Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
mit besserem Lohn? War sie eine Studentin mit einem Nebenjob, dass sie sich die Sachen leisten konnte?
Jess nahm den Beutel mit dem pinkfarbenen Mantel auf.
»Das ist das markanteste Kleidungsstück, und ich würde sagen, auch das teuerste. Damit gehen wir an die Öffentlichkeit. Wir bringen ein Bild in der Presse, und mit ein wenig Glück im Fernsehen.« Für einen Moment stand sie mit dem Plastikbeutel in der Hand stirnrunzelnd da.
»Ich würde trotzdem gerne wissen, warum er sie so nah beim Eingang von diesem Kuhstall hingelegt hat. Als hätte er gewollt, dass man sie findet. Es gibt ein Dutzend bessere Verstecke auf der Farm.«
»Haben Sie je versucht, einen Leichnam zu bewegen?«, fragte Palmer. »Ich kann Ihnen eins verraten – es ist verdammt schwer. ›Totes Gewicht‹ ist nicht nur so ein dahergesagter Ausdruck. Vielleicht hat er sie bis zum Eingang geschleppt und konnte nicht mehr weiter. Man braucht nicht viel Kraft, um jemanden zu erwürgen, eher Ausdauer und Beharrlichkeit. Aber um jemanden über die Farm zu schleifen … vielleicht war er nicht stark genug.«
»Oder es war kein Er«, sagte Jess. »Vielleicht war es eine Sie.«
Die Neuigkeit von der »Toten im Kuhstall« war raus. Später an jenem Nachmittag hielten Superintendent Carter und Jess Campbell eine hastig einberufene Pressekonferenz ab und baten die Öffentlichkeit um Mithilfe bei der Identifikation des Opfers. Sie gaben Photographien des rosafarbenen Mantels heraus.
Sie war eine kleine, stämmige junge Frau mit einem Schopf gelbbrauner Haare und rauchgrauen Augen. Phil Morton meinte fast, den Rauch aus ihnen aufsteigen zu sehen. Er wünschte, sie würden ihn ein wenig freundlicher ansehen. Es war Mittwochmorgen.
»Miss Svo-bo-dova …« Er brach ab.
Sie beugte sich vor, und ihre Aggressivität nahm unverkennbar zu. » Svobodová! «, verbesserte sie ihn.
»Ich war noch nie gut mit Fremdsprachen«, gestand Morton.
Sie starrte ihn an, als glaubte sie ihm.
Er versuchte es erneut. »Svobod-ova …« Er hob die Hand. »Sie müssen sich wohl damit abfinden, wie ich es ausspreche, okay? Oder darf ich Sie einfach Milada nennen? Das wäre leichter für mich.«
»Sie können mich nennen, wie Sie wollen!«, sagte sie. »Aber schneiden Sie dabei nicht so eine Grimasse!«
»Hab ich doch gar nicht!«, protestierte Morton in dem unbehaglichen Gefühl, dass die Rollen bei dieser Befragung vertauscht sein könnten.
»Haben Sie doch. Sie können sich nicht selbst sehen. Ich kann Sie sehen. Haben Sie einen Namen, Sergeant?«
»Morton«, antwortete er.
»Tsss, tsss.« Sie winkte ärgerlich ab. »Ist das Ihr Vorname? Sie wurden doch getauft, oder?« Sie starrte ihn zweifelnd an.
»Ja, ich wurde getauft!«, schnappte Morton. »Ich heiße Philip, wie mein Dad.«
»Gut, na dann. Wenn ich Philip Morton sagen kann, ohne eine Grimasse zu schneiden, dann können Sie mir die gleiche Höflichkeit erweisen, meinen Sie nicht?«
»Was können wir für Sie tun, Milada?«, fragte Morton müde. »Sie sagen, Sie wollen mit einem Beamten über die unbekannte Tote reden, die vor einigen Tagen gefunden wurde?«
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Ihr aufsässiger Gesichtsausdruck wich Traurigkeit, als sie Morton jetzt ansah. Sie hatte volle, wohlgeformte Lippen, die sie nach unten verzog, und Morton wünschte sich einmal mehr, aus einem Grund, den er nicht zu artikulieren vermochte, sie würden sich nach oben biegen und ihn anlächeln. Und er wünschte, dass sich dieses Lächeln in den grauen Augen widerspiegelte.
»Sie war meine Freundin«, sagte sie leise. »Ich bin ganz sicher.«
»Wieso denken Sie das?«
»Sie ist verschwunden. Ich kann sie nirgends finden. Ich muss ihre Schicht zusätzlich zu meiner arbeiten.«
Morton nahm einen Stift und zückte sein Notizbuch. »Wo genau arbeiten Sie beide, und wie lautet der Name Ihrer Freundin?« In seine Stimme schlich sich ein besorgter Unterton.
»Eva Zelená«, antwortete sie. »Wir wohnen und arbeiten beide im Foot to the Ground . Das ist ein Pub und ein Restaurant. Ich weiß, es ist ein eigenartiger Name, aber …« Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist auf dem Land, und es ist sehr einsam dort, aber es kommen viele Gäste.«
»Ich glaube, ich kenne das Lokal«, sagte Morton. »Oder zumindest weiß ich, wo es ist. Es heißt, das Essen soll sehr gut sein, aber auch recht teuer. Wie lange arbeiten Sie beide schon dort?«
»Eva hat vor mir angefangen. Als ich kam, war sie schon, äh, zwei Monate dort.
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