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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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auftauchte.«
    »Hm«, meinte Pickett, »könnte sein. Ich hab gestern zufällig sein Weib getroffen, hinten bei der alten Poststation. Du weißt schon, da in Deans Gegend. Na, jedenfalls war die auf der Suche nach ihrem Ehemann. Glücklich sah die auch nicht aus.«
    »Ich denke, Stanton wird es uns noch mitteilen. Auf alle Fälle ist er wild entschlossen mitzumachen.«
    Pickett senkte die Stimme, während sich die Männer rasch einen Weg durch die schmalen Gassen des Arbeiterviertels suchten. »Und wann geht es endlich los? Verflucht, ich sag dir, ich kann es kaum mehr erwarten, diesen Geldsäcken endlich zu geben, was sie verdienen.«
    Bill warf seinem Begleiter einen strengen Blick zu: »Hör zu, Pickett, bei der Sache geht es darum, uns Gehör zu verschaffen, um nichts anderes! Du wirst dich zurückhalten! Kein Blut, hast du verstanden?« Doch Pickett grinste nur und wandte das Gesicht ab. Bill zog die Stirn kraus. Er traute Pickett nicht, aber er war auf ihn angewiesen. Ein paar andere waren abgesprungen, sodass sie letztlich nun zu acht waren. Fast zu wenig, um ihr Vorhaben erfolgreich umzusetzen. Wenigstens war Dean Wolsley mit von der Partie und nun auch Stanton. Hoffentlich würde es ihnen gelingen, Pickett im Zaum zu halten, bei dem, was sie vorhatten.
    Als die beiden in Bills Wohnung eintrafen, hatten sich schon alle bis auf zwei eingefunden. Dean, den Bill als Ersten aufgesucht hatte, hatte die anderen benachrichtigt. Die beiden Verspäteten wollten noch dazustoßen. Bill wohnte im Parterre und hatte sogar zwei Räume zur Verfügung, wenn auch in einem mehr als heruntergekommenen Mietshaus. Aber das war bei seiner Kinderschar von immerhin acht auch nicht anders zu machen gewesen. Bills Weib scheuchte die beiden Jüngsten aus dem Zimmer und schloss die Tür.
    »Also«, begann Bill, als sich jeder mehr schlecht als recht einen Platz gesucht hatte, »ich denke, wir sollten nicht länger warten. Mehr werden wir nicht und es besteht außerdem die Gefahr, dass der Plan auffliegt, bevor wir ihn in die Tat umsetzen können. Wie ihr wisst, gibt es auch Schüffler in unseren Reihen ...«
    Einige fuhren empört auf, doch Bill schnitt ihnen das Wort mit einer raschen Geste ab. »Nicht unter uns, aber in den Reihen der Chartisten. Ein paar von denen traue ich nicht, vor allem seit dem Zugriff der Polizei bei der letzten Versammlung. Wie ihr wisst, sind viele der Meinung von Lovett. Aber es hat keinen Sinn, noch länger auf Einsicht bei den Mächtigen zu hoffen.«
    Die grimmige Entschlossenheit in den abgearbeiteten Zügen der Männer waren ihm Bestätigung genug. »Es ist mir gelungen, über ein paar Verbindungsleute Waffen zu besorgen. Nicht die besten, aber doch das Beste, was zu bekommen war. Geh mal zur Seite, Pickett!« Ein wenig gröber als notwendig schob Bill seinen Mitverschwörer zur Seite. Dieser hatte, als Bill die Gefahr der Bespitzelung erwähnte, Aaron Stanton mit einem unfreundlichen Blick bedacht. Das war Bill nicht entgangen. Misstrauen untereinander konnten sie sich aber keinesfalls erlauben. Sie waren sowieso schon viel zu wenig. Brummend ließ er sich auf die Knie nieder und zog eine längliche Kiste unter einem der beiden Betten hervor. Zwei Schrotflinten, denen man die Jahre deutlich ansah, drei Pistolen und ein wenig Munition lagen darin. Dazu noch einige Messer. Neugierig beugten sich die Männer über die Kiste. »Das reicht doch nirgendwo hin«, spottete Pickett ärgerlich. »Wie sollen wir mit dem bisschen Schrot und den Küchenmessern da dreißig bis vierzig Mann in Schach halten?«
    »Eben darum geht es, John!« sagte Bill scharf. »Wir wollen sie nur in Schach halten und nicht niedermetzeln. Keiner von denen wird seine Haut riskieren wollen, denkst du nicht? Wir können uns nicht bis an die Zähne bewaffnen. Oder sollen wir etwa das Handelsgebäude stürmen wie eine Armee? Blödsinn, sage ich! Ganz im Gegenteil: Wir müssen die Waffen verstecken, bis wir drin sind. Mit den paar Lakaien vor der Tür werden wir spielend auch so fertig und von den feinen Herrn im Saal oben ist ohnehin keiner bewaffnet. Ich denke, die ganze Aktion dauert nicht lange, sie müssen nur unsere Forderungen unterzeichnen und dann können sie gehen.«
    »Und ihr glaubt tatsächlich, die halten sich dran?«, wagte Aaron nun doch einzuwenden, obwohl er sich vorgenommen hatte zu schweigen, da er an den Planungen nicht teilgenommen hatte.
    »Das ist ein Vertrag, Stanton«, fauchte Pickett, ehe Bill antworten konnte.

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