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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Koch und die mobile Küche, um die streng vegetarische Diät zuzubereiten, zu der ich nach gewissen lymphatischen Problemen als Folge der letzten Hormonbehandlung gezwungen war. Und selbstverständlich reiste ich niemals ohne meinen persönlichen Leibarzt nebst Serum und Blutkonserven, falls eine Transfusion notwendig werden sollte.
    Nachdem ich ihr das alles erklärt hatte, standen Tränen in den Augen meiner Mutter. Ich verstand nicht recht warum, aber sie war schon immer ein eher trauriger Mensch gewesen. Ich gab mir alle Mühe, sie zu trösten, indem ich ihr eine Ferienreise, ein Haus in Florida und Bedienstete anbot. Doch sie hegte keinen Wunsch nach materiellen Dingen. Sie machte sich nur Sorgen, wie sie sich ausdrückte, dass ich so unglücklich wäre.
    Unglücklich? Ich?
    Zunächst verstand ich nicht, was sie mir sagen wollte, aber dann erkannte ich plötzlich, dass sie die Natur des Lebens, das sie selbst geboren hatte, völlig missverstand. Ich führte sie ins Wohnzimmer, setzte mich mit ihr ganz allein hin und versuchte, sie zu beruhigen. Ich erklärte ihr, dass ich alles andere als unglücklich sei, sondern im Gegenteil das wahrscheinlich erfüllteste Lebewesen, das je auf Erden gelebt hatte. Ich sprach zu ihr über die verschiedenen Gestalten, in denen Gott sich den Menschen gezeigt hatte; einmal war er bescheiden am Kreuz gestorben, ein anderes Mal wiederum wurde er als Prophet verehrt und auch schon versehentlich für ein außerirdisches Raumfahrzeug gehalten. Stell dir einmal vor, sagte ich, du wärst Gott und wolltest dieses Mal das größte und höchste Glück erfahren, dessen ein Mensch fähig ist – würdest du dann nicht als Superstar auf die Erde kommen? Als ich?
    Ich blickte ihr tief in die Augen, um zu sehen, ob sie die Bedeutung des Gesagten verstanden hatte. Doch sie schien nur noch heftiger in Tränen ausbrechen zu wollen, und daher ließ ich das Thema fallen. Wir trennten uns liebevoll, doch mit dieser Traurigkeit, die, wie ich fürchte, ihr Schicksal ist.
    Vier Tage später brach ich auf der Bühne des Universal Amphitheaters in Hollywood zusammen. Ich bin sicher, Sie erinnern sich an die Schlagzeilen. Die Journalisten begannen mit Worten um sich zu werfen, die sie kaum buchstabieren, geschweige denn verstehen konnten. »Hybris« ist mir in diesem Zusammenhang noch gut im Gedächtnis. Außerdem »Großspurigkeit«, »fleischgewordener Stolz« und so weiter. Die Zeitungen druckten lange Artikel von so genannten medizinischen Experten über den »Leichtsinn« dessen, was ich mir angetan hätte.
    Die Fans waren verzweifelt. Tagelang campierten sie vor dem Krankenhaus, bis die Polizei sie schließlich mit Wasserwerfern und Gummigeschossen vertreiben musste. Das Gleiche geschah in Bel Air, als ich heimkehrte und zu Hause weitergepflegt wurde. Ich ließ vorsichtig religiös abgefasste Kommuniques veröffentlichen, in denen ich erklärte, die Dinge lägen in Gottes Hand und sie sollten sich nicht fürchten.
    Ich jedenfalls fürchtete mich nicht. Auch dann nicht, als die Kopfschmerzen begannen und merkwürdige Verzerrungen meiner Knochen meinen Körper in die knorrige Form eines vom Wind gebeutelten Baumes zwangen. Mein Kopf, dieser klassische, wundervoll perfekte Kopf, wurde zu einer unförmigen Monstrosität. Dennoch fürchtete ich mich nicht. Obwohl die Fans darum bettelten, mich sehen zu dürfen, gab ich nicht nach. Sie hätten den Schmerz nicht ertragen. Dieser Vorgang war etwas, was ich mit mir selbst und den Überbleibseln meiner sterblichen Form austragen musste, von der ich immer gewusst hatte, dass ich sie eines Tages ablegen würde.
    Mein Leibarzt war verschwunden. In der Stadt munkelte man, er habe sich nach Übersee abgesetzt, um der strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. Doch er hätte sich keine Sorgen machen müssen: Ich hegte nicht die Absicht, vor Gericht zu gehen. Ich wollte nur in Frieden gelassen werden.
    Doch leider war mir das nicht vergönnt. Nur wenige Wochen später verschaffte sich eine ganze Armee grimmig dreinblickender Männer ohne Vorwarnung Zutritt zu meinem Haus. Jedem, der sie aufzuhalten versuchte, hielten sie Dienstmarken und Durchsuchungsbefehle vor die Nase. Ich muss zugeben, dass der Anblick meines Gesichts sie stoppte – allerdings nur vorübergehend. Kaum hatten sie sich von dem Schock erholt, begannen sie, die Gebäude vom Keller bis zum Speicher zu durchsuchen und sich anschließend mit dem Grundstück zu beschäftigen.
    Lassen Sie mich erzählen,

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