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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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Havisham, geborene de Burgh – aus Habgier in Auftrag gegeben zu haben.«
    Ein erregtes Stöhnen ging durch die Menge.
    Der Richter fuhr ungerührt fort. »Wir beginnen mit der Anhörung der Zeugen.«
    Der Staatsanwalt hob die Hand. »Euer Ehren, leider gestaltet sich bereits dieser Punkt schwierig. Wichtige Zeugen sind bisher nicht erschienen, so kann über den Stand der Ermittlungen nur Inspector Hunt ...«
    Da entstand am Eingang des Saales ein kleiner Aufruhr. Empörte Stimmen wurden laut, aufgeregte Rufe. Isobel glaubte, den ihr wohlbekannten, immer etwas knarrenden Tenor Armindales herauszuhören. Neugierig wandte sie sich um, auch Godfrey war aufgesprungen. »Herrgott, nun lassen Sie uns schon durch!«
    Tatsächlich, es war Armindale, abgekämpft und erhitzt, gefolgt von einem untersetzten Mann in Uniform mit einem lächerlich gezwirbelten Schnauzbart im Gesicht. Dem Menschen rann der Schweiß in Strömen unter seinem Diensthelm hervor, den er sich jetzt hastig vom Kopf riss.
    »Ich korrigiere mich, Euer Ehren«, der Staatsanwalt strahlte über das ganze Gesicht, »soeben sind unsere wichtigen Zeugen doch noch eingetroffen.«
    Wenige Augenblicke später saß Robert Armindale vereidigt auf der Zeugenbank, doch seltsamerweise wirkte er beunruhigt, ja besorgt. Isobel wusste nicht, was sie davon halten sollte, ihre Hände begannen unkontrolliert zu zittern. Immer wieder huschte sein Blick zu seinem Begleiter hinüber, der ebenfalls mit deutlichen Anzeichen von Zerknirschung auf der harten Holzbank hinter der Anklage Platz genommen hatte und auf seine Anhörung wartete. In Isobel stieg noch größere Unruhe auf. Hatte die Suche nach Eastman und Trumble denn gar nichts erbracht?
    Mr Nigel, dem als Staatsanwalt das Recht zur Erstvernehmung des Zeugen gebührte, trat vor. »Mr Armindale, Sie haben vor einigen Jahren für den Angeklagten gearbeitet?«
    Armindale nickte. »Ja, ich wurde von ihm beauftragt, geheime Erkundigungen über seinen politischen Kontrahenten, Mr Baker, oder vielmehr dessen Sohn, den inzwischen verurteilten Sodomisten Rupert Baker, einzuziehen. Mr Havisham plante, Mr Baker damit unter Druck zu setzen, damit dieser seine Kandidatur zurückzöge. Wie wir alle wissen, hatte er mit diesem Plan Erfolg.«
    Ein Aufschrei der Empörung, besonders vonseiten der betuchteren Herrschaften auf der rechten Seite des Raums, erhob sich. Isobel beobachtete befriedigt, wie Horace in sich zusammensackte und das Gesicht in den Händen verbarg.
    »Sie haben dann die Zusammenarbeit beendet?«, fragte Mr Nigel, ohne auf die Reaktionen der Zuschauer zu achten.
    »Ja, auch weil ich, nachdem ich Mr Havisham näher kennengelernt hatte und über seine Verhältnisse Bescheid wusste, den Verdacht hegte, dass es mit der sehr plötzlichen Übernahme des Landsitzes Whitefell durch den Angeklagten nicht mit rechten Dingen zuging.«
    »Können Sie das näher ausführen, Mr Armindale?«
    »Nun, er schien mir jedes Mal nervös zu reagieren, wenn ich die Umstände dieser Übernahme aus den Händen von Mr de Burgh senior ansprach, der dem Vernehmen nach sehr an dem Landsitz hing und dennoch überraschend nach London umzog. Ich suchte deshalb Mr Francis de Burgh in London auf, der mich beauftragte, nach Bombay zu reisen und dort nähere Erkundigungen einzuziehen bezüglich des gewaltsamen Todes seines Sohnes.«
    »Aha! Was brachten Sie dort in Erfahrung, Mr Armindale?«
    »Dass es sich tatsächlich um Mord handelte, ausgeführt von einer lokalen Verbrecherorganisation. Der Auftrag dazu kam offenbar aus England.«
    »Wurde Mr Havishams Name in diesem Zusammenhang genannt?«
    Armindale rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Nun, nicht direkt. Aber er hatte definitiv ein Motiv, ein sehr gutes Motiv. Und dann fanden wir das Schriftstück, von Mr Havisham eigenhändig verfasst, in dem er sich selbst einer Schandtat anklagt.«
    Hunt stürzte nach vorn zur hohen Richterbank und reichte dem Richter den aus Havishams Schreibtisch gestohlenen Brief. Der las ihn stirnrunzelnd durch, schüttelte den Kopf und reichte ihn an seinen Schreiber weiter. Isobel kaute verärgert auf ihrer Unterlippe. Viel Eindruck schien ihr wichtigstes Beweisstück nicht gemacht zu haben.
    Armindale warf Hunt einen verunsicherten Blick zu, der daraufhin ratlos mit den Schultern zuckte. Auch der Staatsanwalt schien für einen Moment aus dem Konzept gebracht worden zu sein. »Ah, Sie setzten also Ihre Nachforschungen, da es in dem vorliegenden Schriftstück

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