächtlich.
»Es ist einfach zum Heulen«, sagte sie und wandte sich wieder von ihm ab. Er folgte ihr weiter.
»Woher weiß sie es? Von deinem Vater?«
»Eine Freundin hat ihr ein paar Filme gezeigt. Sie hat nette Freundinnen.« Inzwischen war sie ein wenig außer Atem gekommen. Das ständige Ausrutschen beim Gehen strengte an.
»Dann wissen sie es also beide, aber …«
»Sie sprechen nicht darüber«, beendete sie den Gedanken für ihn. »Okay? Ist jetzt alles klar? Und jetzt hör auf, mir nachzulaufen, denn sonst schreie ich so lange und laut, bis die Bullen mit dem Helikopter kommen.«
»Gehst du sie manchmal besuchen?«, bohrte er weiter, ohne auf ihre Drohung zu achten.
»Was glaubst du wohl? Kannst du dir etwa vorstellen, dass wir alle brav herumsitzen und Konversation betreiben? Nein danke.«
»Was haben sie dir angetan? War es dein Vater?«
»Lass die Fragerei, okay?«
Inzwischen hatte er sie überholt und tänzelte rückwärts vor ihr herum, wie ein TV-Kameramann, der einen Star vor die Linse bekommen hat.
»Es muss einen Grund geben, warum du das tust, was du tust«, sagte er. »Es muss einfach einen geben.«
Ihre Augen blitzten zornig auf. »Was soll das? Spielst du dich als Therapeut auf?« Sie betonte das Wort auf eine Art, dass es fast schmutzig klang.
»Irgendetwas ist mit dir passiert.«
»Gönn mir eine Pause.«
»Ich möchte wissen, was es war.«
»Scheiße.«
»Ich will es wissen, weil ich dich liebe und dich heiraten möchte.«
Bei diesen Worten blieb sie wie versteinert stehen. Sie starrte ihn an, als hätte er sie geschlagen. Ihr Gehirn brauchte geraume Zeit, um eine Antwort zu finden, und ihr Mund noch länger, um sie zu formulieren.
»Du bist wirklich verrückt«, sagte sie schließlich. Die Art, wie sie ihn anschaute und mit ihm sprach, erinnerte an eine Frau, die soeben festgestellt hat, dass ihr niedliches Schoßhündchen wild und gefährlich werden kann. »Lass mich in Frieden«, fügte sie mit einer Stimme hinzu, in der plötzlich Angst mitschwang.
Sie drehte sich um und stapfte weiter durch den Sand. Dieses Mal folgte er ihr nicht. Er blieb, wo er war, und beobachtete die in der Ferne kleiner werdende Gestalt. Es gab nichts mehr zu sagen. Überrascht registrierte er ein Gefühl von Leere in der Magengrube.
Als er zum Auto zurückkehrte, war sie nirgends zu sehen. Wahrscheinlich hatte sie ein Taxi oder den Bus genommen, oder sie war per Anhalter gefahren. Er fuhr in seine Wohnung zurück und versuchte, sie anzurufen. Der Anrufbeantworter meldete sich. Er hinterließ keine Nachricht. Stattdessen fuhr er zu ihrer Wohnung und klingelte. Sie meldete sich über die Gegensprechanlage, ließ ihn aber nicht hinein. Sie sagte, wenn er nicht verschwände, würde sie die Sicherheitsleute einer der Produktionsfirmen rufen, die sie kannte. Das wollte er nicht; also setzte er sich in sein Auto, fuhr durch die Gegend und bemühte sich, nachzudenken oder das Denken zu vermeiden – er war sich da nicht ganz sicher.
Mit ein paar Telefonaten ließ sich schnell herausfinden, ob und wo sie in dieser Woche arbeitete. Er wartete vor ihrer Wohnung in seinem Wagen, bis sie herauskam. Manchmal fuhr sie selbst, manchmal nahm sie ein Taxi. Dieses Mal wurde sie von einem Wagen der Produktionsfirma abgeholt.
Am nächsten Tag hatte er einen Drehtermin irgendwo im Valley. Es war nicht der Film, in dem sie arbeitete, sondern einer der mehreren Dutzend anderen, die gleichzeitig gedreht wurden. Er meldete sich krank und erklärte, er wäre mindestens eine Woche nicht einsatzbereit. Im Augenblick konnte er den Gedanken an Arbeit nicht ertragen.
Er wollte nichts anderes, als sie sehen und mit ihr reden. Er wusste, wenn er nur Gelegenheit dazu bekäme, könnte er früher oder später ihr Vertrauen gewinnen. Irgendwann würde
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