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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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eins.«
    Conrad hörte, wie Yeats den Stab in die Dunkelheit warf. Er zählte leise mit, während er seine Digitalkamera herauszog, um im Bild festzuhalten, was sie gleich sehen würden. Ein paar Sekunden später war die ganze Kammer in Licht getaucht.
    Conrad schirmte seine Augen ab und schwenkte die Kamera auf etwas, das flüchtig betrachtet einem Steinkrater glich. Als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten, sah er, dass sie sich tatsächlich am Rand eines etwa 70 Meter tiefen Kraters befanden, dessen Durchmesser fast eine Meile maß.
    Die Flamme zischte und ging aus. Conrad und Yeats waren wieder in völliger Finsternis.
    »Zeig mal, was du aufgenommen hast.«
    »Sofort.«
    Conrad spielte die Bildfolge auf dem flachen Display der Kamera ab. Im Dunkeln leuchteten die Bilder hell auf.
    »Stopp«, sagte Yeats.
    Conrad schaltete auf Standbild. Irgendetwas war da mitten im Krater zu sehen. Ein Kreis oder ein Rad.
    »Kannst du es heranzoomen?«
    »Etwas schon.«
    Conrad zitterten die Hände vor Aufregung, während er das Bild vergrößerte, bis es das Display ganz ausfüllte. Es war immer noch zu unscharf, um etwas klar erkennen zu können.
    »Gehen wir weiter«, sagte er.
    Conrad und Yeats gingen gemeinsam auf die Mitte zu. Sie mussten aufpassen, dass sie auf dem schrägen Boden nicht das Gleichgewicht verloren. Conrad spürte sein Herz heftig schlagen. Eine derartige Kammer hatte er weder bei den Ägyptern noch bei den Aimaras erforscht. Er kannte nichts, was der hiesigen Dimension annähernd glich.
    Nach einer halben Meile befahl Yeats, stehen zu bleiben.
    Conrad richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf den Boden. Zehn Meter vor ihnen konnte er etwas erkennen. Auf einer ovalen Kartusche, die mitten in den glänzenden Steinboden eingelassen war, leuchteten vier Ringe wie prachtvolle Siegel.
    Yeats pfiff leise. »Da haben wir ja endlich die Inschriften für Mutter Erde.«
    »Nicht unbedingt.« Conrad atmete schwer. Ein Teil in ihm wollte zurücklaufen und sie holen. Ein anderer Teil weigerte sich zuzugeben, dass er das nicht allein entziffern konnte. »Eine Ikone oder ein Symbol.«
    »Dann kannst du also auch sagen, was das bedeutet?«
    »Dafür krieg ich ja die dicke Kohle.«
    Conrad ging in die Raummitte. In der ovalen Kartusche war eine Hieroglyphe eingeritzt, die er schon einmal gesehen hatte. Sie stellte einen Gott oder König dar, der in einer Art mechanischer Vorrichtung saß. Er sah wie ein bärtiger Weißhäutiger aus und trug eine kunstvolle Verzierung auf dem Kopf, eine Atef-Krone. Und er hielt so etwas Ähnliches wie ein Zepter in der Hand. Es sah wie ein kleiner Obelisk aus.
    »Diese Figur kommt mir irgendwie bekannt vor«, hörte Conrad sich sagen. »Aber ich komm nicht drauf.«
    Conrad betrachtete weiterhin die Kartusche. Das eingravierte Bild glich den symbolischen Darstellungen der Götter Huiracocha in den Anden und Quetzalcoatl in Zentralamerika. Aber dieses fremdartige Symbol erweckte in ihm etwas Urzeitliches, Angsteinflößendes. Plötzlich wusste er auch, warum.
    »Diese Pyramide ist Osiris geweiht.« Conrads Stimme zitterte.
    »Na und?«, sagte Yeats. »Die meisten Pyramiden sind doch einem Gott gewidmet.«
    »Du begreifst nicht«, sagte Conrad aufgeregt. »Dieses Siegel deutet darauf hin, dass die P4 vom König der Ewigkeit, dem Herrn der Urzeit beziehungsweise dem Schöpfer der Welt gebaut wurde.«
    »Urzeit?«
    »Ja, die Zeit der Entstehung der Welt, von der ich dir in der Eisstation Orion erzählt habe, also die Zeit, als die Menschheit aus der Ur-Finsternis entstand und von den Göttern die Gaben der Zivilisation erhielt. Alte ägyptische Texte sagen, dass diese Gaben und Techniken durch ›Vermittler‹ eingeführt wurden. Das waren weniger bedeutende Gottheiten, Urshu genannt, das heißt ›Wächter‹.«
    Yeats dachte nach. »Du glaubst also, dass diese Urshu die Bewohner von Atlantis waren und die P4 erbaut haben?«
    »Schon möglich«, sagte Conrad. »Serena wird da sicherlich ihre eigenen Schlüsse ziehen. Aber wir haben hier zweifelsohne den Ursprung der Welt gefunden.« Triumph lag in seiner Stimme. »Die menschliche Urkultur.«
    »Die Urzeit.«
    »Die Urzeit«, wiederholte Conrad und sprach die Worte in seinem besten Altägyptisch: » Zep Tepi .«
    Kaum waren die Wörter aus seinem Mund gekommen, wirbelten sie mit zentrifugaler Kraft aus der Mitte des Kraterbodens durch die Kammer. Der Untergrund bebte.
    Plötzlich sprang die Kartusche auf. Conrad wich stolpernd zurück,

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