Stadt der Sterne strava2
gestohlen, aber ihren Gewinn wollte er ihnen nicht rauben.
Das Fest im Widder-Bezirk löste sich allmählich auf, als die Manusch sich versammelten, um wie gewöhnlich den Morgen zu begrüßen. Georgia saß auf den Stufen vor der Kirche und gähnte. Plötzlich war sie hundemüde. Sie sah, wie Rodolfo und Gaetano Arianna vom Platz fortgeleiteten. Am Brunnen machten sie Halt und Rodolfo kam zurück, um mit Silvia zu reden. Georgia sah das junge Paar zusammen verschwinden und bemerkte, wie Lucien ihnen in tiefer Verzweiflung nachsah.
Paolo trat auf Georgia zu. »Du siehst völlig erschöpft aus«, sagte er. »Kommst du mit in die Stallungen?«
Der gesamte Platz war mit umgekippten Stühlen, zerrissenen Fahnen, verschüttetem Wein und Speiseresten übersät.
Hunde machten sich über die Reste her und Männer mit langarmigen Kerzenlöschern erstickten die Flammen der letzten Fackeln. Plötzlich brach ein Handgemenge aus und Georgia sah, dass Cesare einen Mann in blauem Umhang am Wickel hatte. Sie und Paolo und ein paar andere junge Widder-Männer eilten ihm zu Hilfe.
»Das ist der Kerl, der mich entführt hat!«, sagte Cesare. »Und er hat wahrscheinlich auch Merla gestohlen. Trotzdem wagt er es, hier im Widder aufzutauchen!«
Ein paar der jungen Männer, die Enrico gepackt hatten, ließen ihn jetzt wieder los. Sie hatten sich erst jetzt an ihre gewonnenen Wettgelder erinnert und die waren ihnen wichtig. Doch so leicht sollte Enrico nicht davonkommen. Sie drehten alle seine Taschen um und leerten seine Beutel. Der Spion ließ es ohne Protest mit sich geschehen – lag doch der Großteil seines Silberschatzes sicher in Santa Fina. Cesare fand angewidert die vielen verschiedenfarbigen Halstücher in Enricos Beutel und nahm ihn dem Schurken kurzerhand ab. Aber am Ende ließen sie Enrico mit einem blauen Augen davonkommen.
»Was für eine schöne Nacht«, sagte Gaetano, der die Duchessa durch die engen Gassen zum päpstlichen Palast zurückbegleitete.
»Ein schöner Morgen, meint Ihr wohl.« Vorsichtig ging Arianna mit ihren roten Sandalen über das unebene Pflaster.
Ganz plötzlich beschloss Gaetano, dass er die Sache hinter sich bringen musste.
»Euer Gnaden«, sagte er und blieb unter einer der rauchenden Fackel stehen.
»Arianna, das ist vielleicht nicht der richtige Ort und die richtige Zeit, aber Ihr kehrt schon bald nach Bellezza zurück und ich kann nicht länger warten. Wir ha
ben fast einen Monat miteinander verbracht und kennen uns inzwischen recht gut. Ich möchte wissen, wie Ihr zu unserem Angebot steht. Wollt ihr mich heira
ten?«
»Na also«, sagte Arianna. »Das war doch nicht so schlimm, oder? Nicht elegant, nicht gerade romantisch, aber Ihr habt es geschafft.«
Georgia hielt sich an Cesare und Paolo fest, als sie in die Stallungen zurückkehr
te. Die Montalbani fanden es zwar nicht richtig, dass ihr siegreicher Reiter auf dem Heuboden schlafen sollte, aber das war es, was Georgia wollte. Cesare hängte Enricos Beutel mit den Halstüchern an einem Pfosten im Stall auf und umarmte sie ein letztes Mal. Paolo drückte sie ebenfalls an sich.
»Danke«, sagte er. »Du hast den Mut eines Kriegers. Du wirst dich schon gegen deinen Stiefbruder durchsetzen.«
Und damit war er fort. Lucien und Dethridge waren zusammen irgendwohin ver
schwunden und Georgia hatte keine Ahnung, wo Rodolfo und Silvia übernachte
ten, außer dass es wahrscheinlich im selben Haus war. Sie legte sich ins Stroh und hörte, wie Arcangelo und Merla und Sternenlicht und die anderen Pferde un
ter ihr schnaubten. Selbst Dondola war wieder da. Roderigo hatte sie nach Re
mora gebracht, nachdem er sie im Palast der Chimici abgeholt hatte.
Georgias Kopf war ein Kaleidoskop wirbelnder Farben und Formen – der Umzug, die Fahnen, die Pferde, der Lärm, der Anblick von Merla, wie sie über dem Cam
po schwebte, die leuchtenden Bänder der Manusch, die Küsse, die Musik, der Wein, die…
Gaetano stürzte in den Pfleghof. Der Herzog war in einem Stuhl an Falcos Bett fest eingeschlafen, aber Francesca war noch wach. Der Raum roch nach herun
tergebrannten Kerzen.
Gaetano zögerte und sah, dass Falcos Brust sich immer noch hob und senkte, wenn auch kaum merklich. Leise nahm er Francesca bei der Hand und führte sie aus dem Zimmer.
Draußen im Korridor fiel das Morgenlicht auf die Fresken an den Wänden – auf Szenen von Kranken, die zur Ader gelassen wurden oder sich, auf wundersame Art genesen, vom Lager erhoben. Hier fiel Gaetano
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