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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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herumlärmen, bis man sie einließ und wenn es bis zum Abend dauern sollte.
    »Was ist denn da um Himmels willen los vor dem Haus, George? Kann ich denn nicht einmal in Ruhe mein Buch lesen?« Mrs Ashworth war auf die Galerie getreten und hielt dem Diener ungehalten ihre in schönes Leinen gebundene Lektüre entgegen. Von außen drang dumpfes Pochen und das Weinen eines Kindes herein.
    »Nichts, Madam!« Der Butler wandte sich schuldbewusst zu seiner Herrin um. »Nur eine Landstreicherin. Sie fordert tatsächlich in ihrer Dreistigkeit, Sie zu sprechen. Ich habe sie selbstverständlich fortgeschickt, aber sie weigert sich zu gehen. Es nimmt wirklich überhand mit diesem Gesindel in letzter Zeit. Ich werde gleich nach einem der Knechte schicken lassen, der soll sie entfernen. Eine unverschämte Person ist das!«
    »Hm. Hat sie gesagt, warum sie mich sprechen will? Diese Landstreicherin scheint ja doch recht entschlossen zu sein.« Wieder war ungeduldiges Klopfen an der Tür zu hören und Cathys Stimme, die unbeirrt verlangte, eingelassen zu werden. Mrs Ashworth seufzte und klappte entschlossen ihr Buch zu. »Nun denn, George, lass sie ein. Ich will hören, was sie von mir will.«
    Der Butler war sichtlich verwundert über die ungewöhnliche Anweisung, sonst hatte man auf Moston Park wenig Verständnis für das allerorten herumstreifende Gesindel, doch dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und öffnete die Tür.
    Cathy konnte ihr Glück kaum fassen. Sie drückte Klein-Mary, die immer noch vor sich hingreinte, enger an sich und schlüpfte in die Eingangshalle. Diese hatte wahrhaft gewaltige Ausmaße. Das Haupthaus war zwar insgesamt nicht ganz so groß wie Whitefell, jedoch hatten die Besitzer größten Wert darauf gelegt, schon den ersten Eindruck eines Besuchers auf das vorhandene Vermögen zu lenken. Der ganze Fußboden der Halle wie auch die Wände waren mit Marmor ausgekleidet und große Spiegel erzeugten noch mehr Weite im Raum. Ein riesiger Lüster hing in der Mitte herab. Doch Cathy ließ sich dadurch nicht im Mindesten beeindrucken. Gerade wollte sie sich an die Hausherrin wenden, die sie auf der Galerie ausgemacht hatte, als diese ihrerseits das Wort ergriff: »Ah, das nenne ich eine Überraschung. Ich erkenne dich. Du bist das Weib von Aaron Stanton, nicht wahr?« Sie kam die Treppe hinunter. »Was willst du von mir? Ist etwa dein Kind krank?«
    »Nein!«, sagte Cathy schnell. »Meine Tochter ist wohlauf, obwohl sie dringend gewärmt werden muss. Der Weg war sehr weit für sie.« Mrs Ashworth war inzwischen ganz bei den beiden angelangt und musterte sie kühl. Doch Cathy sah die Neugier in ihren Augen.
    »Nun gut, folge mir«, sagte sie schließlich knapp und wandte sich an den Butler, der wie vom Donner gerührt bei der Eingangstür verharrte, die Hand noch immer auf dem Türgriff, als hoffe er, den ungebetenen Gast schnell wieder loswerden zu können. »George, die Köchin soll etwas ...«, sie warf einen prüfenden Blick auf Cathy, die mit blau gefrorenen Lippen vor ihr stand, »warme Fleischbrühe und Brot bereitstellen, nachdem ich mich mit meinem Gast unterhalten habe. Es wird noch etwas vom Lunch übrig sein. Auch ein wenig Wein. Der wird der Frau guttun.« Ein kaum wahrnehmbares Lächeln huschte kurz über ihr Gesicht, bevor es ebenso schnell wieder verschwand. »Ich will mir schließlich nicht nachsagen lassen, ich hätte eine Mutter und ihr Kind in meinem Hause verhungern lassen.«
    Cathy senkte dankbar den Blick. Tatsächlich knurrte ihr Magen schon seit einiger Zeit vernehmlich, doch das war jetzt ihre geringste Sorge. Sie folgte der Hausherrin die Treppe hinauf in einen kleinen, gemütlich eingerichteten Salon. Im Kamin brannte ein Feuer und tauchte den Raum in wohlige Wärme. Bald begannen Cathys Füße zu schmerzen. Das Blut darin kam endlich wieder in Gang und sie trat von einem Fuß auf den anderen, um die Zirkulation anzuregen. Mrs Ashworth, die sich auf einem Sessel niedergelassen hatte, wies beiläufig auf einen Stuhl beim Feuer. »Setz dich dahin. Da ist es warm, das wird auch dem Kind guttun.« Immerhin, die Frau schien bereit ihr zuzuhören. Das war mehr, als sie hatte erhoffen können. »Mrs Ashworth ...«, begann sie zögernd. »Es liegt mir gewiss fern, Sie um irgendeine Vergünstigung anzugehen, aber die Umstände erfordern ein sofortiges Eingreifen, und ich wüsste nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte.«
    Mrs Ashworth schnaubte verächtlich. »Also doch Bettelei! Ich

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