Stadt der Toten
überhaupt Wache? «
» Man kann nie wissen, Bruder. Sie könnten einen Weg herein finden. Vielleicht, indem sie eine Bombe oder so was in die Finger kriegen. «
» Wenn wir nur so viel Glück hätten. «
Carson hob den glimmenden Stummel auf, sog daran und ging hinüber zu seinem Freund.
» Jetzt mal ernsthaft, Kilker. Was stimmt mit dir nicht? Du führst dich ziemlich merkwürdig auf, Mann. «
» WeiÃt du, was heute ist? «
Carson kratzte sich am Kopf. » Dienstag, glaube ich. Ehrlich gesagt achte ich nicht mehr so besonders darauf. Scheint mir irgendwie sinnlos. «
» Heute wäre der Geburtstag meines Vaters. «
» Oh. WeiÃt du was? Wenn wir Feierabend haben, kippen wir ihm zu Ehren ein paar Tequila. Wie hört sich das an? «
Kilker ignorierte ihn. Seine Augen blickten ins Leere. In der Stille war das Summen im Aufzugsschacht zu hören. Als er weitersprach, klang seine Stimme wie aus weiter Ferne kommend.
» Bist du mit deinem Vater gut ausgekommen, Carson? «
» Früher schonâ bis etwa zur zehnten Klasse, als er herausfand, dass ich schwul bin. Danach haben wir nicht mehr miteinander geredet. Meine Mama hat sich auch von mir abgewandt. Sie wollte immer ein Enkelkind. Schätze, ihr ist nie in den Sinn gekommen, dass ich auch eines adoptieren könnte. «
» Ich habe meinen Dad geliebt. Er hat nie über mich geurteilt und mich bei allem unterstützt, was ich je getan habe. «
Die Aufzugsklingel ertönte, und die Türen öffneten sich. Kilker stieg ein, und die Türen glitten wieder zu.
Carson streckte einen Stiefel dazwischen.
» Hör mal, Kumpel, ich weiÃ, dass du in letzter Zeit depressiv bist, aber was soll das werden? Willst du aussteigen, oder was? «
» Ich brauche bloà ein wenig frische Luft. Kommst du mit? «
Der flehentliche Tonfall seiner Stimme verursachte Carson Gänsehaut.
» Na schön, Mann, aber lange können wir nicht weg. Höchstens fünf Minuten. Abgemacht? Ich hab keine Lust drauf, dass uns Bates oder Forrest in den Arsch treten. «
Kilker lächelte. » Abgemacht. «
Carson hob seine MAC -11 auf und stellte sich neben Kilker. Mit einem leisen Zischen schlossen sich die Türen. Kilker drückte einen Knopf am Schaltpult, und der Aufzug setzte sich nach oben in Bewegung.
» Hey, du hast den falschen Knopf gedrückt. Das ist Mr. Ramseys Etage. Dort dürfen wir nicht hin. «
» Wir laufen Mr. Ramsey schon nicht über den Weg « , beruhigte Kilker seinen Gefährten leise. » Wir steigen aus dem Fahrstuhl und gehen zur Feuertreppe. «
» Wozu? Um noch tiefer in die ScheiÃe zu waten? «
» Nein. Vertrau mir. «
» Mann, du hast echt einen an der Waffel. «
Kilker überging die Bemerkung. » Ich hatte nie Gelegenheit, meinem Dad Lebewohl zu sagen. Bevor diese Dinger die Stadt übernahmen, während der Aufstände, als die Telefone noch funktionierten, habe ich zu Hause angerufen. Ich wollte bloà mit ihm reden, ihm sagen, dass ich ihn liebe und stolz auf ihn bin. Deshalb habe ich angerufen, und er ging ans Telefon. «
» Und du konntest es ihm sagen? Das ist doch gut, Mann. Das ist mehr Glück, als die meisten Menschen hatten. «
Kilker schüttelte den Kopf. » Nein, ich konnte es ihm nicht sagen. «
» Aber er ging doch ans Telefon? «
» Das schonâ nur war es nicht er. « Die Züge des jungen Mannes verfinsterten sich, und er blinzelte Tränen fort. » Er war es nicht. Es war eines dieser verfluchten Dinger! Es hat in ihm gelebt. «
» ScheiÃe. «
» Ja. Zuerst dachte ich, er sei es, obwohl er sich seltsam anhörte. Aber dann fing er an, diese Dinge zu sagenâ grässliche Dinge. Und da wusste ich es. «
» Das ist beschissen, Kumpel. Tut mir leid. «
Kilker schniefte und wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Der Aufzug hielt an, und die Türen glitten auseinander. Er trat hinaus.
» Kilker. « Carson ergriff ihn am Arm. » Wohin gehen wir? «
» Hab ich dir doch gesagt « , flüsterte Kilker. » Zur Treppe. Ãber die Feuertreppe kommt man aufs Dach. «
» Aufs Dach? Bist du jetzt völlig übergeschnappt? «
» Nein. « Seine Stimme kippte vor Trauer. » Nur müde. Und ich binâs leid. Wenn das ein Leben sein soll, dann will ich nicht mehr leben. «
Damit riss er sich los und stapfte auf die
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