Stadt der Schuld
eindeutigen Keuchen eines Mannes. Armindale hob erstaunt die Augenbrauen. Anscheinend war Mr Eastman, wiewohl zurzeit offensichtlich unabkömmlich, mitnichten nicht zu Hause. Nur war der Geschäftsmann augenscheinlich sehr in private Angelegenheiten vertieft – und seiner Erfahrung nach, zumindest nach den pikanten Geräuschen zu schließen, die jetzt wieder leiser nach außen drangen, handelte es dabei um Angelegenheiten, von denen eine etwaige Ehefrau des Finanzmaklers besser nichts wissen sollte. Armindale hätte tatsächlich seinen Schnurrbart darauf verwettet, dass dem so war. Ein amüsiertes Grinsen huschte über sein Gesicht, dann machte er sich auf den Weg in das Pub.
»Mr Eastman?« Bertram Fenwick klopfte leise an die Tür zum Schlafzimmer seines Arbeitgebers. Bereits für dessen Vater war er tätig gewesen. Ja, man konnte mit Fug und Recht behaupten, dass er, der Schreiber Bertram Fenwick, zum Unternehmen gehörte wie die Holzvertäfelung und altersgeschwärzten Regale zum Kontor.
Endlich erfolgte eine Reaktion. Man konnte deutlich am Knarren des Bettrahmens hören, dass jemand sich erhob. Der alte Mann wappnete sich. Der junge Herr würde bestimmt nicht erfreut sein, gestört zu werden. Das verbat er sich für gewöhnlich ausdrücklich, wenn er sich mit dieser schwarzen Hexe, die er sich vor knapp zwei Jahren ins Haus geholt hatte, vergnügte. Eastmans Eheweib und seine beiden Kinder lebten schon seit Längerem auf dem Land und man pflegte nur den notwendigen Kontakt, so war dagegen eigentlich auch nichts einzuwenden. Schließlich brauchte ein Mann seine Entspannung und ein jüngerer allemal. Es lag Fenwick fern, die privaten Gepflogenheiten seines Herrn zu kommentieren, wiewohl er diesem zweifelhaften Weib, das seinen Arbeitgeber so offensichtlich verhext hatte, gehöriges Misstrauen entgegenbrachte. Sie übte einen geradezu schädlichen Zauber auf die Männer in ihrer Umgebung aus. Man munkelte, sie sei eine Hure, wenn auch aus einem der sehr edlen und verschwiegenen Etablissements in den besseren Gegenden der Hafenstadt. Die ganze Nachbarschaft zerriss sich längst das Maul darüber. Er selbst verwahrte sich natürlich gegenüber solchen, wenn auch nur zu berechtigten Spekulationen, sah aber mit Sorge, dass die beiden anderen Angestellten den exotischen Reizen der Frau ebenfalls in geradezu hündischer Weise erlagen, wiewohl sie es natürlich niemals gewagt hätten, auch nur ein Wort mit ihr zu wechseln. Die Frau war eindeutig das Eigentum des Herrn und er wachte eifersüchtig über sie.
»Fenwick!« Mr Eastman stand, nachlässig in seinen Morgenmantel gehüllt, mit einer steilen Zornesfalte auf der Stirn in der Tür, »Habe ich dir nicht schon tausend Mal gesagt, ich will nicht gestört werden, wenn ich mich zurückziehe.«
Fenwick buckelte unterwürfig. Er wusste, was er seinem Herrn schuldig war. Ohnehin neigte Eastman junior, anders als sein Vater, zu Unbeherrschtheiten. »Selbstverständlich, Mr Eastman! Ich bin auch untröstlich darüber.« Durch die angewinkelte Armbeuge seines Arbeitgebers hindurch erhaschte er einen kurzen Blick auf üppige, schwarze Brüste und einen nackten Schenkel. Das Blut schoss ihm jäh in den Kopf und er richtete sich rasch auf, sorgsam den Anblick des Weibes vermeidend, das sich ohne jede Scham zwischen den Laken räkelte und dessen nun sichtbar werdende feste Gesäßhälften selbst sein schwaches Blut zum Kochen brachten. »Es ist nur ...« Er zögerte, trat einen Schritt zurück und senkte die Stimme. »Sir, eben hat jemand das Kontor aufgesucht und seltsame Fragen gestellt. Der Mann ist mir nicht geheuer. Ja, ich zweifle an seiner Aufrichtigkeit. Ich wollte Sie nur darüber in Kenntnis setzen. Die Sache duldet wohl keinen Aufschub, da dieser Mensch schon morgen wiederkommen will.«
Eastman war, geübt durch die Branche, mit der er sein Geld verdiente, vorsichtig genug, um solchen Warnungen Gehör zu schenken. Rasch zog er die Tür hinter sich zu und gesellte sich zu seinem Angestellten auf den schmalen Flur. »Ein Fremder, sagst du? Was wollte er denn?«
»Er hat eine nur mäßig glaubwürdige Geschichte erzählt von einer Erbschaft und dass er hier Erkundigungen über einen möglichen Geschäftspartner einholen wolle, der mit unserem Hause Verbindungen pflege.«
»Ah ja?« Eastman zog abschätzig die Mundwinkel nach unten. »Das ist doch nicht allzu ungewöhnlich.«
»Gewiss nicht, Sir, aber der Gentleman, nach dem er fragte, war niemand anderer als
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