Stadt der Lüste
paar Drinks, und sie sitzt auf Eds Schoß.«
»Mir ist noch gar nicht aufgefallen, dass du die Agentur-Klatschtantebist«, sagte Emma. »Du bist also über alle Skandale bei Lomax auf dem Laufenden?«
Ian zog vielsagend die Augenbrauen hoch. Er war attraktiv, und Emma fand sein Äußeres mit der Zeit immer ansprechender. Er war zwar frech und sehr von sich selbst überzeugt, übertrieb es aber nicht. Er gehörte zu jenen Männern, die sie an ihrem Arbeitsplatz gern um sich hatte, um mit ihnen zu flirten oder ihnen auf den Hintern zu schauen, wenn sie es nicht bemerkten. Er hellte den Büroalltag ein wenig auf.
Emma trat zu Catherine, Sonia und Jane an die Theke. Die drei wirkten wie eine Art königliche Familie. Ein paar Meter entfernt lachten Nicola und Ian über einen Kommentar von Ed. Emma hatte das Gefühl, zu keiner der beiden Gruppen zu gehören, weder zu den Damen an der Bar noch zu den lebhaften jungen Leuten, die vor sich hin kicherten. Vom Alter her befand sie sich genau dazwischen, von der Erfahrung her war sie beiden meilenweit voraus. Keiner dieser Menschen hatte besonders viel mit ihr gemeinsam – abgesehen von Catherine.
»Ich habe gerade gesagt, dass wir nicht oft zusammen etwas trinken gehen«, wandte sich Catherine an Emma.
»Wir werden schließlich auch nicht jünger«, beklagte sich Sonia. »Wisst ihr noch, vor zehn Jahren? Da hatten wir eine Menge Spaß zusammen.«
»Unsere Kunden waren aber auch deutlich lockerer«, warf Catherine ein. »Sie haben es genossen, ihr Geld auszugeben. Heutzutage sind sie ängstlich, besorgt oder fühlen sich schuldig.«
»Oder werden für schuldig befunden«, fügte Sonia lachend hinzu.
»Wir haben uns daraufhin vom spanischen Markt zurückgezogen«, sagte Jane in defensivem Tonfall. »Und ich wusste schließlich nicht, dass er ein Verbrecher war, als ich mit ihm Geschäfte machte.«
»Jane hat Verbindungen zur kriminellen Zunft«, erklärte Sonia. »Wir hatten Geschäftsbeziehungen mit einem Mann, der mit Hilfe einer Kettensäge Geldtransporter ausraubte. Das fanden wir allerdings erst später heraus. Es gab ziemlichen Ärger.«
»Ich fürchte, dass es nicht mehr sehr viel Spaß macht, für Lomax zu arbeiten«, sagte Catherine. »Victor war voller Elan, und daran mangelt es mir einfach.«
»Ach, Catherine, natürlich macht es noch Spaß«, entgegnete Sonia. »Niemand erwartet von dir, wie Victor zu sein.«
»Und was denkt unser neuester Zuwachs darüber?«, fragte Jane an Emma gewandt.
»Mir gefällt es gut bei Lomax. Und ich würde mit der Zeit gern in so viele verschiedene Bereiche hineinschnuppern wie möglich.«
»Meiner Meinung nach gibt es in unserer Branche keine guten Universalisten. Ich finde, dass man sich frühzeitig auf einen Bereich spezialisieren sollte«, verkündete Jane, wobei sie den Strohhalm ihres Gin Tonic im Mundwinkel behielt.
Emma ignorierte Janes Einwand und ihr eigenes Bedürfnis, Jane vorzuschlagen, sie solle sich doch lieber gleich eine ganze Flasche Gin bestellen, in die sie ihren Strohhalm stecken konnte.
»In der Bank habe ich mal eine Schulung in Buchhaltung mitgemacht. Es sind zwar nur Grundlagen, aber falls Sie irgendwann einmal Hilfe brauchen, Sonia, dann gehe ich Ihnen gern zur Hand.«
Sonia lächelte schweigend.
»Auch in der Auslandsabteilung könnte ich von Nutzen sein«, fuhr Emma nun an Jane gewandt fort. »Wir haben sehr oft mit Dokumentationsunterlagen gearbeitet, und ich habe ein Auge für Details. Das sind Fähigkeiten, die einen guten Universalisten ausmachen.«
Erneut herrschte Schweigen. Emma verstand die Botschaft. Jane und Sonia waren an ihrer Hilfe nicht interessiert. Sie würden lächeln und ihr die eine oder andere Frage beantworten, aber sie waren froh, dass sie für Malcolm arbeitete und nicht in ihre eigenen Bereiche eindrang.
»Wie denken Sie darüber, Catherine?«, fragte Emma auf der Suche nach Unterstützung.
»Jeder sollte ab und zu über den eigenen Tellerrand hinausschauen«, sagte sie.
»Ja, aber wenn man die Fliege in der Suppe ist, könnte das schwierig werden«, prustete Jane, und das Lachen ratterte in ihrer Brust wie ein einsamer Knopf im Schleudergang der Waschmaschine.
Ein Witz auf meine Kosten, dachte Emma. Wie lustig. Sie lachte höflich. Du Miststück, mal sehen, ob du es auch so lustig findest, wenn du erfährst, dass der Laden zur Hälfte mir gehört.
Ihr war klar, dass sie hier nicht weiterkommen würde. Trotzdem hatte sie es wenigstens versuchen wollen.
Catherine
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