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Stadt der tausend Sonnen

Stadt der tausend Sonnen

Titel: Stadt der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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nicht, wo sie sind?«
    »Nein. Aber etwas anderes Interessantes. Erinnerst du dich an den Spruch am Springbrunnen?« Als Alter nickte, fuhr er fort. »Er stammt von einem Dissipoeten namens Vol Nonik. Von einem Augenzeugen erfuhr ich, daß Clea und Catham ihn in einem Hubschrauber fortbrachten.« Er berichtete ihr alles.
    Alter pfiff durch die Zähne. »Merkwürdig.«
    In diesem Augenblick summte das Videofon. »Ist Jon da?« fragte die Herzogin. »Ah, ja. Der Archivar wird mich wohl nicht so schnell vergessen, so wie ich ihn drängte, aber dafür habe ich etwas über Nonik erfahren. Er war ein sehr intelligenter Schüler, wenn auch nicht immer ausgesprochen fleißig. Aber er bekam trotzdem ein Stipendium für die Universität, wo er Sprachen und Soziologie studierte. Soziologie hatte er bei Catham.«
    »Kannten sie einander näher?« fragte Jon.
    »Vermutlich. Er war für Cathams Seminar über das Amerika des zwanzigsten Jahrhunderts eingeteilt, zu dem nur sechs, persönlich von Catham ausgewählte Studenten zugelassen waren.«
    »Du sagst, er war dafür eingeteilt. Ging etwas schief?«
    »Er wurde wegen ›ungebührlichen Betragens‹ von der Universität verwiesen. Ein genauerer Grund war nicht angegeben.«
    »Vielleicht hat er unfeine Verse über die Professoren gereimt.« Jon grinste. »Zumindest wissen wir jetzt, daß sie sich kannten. Nun müssen wir nur noch herausfinden, was sie miteinander zu tun haben.«
    »Dazu hat Arkor vielleicht eine Antwort. In der Woche, als Nonik relegiert wurde, kaufte Catham ein Transceivicule. Das ist ein winziger Sender-Empfänger. An dem Wochenende, als Nonik die Universität verließ, hatten sich sowohl er als auch Catham vom Universitätsarzt ein Transceivicule durch operativen Eingriff in die Kehle einpflanzen lassen.«
    »Soll das heißen, daß die beiden seither in ständiger Funkverbindung standen?«
    »Allerdings.«
    »Aber warum in aller Welt?« fragte Alter.
    »Das weiß ich natürlich nicht. Doch was die Abholung durch den Hubschrauber betrifft, bin ich sicher, daß Catham und Clea lediglich Noniks Signalen zu folgen brauchten.«
    »Was ist mit Clea und Nonik?« wollte Jon wissen. »War meine Schwester zur gleichen Zeit auf der Universität wie er?«
    »Das schon, aber ich glaube nicht, daß sie Kontakt miteinander hatten. Clea beendete ihre letzten Semester, während Nonik gerade erst anfing. Tja, mehr weiß ich nicht.«
    »Das ist doch schon eine ganze Menge«, meinte Alter.
    »Nur verrät sie uns nicht, wo die drei miteinander hin sind, noch weshalb sie einfach verschwanden. Petra, gibt es irgendwelche Unterlagen über den Hubschrauber? Und, weil wir gerade dabei sind, vielleicht Hinweise, wie wir den Feind aufhalten könnten – ich meine uns selbst?«
    »Ich – ich weiß es nicht, Jon. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Der Rat tut, als wäre nichts geschehen, ist aber in Wirklichkeit vor Panik halb gelähmt, weil ihm klar ist, daß es zu noch Schlimmerem kommen wird. Vielleicht bleibt uns nichts übrig, als selbst nach Telphar zu reisen. Aber sonst weiß ich nichts.«
    »Wir werden sie finden«, versprach Jon. »Und wenn nicht, brechen wir nach Telphar auf.«
    Die Herzogin gewann ihre Fassung zurück. »Versucht, in Noniks Pension etwas zu erfahren. Etwas anderes fällt mir nicht ein.«
    »Machen wir.« Petra schaltete ab. Jon wandte sich an Alter. »Bist du zu einem Spaziergang bereit?« Er runzelte die Stirn, als er sich erhob. »Sie ist müde.«
    »Ja, ich habe es auch bemerkt, Jon.«
    »Aber das wären wir sicher auch, wenn wir die Sorge für ein ganzes Land hätten und auf den Rat – ein Haufen panikerfüllter Tattergreise – einerseits, und auf einen siebzehnjährigen König andererseits, aufpassen müßten, der die letzten drei Jahre vom Hof fern war. Nun gut, daß er wenigstens klug ist und auf sie hört.«
     
    Die Nacht drang schwarz in die engen Gassen. Je näher sie dem Kessel kamen, desto enger drängten die Häuser sich zusammen, desto niedriger und verkommener waren sie. Obgleich es bereits spät war, herrschte mehr Betrieb auf den Straßen als im Nabenteil der Stadt.
    Alter lächelte, als sie an zwei Männern vorbeikamen, die sich um ein Bündel stritten, das offensichtlich alte Kleidung enthielt. »Ich wette, sie haben das Zeug gestohlen und können sich jetzt nicht einigen, wer was bekommen soll.« Sie bogen um eine Ecke. »Die Kneipe müßte ganz in der Nähe sein. Wenn ich daran denke, wie ich mich hier herumgetrieben habe, bekomme ich

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