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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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Person, die über diese verfügte. Er sollte sich die günstige Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen, ja er durfte es nicht. Er spähte angestrengt. Ja, es war noch nicht zu spät. In der Ferne sah er die hochgewachsene, schlanke Gestalt auf der verschneiten Straße gehen, ein wenig hinter den anderen Angestellten des Herrenhauses.
    Gruber beeilte sich, Mrs Branagh einzuholen. Er musste unverzüglich mit ihr sprechen.

Kapitel 34
    Portsmouth, am Mittag desselben Tages
    Kapitel 34
    In einer der Seitenstraßen des umtriebigen Geschäftszentrums der Hafenstadt blickte Armindale zweifelnd an der Fassade des eher unauffälligen Geschäftshauses hinauf. Blanke, weiß abgesetzte Butzenscheiben warfen das wenige trübe Wintersonnenlicht zurück. Von außen ließ sich jedenfalls nicht erkennen, womit der Geschäftsmann, der hier seine Wohn- und Arbeitsräume hatte, sein Geld verdiente. »Eastman & Son« stand unprätentiös auf einem glänzenden Messingschild, das in der Mitte der dunklen Haustür unterhalb des Klopfers angebracht war, und Armindale hoffte inständig, dass es sich dieses Mal um den richtigen Mr Eastman handelte, den er nun schon seit einigen Tagen ausfindig zu machen versuchte. Das hatte sich zu seiner Enttäuschung als weniger einfach herausgestellt, als es ihm zunächst erschienen war. Wertvolle Zeit war ihm unnütz zwischen den Fingern zerronnen. Der Teufel sollte diesen Eastman holen. Warum hatte der Mann nur so einen Allerweltsnamen? Man konnte fast den Eindruck gewinnen, die Hälfte aller Reeder, Geschäftsleute und Unternehmer dieser Stadt trügen diesen Namen. In der Tat hatte sein Besuch beim Handelskontor, das er sofort nach seiner Ankunft in Portsmouth aufgesucht hatte, vierunddreißig Träger dieses Namens ergeben und leider stand zumindest im Handelsnachweis keiner von ihnen mit dem Namen Havisham in Verbindung. Bedauerlicherweise tauchte dieser überhaupt nicht in den Büchern auf. Wenn – wie ihm die Gattin seines Opfers so freigiebig mitgeteilt hatte – tatsächlich eine geschäftliche Verbindung bestünde, dann unter einem anderen Firmennamen. Dreiundzwanzig der infrage kommenden Personen hatte er schon aufgesucht, was nicht immer einfach gewesen war. Weder war er bei den beiden Reedereien, die Teilhaber mit diesem Namen vorweisen konnten, noch bei einer Bank, deren Geschäftsführer so hieß, noch bei zahlreichen Kaufleuten und darüber hinaus auch nicht bei einem Kapitän erfolgreich gewesen. Letzteren hatte er nicht einmal befragen können, da Kapitän Fitzleroy Eastman sich gerade auf dem Weg nach Australien befand, wie ihm dessen hässliche und altjüngferliche Tochter mitgeteilt hatte, nicht ohne ihn dringlich auf einen Tee einzuladen, was er natürlich ausgeschlagen hatte. Das hatte ihm gerade noch gefehlt!
    Nun also die Nummer vierundzwanzig auf seiner Liste. Dieser Eastman war als Finanzmakler im Handelsregister der Stadt vermerkt gewesen, jedoch nichts darüber, um welche Art von finanziellen Transaktionen es sich genau handelte. Auch das Haus ließ, wie Armindale mit einem weiteren prüfenden Blick konstatierte, keine diesbezüglichen Schlüsse zu – er musste also einen Blindschuss wagen.
    Kurz sammelte er sich, um dann entschlossen den Klopfer zu betätigen. Einen Augenblick später wurde ihm von einem glatzköpfigen älteren Mann geöffnet, dessen tintengeschwärzte Finger und abgenutzten Ärmelschoner sofort verrieten, dass es sich bei ihm um einen Schreiber handeln musste.
    »Sie wünschen, Sir?«
    »Ich hätte gerne Mr Eastman gesprochen.«
    »Oh, das tut mir leid, Sir, Mr Eastman ist heute nicht im Hause. Er wird erst morgen wieder zu sprechen sein.«
    Armindale fluchte innerlich. »Nun, das ist natürlich bedauerlich«, sagte er dennoch gemessen, »aber vielleicht können Sie mir auch weiterhelfen. Im Grunde komme ich nur wegen einer kleinen Auskunft.«
    »Gewiss, Sir! Wenn Sie mir folgen wollen? Wir können uns im Kontor unterhalten. Bei diesem Wetter«, der mickrige Angestellte reckte seine gerötete Nase sichtlich missmutig in die winterliche Kühle, »sucht man doch lieber die Nähe des Ofens, nicht wahr?«
    Das Schreibkontor des Finanzmaklers Eastman strahlte durchaus Seriosität und Geschäftigkeit aus. Außer dem älteren Angestellten, der ihn hereingebeten hatte, gab es noch einen Mann mittleren Alters und einen Gehilfen, der eifrig in Leder gebundene Bände hin und her trug und von Zeit zu Zeit einen sehnsüchtigen Blick durch die großen Butzenscheiben

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