Stadt der Lügen
paar richtig berühmte Stars waren da. Es war eine andere Welt, sagte er später. Eine ganz andere Welt. Leider wurde er gefeuert, weil er eine Fernsehschauspielerin um ein Autogramm bat. Ein ziemlich dummer Fehler, wenn man bedenkt, dass ihm bereits im Vorfeld solche Dinge ausdrücklich verboten worden waren. Anschließend versuchte er sich mit der Wartung von Swimmingpools, doch seine Kunden waren nur Geschäftsleute, Anwälte, leitende Angestellte und ähnliches Volk – niemand wirklich Interessantes.
So in etwa lief es, bis ich sechs war. Genau genommen war mein Dad an allem schuld, denn er liebte Country und Western. Ich war mit dieser Musik aufgewachsen. Eines Tages entdeckte ich überall im Trailer Park und an der Straße Plakate, auf denen ein Talentwettbewerb ausgeschrieben wurde, und bat meinen Dad, mich für die Gruppe der unter Zehnjährigen anzumelden. Meiner Mom gefiel die Idee ganz und gar nicht. Ein Überbleibsel ihrer religiösen Erziehung ließ sie fest daran glauben, Kinder sollten ein ganz normales Leben führen und gar nicht erst mit Glamour und solchem Zeug in Berührung kommen.
Ich räumte in meiner Gruppe problemlos den ersten Preis ab und bekam sogar eine besondere Belobigung der Preisrichter. Es war der schönste Tag meines Lebens. Trotz all der unglaublichen Dinge, die mir später passierten, blieb dieser spezielle Augenblick immer etwas ganz Besonderes. Ich fühlte mich nicht nur gut, sondern ich spürte, dass es richtig war. Als ich da oben stand und mich vom donnernden Applaus umtosen ließ, wurde mir zum ersten Mal mit absoluter Sicherheit bewusst, was meine Aufgabe auf dieser Welt war.
Im Publikum saß der Chef einer Casting-Agentur, und so kam ich an meinen ersten Werbespot im Fernsehen. Ich spielte das Kind einer Familie, die ihr neues Auto so sehr liebte, dass sie nicht mehr aussteigen und in ihr süßes kleines Vorstadthaus zurückkehren mochte. Im nächsten Spot spielte ich einen Jungen, der aus seinem Freundeskreis ausgestoßen wurde, weil er nicht die richtigen Turnschuhe trug. Dann bekam ich meine erste Sitcom. Es war nur eine Nebenrolle – der Junge von nebenan –, aber ich erhielt immerhin schon Fanpost. Als die zweite Staffel anstand, wurde meine Rolle ausgebaut. Anschließend folgte meine erste eigene Show, deren Drehbücher ganz auf meine Talente zugeschnitten waren.
Und Talente hatte ich eine ganze Menge. Ich konnte sowohl tanzen als auch singen und schauspielern; außerdem lernte ich Zauberkunststücke. Ich war in der Lage, ernstes Theater zu spielen, hatte aber auch eine große komödiantische Begabung. Das richtige Timing fiel mir sozusagen in den Schoß. Ich musste nur an einen Blick, eine Bewegung oder eine Stimmfärbung denken, dann konnte ich sie mit einer Präzision nachahmen, die genau den von mir beabsichtigten Effekt erzielte. Mein Dad und ich setzten uns hin und besprachen, mit welchen Begabungen ich fürs Erste hinter dem Berg halten und welche ich dem Publikum nicht vorenthalten sollte.
In dieser Beziehung hatte mein Dad einiges auf dem Kasten. Ungeachtet dessen, was später geschah, muss ich ihm uneingeschränktes Lob dafür zollen, wie gut er meine Karriere in diesem frühen Stadium im Griff hatte. Sein Instinkt war untrüglich. Er wusste, was gut für mich war und was nicht und mit wem ich ins Geschäft kommen sollte und mit wem besser nicht. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich mein Dad und meine Mom längst getrennt; ein Jahr später ließen sie sich scheiden. Ehrlich gesagt gefiel mir nicht ganz, wie er sie finanziell auszutricksen versuchte, indem er nur einen Bruchteil seines tatsächlichen Einkommens angab. Allerdings ist es richtig, dass ich das Geld verdiente. Trotzdem stimmte diese Unterscheidung nicht ganz, denn er hatte uneingeschränkte Verfügungsgewalt über mein Vermögen. Mir machte das nichts aus. Nicht ein einziges Mal missgönnte ich ihm seine Freundinnen, sein Dope, die teuren Autos, das Haus in Brentwood und die verschwiegene Hütte in Aspen. Natürlich gab er mein Geld aus, aber ich wusste, dass ich es doppelt und dreifach wieder hereinholen konnte. Auch er wusste es. Und mochte er Partys feiern, so viele er wollte – nie verlor er das Wichtigste aus den Augen, und nie traf er bezüglich meiner Karriere eine falsche Entscheidung.
Wie dem auch sei, ich brachte ihn dazu, noch einmal über Moms Unterhalt nachzudenken, und schließlich bekam sie so viel Geld, dass sie nicht mehr arbeiten gehen musste. Von Rechts wegen hatten sie
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