Stadt der Sterne strava2
zu umarmen. Das konnte er jetzt nicht mehr, selbst wenn er wollte. Er blieb, wo er war, und fragte sich, was seinen Bruder so in Eile versetzt hatte.
Kaum war sie zurück, ließ sie sich ein sehr warmes Bad mit duftendem Jojoba-Schaum ein. Sie konnte Russell vor der Badezimmertür herummeckern hören, aber es war eine von Mauras festen Regeln, dass Georgia nach dem Reiten heiß badete. Sie blieb im Wasser, bis es abkühlte, träumte von Remora und ließ immer wieder neues heißes Wasser nachlaufen.
Aufgeschreckt stellte sie fest, dass sie fast eingedöst war. Rasch stieg sie aus der Wanne und rubbelte sich heftig ab. Sie zog ihre Unterwäsche und ihren Bademantel an und ließ ihre Reitersachen in den Wäschekorb fallen – nicht ohne vor
her das geflügelte Pferd aus der Tasche ihrer Reiterjacke geholt zu haben. Sie ließ es nie zurück. Nicht, solange Russell herumlief.
Gaetano lief die Marmortreppe hinauf und nahm immer zwei Stufen auf einmal.
Der Diener am Portal hatte ihm gesagt, wo Falco war. Er zögerte nicht, sondern rannte auf Falco zu und umarmte ihn – zum ersten Mal seit zwei Jahren.
»Bruder«, keuchte er, »ich musste dich sehen. Vater will, dass ich heirate!«
Falco war gerührt. Er erwiderte Gaetanos Umarmung liebevoll und sah ihm in das besorgte Gesicht.
»Wer ist sie?«, fragte er. »Du scheinst ja nicht begeistert darüber zu sein.«
»Ach, was das angeht, ist es mir egal«, sagte Gaetano etwas verbitterter, als er beabsichtigt hatte. »Ich habe nie erwartet, dass ich dabei selbst mitreden kann.
Aber ich hatte mir schon eingebildet, Vater wolle, dass ich in die Kirche ginge.«
»Und bist du enttäuscht?«, fragte Falco überrascht.
»Nein, nein.« Gaetano schritt ungeduldig in der Loggia auf und ab. »Du verstehst nicht. Es geht nicht nur um mich. Mir scheint, dass Vater jetzt beschlossen hat, dass du der nächste Papst in der Familie werden sollst!«
Falco war wie vor den Kopf geschlagen. Sein klarer Verstand begriff alles rasch, genau wie der seines Bruders. Er war nicht mehr der schöne junge Sohn, der geeignet war eine Krone zu erwerben oder in eine der Fürstenfamilien Talias zu heiraten. Von keiner Frau konnte man erwarten, dass sie ihn nahm. Er konnte also gut in die Kirche abgeschoben werden. Er würde alt werden, ohne die Berührung einer Frau – außer der seiner Schwester und seiner Mutter – erlebt zu haben.
Und wenn Onkel Ferdinando schließlich starb, würde er als Kardinal zur Wahl stehen. Die Wahl würde manipuliert werden und er würde Papst.
Falco liebte seinen Vater, aber er gab sich keiner falschen Vorstellung über ihn hin. Niccolò würde alles arrangieren, und wenn er vor Ferdinando sterben würde, würde er sichergestellt haben, dass sein Nachfolger Luca seine Pläne verwirklichte. Falco hatte das Gefühl, dass seine gesamte Zukunft schon festgelegt war, obwohl er doch erst dreizehn war. Ein kleiner Teil seines Kopfes hatte nicht mal etwas dagegen. Er könnte ein großer geistlicher Gelehrter werden, Abhandlungen über Philosophie schreiben und sich zum Kenner feiner Weine entwickeln. Er sah es schon vor sich. Aber er war doch noch ein Junge, wenn auch ein sehr kluger, und er hatte sich noch nicht ganz damit abgefunden, dass sein selbstbestimmtes Leben vorbei sein sollte.
Gaetano sah niedergeschlagen aus. »Ich kann nicht zulassen, dass er das mit dir macht. Wir müssen uns etwas anderes ausdenken. Das Mädchen, das ich heiraten soll, ist die neue Duchessa von Bellezza. Sie ist noch sehr jung – jünger als ich. Vater hat mir ein Porträt von ihr gezeigt; sie ist sehr schön.«
»Das sind sie auf Bildern doch immer, oder?«, sagte Falco. »Erinnere dich an die Geschichte von Prinzessin Rosa Miranda.«
Gaetano lächelte sein breites, schiefes Lachen. Diese Geschichte war eine seiner besten gewesen. Sie hatte die Brüder eine ganze Weile beschäftigt – eine lange, komplizierte Geschichte von betrogener Liebe und Familienfehden und vielen aufregenden Schwertkämpfen. Gaetanos Herz zog sich zusammen, wenn er an die Zeit dachte, als es Falco genauso viel Freude gemacht hatte, als Baron von Moresco von Stufe zu Stufe zu springen wie in einen alten blauen Samtvorhang gehüllt die schöne Prinzessin zu spielen.
»Hör zu«, sagte Gaetano. »Diese Duchessa. Ihr Vater und der Regent bis zu ihrer Volljährigkeit ist ein gewisser Rodolfo Rossi. Er ist ein mächtiger Zauberer. Vater hat mir erzählt, dass er zu den Stravaganti gehört.«
Falcos Augen wurden noch
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