Stadt der Sterne strava2
Aufgabe noch nicht so ganz bei der Sache. Er sollte für den Papst die Rivalen der Zwillinge ausspionieren und er hatte beschlossen mit dem Widder zu beginnen, aber er rechnete nicht mit schnellen Ergebnissen.
Enrico war gründlich. Nach dem Widder-Bezirk würde er den Bezirk des Stiers auskundschaften, einem weiteren Feind der Zwillinge von alters her. Und dann würde er sehen, was er in den Stallungen der Waage herausfinden konnte, die ja seit langem mit der Jungfrau über Kreuz stand. Und natürlich würde er auch im Bezirk der Jungfrau selbst die Augen offen halten. Er stand zwar in Diensten bei Papst und Herzog, aber wenn man Spion war, gab es immer noch weitere Betätigungsmöglichkeiten, und Enrico war es gewohnt, mehrere Eisen im Feuer zu haben.
In Remora war er in seinem Element. Wie sein früherer Herr Rinaldo hatte auch er es nicht ertragen können, in einer Stadt ohne Pferde zu leben. Und er hatte eine Abneigung gegen den Ort entwickelt, der ihn seiner Verlobten beraubt hatte.
Aber da spielte noch mehr mit. Es gefiel ihm, dass sich in Remora alles um uralt hergebrachte Feindschaften und Bündnisse drehte. Und die Raffinesse, mit der das große alljährliche Rennen manipuliert wurde, sagte ihm ebenfalls zu.
Auf der Spur des Widder-Jungen kam auch Enrico vor die Stadt und hatte plötzlich große Stallungen vor sich. »Wie interessant«, murmelte er. »Ich glaube, mein Pferd braucht Rast.«
Völlig benommen verließen Georgia und die beiden Jungen den Stall. Sie wollten sich die Stadt ansehen und ihre Pferde später abholen. Georgia schwieg und dachte über das Gesehene nach. Ehe sie es richtig bemerkte, standen sie wieder auf dem Platz mit der riesigen Kirche.
Jetzt konnte sie sehen, dass Lucien genauso beeindruckt von Santa Fina war wie sie zuvor. Seine Kutsche war um die Stadt herumgefahren, da die Gässchen zu eng waren, und deshalb waren ihm die außergewöhnlichen Bauten bisher entgangen. Auch wenn er inzwischen Talianer war, konnte er nicht umhin, Santa Fina mit den Augen des Menschen aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert zu sehen.
»Wie findest du es?«, fragte Georgia.
»Es erinnert mich an Montemurato, wo ich Doktor Dethridge kennen gelernt habe. Dort gibt es auch so viele Türme, aber sie stehen am Rand der Stadt. Der Doktor hat dort in einem Stall gearbeitet.«
Da Georgia so wenig über Luciens neues Leben wusste, hatte sie viele Fragen.
Aber vor Cesare traute sie sich nicht so recht sie zu stellen.
»Ihr solltet das Innere der Kirche sehen«, sagte der jetzt. »Sie ist für ihre Gemälde berühmt.«
Die drei jungen Leute erklommen die Stufen zu der kahlen Fassade der Kirche.
Vom strahlenden Sonnenlicht draußen traten sie in eine Düsternis, die ähnlich war wie die in Roderigos Scheune. Doch diese Dunkelheit war kalt, nicht warm und vertraut durch den Pferdegeruch. Hier roch es nach Weihrauch und beim Altar war die Kirche schwach von großen Kerzen erleuchtet.
Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnten sie sehen, dass die Wände mit Fresken bedeckt waren. Georgia erkannte Szenen aus dem Leben Christi. Doch dann entdeckte sie eine Seitenkapelle mit anderen Bildmotiven: mit Leda und dem Schwan, mit einem riesigen Seeungeheuer – und auch mit Pegasus, der sich in die aufgemalten Wolken erhob. Sie machte Cesare und Lucien auf das geflügelte Pferd aufmerksam.
Auf dem Boden war ein kreisförmiges Muster aus Marmor in den Boden eingelassen, das an den Campo delle Stelle erinnerte. Um den Rand herum waren die Tierkreiszeichen abgebildet und es war aufgeteilt wie die große Piazza, nur dass die Segmente mit Sonne und Mond fehlten. In einer englischen Kirche wäre das ganz undenkbar gewesen, dachte Georgia, aber in Santa Fina kam es ihr ganz normal vor.
Während sie in der Kirche waren, schwiegen sie alle, beeindruckt von der Atmo
sphäre dort. Doch dann traten sie in einen kühlen Kreuzgang, der ein quadrati
sches Rasenstück mit einem Brunnen umschloss. Und irgendwo dahinter ertönte der Klang einer Harfe.
Der Ritt war nicht so schlimm, wie Falco befürchtet hatte. Er ließ sich von den kräftigen Armen Gaetanos hochheben und vor den Sattel setzen, wo er sich an der Mähne des Pferdes festklammerte. Sein rechtes Bein hing schlaff herab, doch das linke Knie zog er instinktiv an und drückte es an die Flanke des Pferdes. Fal
co vergrub sein Gesicht in der struppigen Mähne und zog die Luft ein. Wie schön, wieder auf einem Pferd zu sitzen! Rasch schwang sich
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