Stadt der Sterne strava2
einer Pause spielte Aurelio alleine und alle lauschten. Das Stück war lieblich und traurig und Gaetano musste an seinen Bruder denken und dann an seine Cousine, das Mädchen, das er bald für immer aufgeben musste.
»Eine Weise, die einem das Herz bricht, nicht wahr, Principe?«, sagte eine Frau, die er bisher nicht beachtet hatte. Sie war sehr schön und in den Farben des Widders gekleidet. Einen Augenblick erinnerte sie ihn an die Duchessa, doch dann stellte er fest, dass sie viel älter war. Trotzdem, sie hatte etwas von Arianna an sich; vielleicht war sie eine Tante von ihr, die zu Besuch war? Ihm fiel wieder ein, dass eine Tante der Duchessa mit Doktor Dethridge verheiratet war.
»Wirklich sehr bewegend, Signora«, sagte er höflich.
»Sie scheint von verlorener Liebe und dem Triumph der Pflicht zu erzählen«, fuhr die Dame fort. »Von falsch getroffenen Entscheidungen und einem Leben voller Entsagungen, das solche falschen Entscheidungen mit sich bringen.«
Nun erschrak Gaetano wirklich. War die Frau eine Hellseherin oder vielleicht sogar eine Stravagante?
»So viel könnt Ihr aus einer einfachen Weise heraushören?«, fragte er.
»An der Musik der Manusch ist nichts einfach«, erwiderte sie.
Gaetano wandte sich zu dem Harfner um, und als die Melodie zu Ende ging und er sich wieder zurückdrehte, war die Dame fort. Es entstand eine Pause, in der die klagenden Töne noch in der Nacht verhallten. Dann setzte wieder eine fröhlichere Melodie ein und die Tische wurden beiseite geschoben, damit getanzt werden konnte.
Gaetano tanzte mit Arianna und bemerkte aus den Augenwinkeln, dass ihr Vater mit der geheimnisvollen Frau tanzte.
»Wer ist die Dame, die mit dem Regenten tanzt?«, fragte er seine Partnerin. »Sie hat mir gerade ein paar außergewöhnliche Dinge gesagt. Ich glaube, sie ist eine Art Zauberin.«
Arianna lachte. »Da seid Ihr nicht der Erste, der das sagt.« Aber seine Frage beantwortete sie nicht.
Lucien und Cesare befanden sich in einer Zwickmühle. Beide wollten sie mit Georgia tanzen, doch für die Bewohner des Widders war ihr Reiter ja ein junger Mann. Die Remaner gingen mit Frauen und Männern gleichermaßen herzlich um und keiner fand es seltsam, wenn sich junge Männer umarmten oder gar küssten, vor allem bei einem ausgelassenen Fest. Aber tanzen taten sie nun wirklich nicht miteinander.
Doch schneller, als sie gedacht hatten, wurde den Freunden ihre Entscheidung abgenommen. Zahlreiche hübsche Mädchen wollten mit ihnen tanzen – auch mit Georgia. Arianna schoss Lucien böse Blicke zu, als er mit einem lebhaften, schwarzhaarigen Mädchen davonsprang, und Georgia sah Paolo Hilfe suchend an.
Der jedoch tanzte vergnügt mit Teresa.
Schließlich wurde sie von William Dethridge gerettet. Als eine neue Weise gespielt wurde, ließ er alle jungen Männer, einschließlich Georgia, in einem Kreis tanzen, während die Mädchen dazu klatschten und den Rhythmus stampften.
Georgia tanzte dort, wo sie am liebsten sein wollte, zwischen Lucien und Cesare, und alle sangen aus voller Kehle.
Enrico war der einzige Mensch in Remora, abgesehen von den treuen Widder-Anhängern, der an dem Rennen verdient hatte. Er hatte immer noch einen schönen Anteil von dem Silber, das er von Herzog und Papst erhalten hatte, und die Wetten hatten ihm noch mehr eingebracht. Jetzt überlegte er, ob er die Stadt verlassen sollte. Remora und der Umgang mit den Pferden gefiel ihm zwar, aber er glaubte, dass es nicht klug wäre, zu bleiben. Er war ein Pferdedieb und hatte jemanden entführt und gegen seinen Willen festgehalten, und wenn man das im Widder herausfand, war er in Gefahr.
Und all das hatte zu nichts geführt: Die Chimici hatten das Rennen verloren und Bellezza stand höher im Kurs als je zuvor. Die Nachricht von dem Sieg würde sich bald in ganz Talia verbreiten und andere Städte ermutigen sich gegen die Bündnisse mit dem Chimici zu widersetzen. Im Augenblick war der Herzog noch verrückt vor Schmerz, doch schon bald würde er sich wieder fangen und sich vielleicht daran erinnern, dass sein Spion versagt hatte.
Andrerseits war der Herzog die wichtigste Person, für die Enrico je gearbeitet hatte. Er gab ihn nur ungern auf. Vielleicht konnte er seinen Arbeitgeber überreden, dass er ihm auf eine andere Art nützlich sein könnte?
Doch erst mal musste er den Montonaioli gegenübertreten, denen er Geld schuldete. Enrico war ein Schurke, aber er war auch zutiefst abergläubisch. Er hatte ihnen das Glück
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