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Stadt der Masken strava1

Stadt der Masken strava1

Titel: Stadt der Masken strava1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: hoffman
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nicht, dass man ihr glaubte. Sie hätte jedes Boot, das zu den Inseln zurückfuhr, bitten können sie mitzunehmen.
    Was sie ihrer Familie erzählt hätte, wenn sie tatsächlich an der Scuola angenommen worden wäre, hatte sie sich überhaupt nicht überlegt. All ihre Pläne hat

    ten mit der Aufnahme in die Schule geendet. Wenn die Lehre erst mal abgeschlossen gewesen wäre, hätte sie sich möglicherweise ihrer Verkleidung entledigt und die Duchessa wäre gezwungen gewesen in Zukunft auch einer Ausbildung von Mädchen zuzustimmen. Aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst gewesen wäre, dann hätte Arianna zugeben müssen, dass sie nicht damit gerechnet hatte, dass die Schule nach ihr von weiblichen Anwärterinnen überlaufen würde. Bei ihren Plänen ging es ihr nur um sich selbst.
    Sie wurde mit Vorhaltungen überschüttet, den ganzen Tag lang, auch von ihrem Vater, der nach Hause geeilt kam, und von ihren Brüdern, die mitten am Nachmittag hungrig und verärgert zurückkehrten. Auch Nachbarn schauten vorbei, um sich zu vergewissern, dass sie in Sicherheit war, und schüttelten voller Mitgefühl für ihre Eltern den Kopf über ihren Ungehorsam.
    Arianna war es zutiefst leid, so im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, und wünschte, wie schon so oft zuvor, dass es noch andere Kinder auf Torrone gäbe, die sie von einem Teil der Aufmerksamkeit entlasten könnten.
    »… und keiner weiß, wie lange sie noch überleben kann«, beendete Dad seinen Bericht. »Das Wasser steigt jedes Jahr, und wenn die Flutsperren nicht gebaut werden, könnte die ganze Stadt im Meer versinken – wie Atlantis.« Dann war es doch nicht Bellezza. Lucien war sicher, dass die Stadt aus seinen Träumen nicht am Versinken war, wenn er auch keine Ahnung hatte, warum er das wusste. Bellezza war von einer dem Untergang geweihten Stadt so weit entfernt wie nur denkbar, war es doch voller Leben und Wohlstand, erfüllt von der eigenen Bedeutung. Und so wenig er über die Duchessa wusste, er konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich die Stadt vom Meer entreißen lassen würde. »Interessierst du dich für Venedig?«, fragte Dad. »Ich könnte dir ein paar Bücher aus der Bücherei besorgen.« Lucien nickte und schrieb: »Bist du jemals dort gewesen?«
    Dad wirkte ein wenig verlegen. »Nur einmal«, sagte er. »Bevor ich Mum kennen lernte.«
    Lucien schloss daraus sofort, dass sein Vater mit einer früheren Freundin dort gewesen war.
    »Hast du auch irgendwelche der Inseln besucht?«, schrieb er auf.
    Dad sah ihn überrascht an. »Woher weißt du was über die Inseln? Ich glaube nicht, dass ich davon gesprochen habe. Ja, da sind wir auch hingefahren. Ähm, ich meine, ich bin hingefahren. Auf die eine, wo das Glas hergestellt wird, und auf die mit den Häusern, die alle in verschiedenen Farben getüncht sind, und auch auf die mit der alten Basilika mit den Goldmosaiken.«
    »Torrone?«, schrieb Lucien.
    »Ich dachte, das sei eine klebrige Süßigkeit«, erwiderte Dad verwundert. »Aber der Name ist so ähnlich. Ich hol dir wohl mal ein paar Bücher.«
    Als Dad gegangen war, brachte Luciens Mutter das Frühstück. Er schaffte ein paar Löffel matschiger Cornflakes und eine halbe Tasse Tee, dann sank er erschöpft in seine Kissen zurück. Er hörte die Tür ins Schloss fallen, als sie das Tablett fortbrachte, und verfiel in ein unruhiges Dösen… Und erwachte schweißgebadet aus einem Traum, in dem er im Heck eines schlanken schwarzen Bootes stand und ein langes Ruder hielt. Die Duchessa saß weit weg am anderen Ende und machte sich Notizen in ein Buch, als ob sie seine Leistung benoten würde.
    »Wenn du den Rekord nicht überbietest«, hatte sie gerade gesagt, »dann nehme ich meine Maske ab.« Im Traum war das eine äußerst beunruhigende Drohung

    gewesen. Lucien hatte sich mit Gewalt aus dem Schlaf gerissen, um das Grauen, das er hinter jener Maske vermutete, bloß nicht erleben zu müssen. Doch während er nass geschwitzt vor Angst dalag, machte sich eine seltsame Gewissheit in ihm breit. Wenn das hier ein Traum gewesen war, dann war das, was er vorher erlebt hatte, keiner gewesen. Das hier war alptraumhaft wie in einem schlechten Film und hatte nichts von der logischen Realität seines Bellezza-Besuchs an sich gehabt. Die Stadt, in der Arianna und die Duchessa lebten, war echt; da war er sicher.
    Jetzt musste er nur noch herausfinden, wie er dorthin zurückgelangen konnte.
    Der nächste Tag war ein Sonntag. Ariannas Eltern sprachen nicht mit

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