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Stadt der Lüste

Stadt der Lüste

Titel: Stadt der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariah Greene
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Malcolms plötzlichen Ausbruch nicht bemerkt.
    Nach einigen Minuten, in denen Tony und Nicola Unterlagen hin und her schoben und versuchten, beschäftigt auszusehen, steckte Malcolm den Kopf aus dem Besprechungszimmer. »Emma, könnten Sie einmal kurz kommen?«
    »Natürlich«, erwiderte Emma und erhob sich.
    In Raum eins saß Ed auf der Kante des Konferenztisches. Malcolm schloss die Tür von innen und blieb davor stehen. Emma stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Ed an. Die Szene erinnerte sie an ein Polizeiverhör im Fernsehen.
    »Es tut mir leid«, murmelte Ed, nachdem Malcolm ihm einen finsteren Blick zugeworfen hatte.
    »Es tut dir leid? Was zum Teufel hast du eigentlich für ein Problem mit mir, Ed?«, wollte Emma wissen.
    Er antwortete nicht und mied ihren Blick, aber sein Brustkorb hob und senkte sich unter dem gestreiften Hemd und verriet ihr, dass er vor Aufregung schwer atmete. Sie selbst stand reglos und mit stahlharter Miene vor ihm. Ed war genauso vollgepumpt mit Adrenalin wie sie, mit dem Unterschied, dass sie unter dem Energieschub aufblühte, während er darin zu ertrinken schien.
    »Ich war immer höflich und hilfsbereit«, fuhr sie fort, »aber du behandelst mich wie eine Vollidiotin. Soll ich dir mal was sagen? Ich bin cleverer als du. Aber auf deinen Job hab ich es ganz bestimmt nicht abgesehen.«
    »Es tut mir leid, okay? Es kommt nicht wieder vor.«
    Malcolm schien Ed ordentlich in die Schranken gewiesen zu haben. Ihre Vater-Sohn-Beziehung beinhaltete offenbar auch ein gelegentliches väterliches Ermahnen. In gewisser Weise hatte Emma Mitleid mit Ed. Sie hätte sich ebenfalls Gedanken gemacht, wenn ihr plötzlich eine neue Mitarbeiterin mit Beziehungen zur Chefin vor die Nase gesetzt worden wäre. Sie hätte jedoch Vorkehrungen getroffen, um sich von dieser Person nicht ins Abseits drängen zu lassen – entweder, indem sie mit ihr Freundschaft schloss, oder, indem sie sie zu einer erbitterten Feindin machte. Sie hätte der Situation entsprechend gehandelt und sich nicht derart kindisch benommen wie Ed. Aber wenn er nicht begriff, wie das Spiel funktionierte, dann war das eindeutig sein Problem.
    Sobald der wahre Grund für ihre Anwesenheit in der Agentur bekannt wurde, würde Ed sein Verhalten bedauern. In den letzten beiden Wochen hatte er ihr absichtlich Steine in den Weg gelegt und sich geweigert, selbst die einfachsten Fragen zu beantworten. Wenn er sich zu einer Erklärung herabließ, formulierte er sie in irgendeinem überheblichen Kauderwelsch. Emma würde ihm schon rechtzeitig zeigen, wo es langging.
    »Vergessen wir die Sache. Ich kopiere die Unterlagen, bevor wir in den Pub gehen«, sagte Emma.
    »Das ist nicht nötig. Ich kopiere sie«, erwiderte Ed.
    »Ach was, ich mach das schnell.«
    Malcolm hatte ihre Unterredung schweigend verfolgt und immer dann genickt, wenn jemand etwas Positives sagte. Wahrscheinlich hatte er Ed bereits vor ihrem Eintreffen seinen Standpunkt klargemacht. Eine Sache zwischen Vater und Sohn, dachte Emma.
    Sie verließ das Besprechungszimmer.
    Während sie am Kopierer stand und beobachtete, wie die einzelnen Blätter eingezogen wurden, dachte sie noch einmal über die vergangenen Minuten nach. Im Grunde war die Geschichte vollkommen unbedeutend und lächerlich. Plötzlich tippte Ian Cameron ihr auf die Schulter.
    »Matthew Rayner ist am Telefon. Er sagt, es sei wichtig.«
    Ian warf ihr einen Blick zu, mit dem er offenbar andeuten wollte, er wisse, was das Wort
wichtig
zu bedeuten hatte.
    »Ich mache das für dich fertig«, sagte er und deutete auf den Kopierer.
    Emma ging zurück zu ihrem Schreibtisch und nahm das Telefonat entgegen.
    »Hallo?«
    »Hi, ich bin’s, Matt.«
    Es entstand eine Pause. Emma glaubte, ihn schlucken zu hören. Offenbar war er nervös. Das Schweigen, das nur vom leisen Rauschen der Telefonleitung untermalt wurde, schien Tage zu dauern. Eine Sekunde lang kam es ihr vor, als wäre die Verbindung abgebrochen.
    »Bin ich tatsächlich so wichtig?«, fragte sie schließlich in bewusst unbeschwertem Tonfall.
    »Selbstverständlich. Ich wollte nur mal hallo sagen.« Die Erleichterung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Er griff nach ihren Worten wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm.
    »Hallo«, sagte sie. »Ich habe eure Privatnummer angerufen, aber da lief nur der Anrufbeantworter. Dann habe ich die Handynummer angerufen, die auf dem Anrufbeantworter mitgeteilt wurde, und bin bei einer Mailbox gelandet. Da habe ich

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