Stadt der Lügen
übrigens das gemeinsame Sorgerecht für mich, tatsächlich jedoch lebte ich bei meinem Vater.
Mit zehn drehte ich meinen ersten Kinofilm. Ich spielte einen Jungen, der von Aliens entführt wird, die alles über die menschliche Natur lernen müssen, weil sie die Erde besetzen wollen. Mit komödiantischer Spitzfindigkeit rettet der von mir gespielte Held den Planeten und jagt in achtundneunzig spannenden Minuten die Eindringlinge ins Weltall zurück. Zwei Sequels wurden gedreht, und bei jedem der beiden steigerte sich die Gage ganz erheblich. Zwischen dem zweiten und dem dritten Teil startete ich zu meiner ersten Konzert-Tournee. Dad und ich beschlossen in einem Gespräch, dass es an der Zeit war, mein Repertoire zu erweitern.
Im stillen Kämmerlein hatte ich längst einen Act ausgearbeitet. Ein hervorragender Choreograf und ein genialer Musiker standen mir dabei zur Seite. Viele der Songs waren eigens für mich geschrieben worden. An allen Konzertorten standen die Leute nächtelang Schlange, um Tickets zu ergattern.
Mit fünfzehn kam ich auf den Titel der Zeitschrift Time. Ich landete in diesem Jahr gleichzeitig den größten Kino-Kassenschlager, meine Konzerte vermeldeten absolute Besucherrekorde, und meine Platten brachen sämtliche Verkaufszahlen. Ich arbeitete hart, hatte aber immer noch Reserven. Ich sorgte dafür, dass es mühelos aussah und trotzdem unglaublich wirkte. Die Leute sagten, mein Talent sei ein Gottesgeschenk.
Darin lag mehr Wahrheit, als sie ahnten.
Die Schule gehörte für mich längst der Vergangenheit an. Mehrere Privatlehrer standen mir zur Verfügung, um die nötige, vom Staat vorgeschriebene Mindeststundenzahl zu gewährleisten, aber natürlich lief alles nach meinen Vorgaben. Ich lernte das, was ich lernen wollte; um den Rest kümmerte ich mich nicht. Vielleicht erlangte ich so nicht unbedingt eine umfassende Allgemeinbildung, aber mir fehlte es nie am nötigen Wissen. Ich fand immer jemanden, der mir alles über die Dinge erzählen konnte, die ich erfahren wollte. Mit Sportlern, Politikern und Wissenschaftlern stand ich auf bestem Fuß; innerhalb kürzester Zeit lernte ich alle kennen, die Rang und Namen hatten.
Mein erster ernsthafter Streit mit meinem Dad war einem Mädchen zu verdanken. Ich war sechzehn, und Sie können sich sicher vorstellen, dass ich in Bezug auf weibliche Aufmerksamkeit keinerlei Probleme hatte. Meinem Vater ging es ebenso. Das betreffende Mädchen war Sekretärin. Ich hatte sie im Büro eines der Studiobosse kennen gelernt.
Es ist schwer zu beschreiben, was ein Mädchen bemerkenswert macht. Ich werde sie hier nicht im Einzelnen beschreiben; vielleicht nur, dass sie ihr dunkles Haar lang trug, dass auf ihrem Gesicht ein scheuer Ausdruck lag, dass sie eine süße Figur hatte und nicht sehr groß war. Das passte ganz gut, denn ich selbst war auch nicht sehr groß. Ich besorgte mir ihre Telefonnummer und Adresse und schickte eine Limousine, um sie abzuholen. Zu dieser Zeit lebte ich bereits in einem eigenen Haus in Bel Air; mein Vater wohnte nach wie vor in Brentwood. Ich bezahlte vier Angestellte, die das Haus versorgten, und drei weitere, die sich um das Grundstück kümmerten, das ich zu einem eigenen Themenpark hatte ausbauen lassen. Es gab Wasserfälle, eine Geisterbahn, einen Zauberwald, eine wunderbare Höhle aus Tausendundeiner Nacht (die gleichzeitig als Eingang zu meinem eigenen Atomschutzbunker diente – dem größten und bestausgestatteten in ganz Hollywood), ein paar Shetland-Ponys, ein paar Rehkitze und ein Affenpärchen, das ich Ginger und Fred getauft hatte. Ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, dass es den Leuten bei Besichtigungen regelmäßig den Atem verschlug. Ich liebte es, sie dabei zu beobachten. Sie wussten nie, was sie sagen sollten, und dieses Mädchen bildete keine Ausnahme.
Wir schwammen in meiner Blauen Lagune, um die sich auf Knopfdruck künstliche Felsen erhoben. Der Blick auf Himmel und Sterne blieb frei. Gleich dort im Wasser hatten wir unseren ersten fantastischen Sex und später noch einmal auf dem ergonomisch geformten, tropischen Ministrand, den ich hatte aufschütten lassen. Anschließend genossen wir ein Candle-Light-Dinner und lauschten ihren Lieblingsliedern aus meiner CD-Sammlung; dann gingen wir ins Bett. Sie durfte sich aussuchen, welchen meiner Filme wir uns vor dem Einschlafen ansehen wollten. Sie zog zu mir, und ich vereinbarte mit ihrem Studio, dass sie bezahlten Sonderurlaub erhielt. Wir waren unglaublich
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