Stadt unter dem Eis
Backofen aus Stein glich, der etwa die Größe eines Olympiastadions besaß. Und in dieser Kammer befanden sich vier amerikanische Soldaten – zwei Männer und zwei Frauen –, die wortlos ihre Waffen abgaben.
Irgendwie schien es aus diesem Grab keinen Weg hinaus zu geben. Als schließlich die Versuche scheiterten, Wlad und den Rest der Mannschaft oben in der Eisstation Orion per Funk zu erreichen, schwante Kowitsch bereits das Schlimmste.
Er war an der Nase herumgeführt worden, stellte er fest. Das hier war eine Falle. Sie waren in das Massengrab gelockt worden und sollten da sterben. Bis es so weit war, würden die Amerikaner ihren langsamen Abstieg in den Wahnsinn mit versteckten Kameras filmen, um das Video dann neuen Rekruten als Anschauungsmaterial vorzuführen.
Schließlich fand einer seiner Leute doch noch einen Durchgang.
Kowitsch ließ ein paar Soldaten zurück, die die Amerikaner bewachen sollten, und ging mit den anderen dann den niedrigen viereckigen Tunnel hinab, bis sie zu einer Plattform kamen, von der aus man einen riesigen Gang sah, der ein Tunnel der Moskauer U-Bahn hätte sein können. Er war mindestens einhundert Meter hoch, schätzte er. In Boden und Decke und die glänzenden Mauern waren zwölf Meter breite und sechs Meter tiefe Rinnen eingelassen.
»Sehen Sie mal, Oberst!«, rief ein Soldat und deutete in den Abgrund. »Da geht's weiter!«
Kowitsch blickte über den Rand und konnte seinen Augen nicht trauen. In einem der Kanäle sah er zwei Seile, die ihn geradezu aufforderten, weiter hinabzusteigen.
In seinem aufgewühlten Inneren stieg eine Ahnung hoch, die durch die umherwirbelnden Bilder von Fastfood, Bikinis, Ginsu-Messern und Selbstverwirklichungsseminaren drang. Diese Ahnung teilte ihm unmissverständlich mit, dass er und seine Leute hier ihr Leben lassen würden; dass sie es nie wieder zurück zur Oberfläche schafften.
Mit fröstelnder Klarheit fällte Kowitsch die letzte strategische Entscheidung seines Lebens: Wenn sie aus diesem Grab nicht mehr herauskamen, dann sollten es die Amerikaner auch nicht mehr können.
17
Abstieg, 7. Stunde
Im unterirdischen Höllenkessel der P4 hielt Conrad gerade eine kalte Feldflasche an seine verbrühte Stirn, als aus dem Schacht ein mattes Glühen über den Kraterboden kroch. Die Brandwunde schmerzte zwar weiterhin, aber dennoch nahm er die Flasche weg. Einzelne Haare der versengten Augenbraue hafteten am Kondenswasser.
»Die Situation heizt sich ganz schön auf«, bemerkte Yeats. »Wir sollten zusehen, dass wir hier rauskommen, bevor wir von einem weiteren Feuerausbruch verbrutzelt werden. Mit den Frostbeulen an der Hand und den Verbrennungen im Gesicht hast du schon genug Schläge einstecken müssen.«
»Wir sollten wenigstens noch die Temperatur messen. Du hast doch einen Hitzesensor dabei, oder?«
Yeats zog einen kleinen Ball aus dem Rucksack. »Die Hülle ist aus demselben Material, das die NASA für die Außenverkleidung des Spaceshuttles verwendet«, sagte Yeats. »Achtung!«
Er warf den Ball in den Schacht. Kurz darauf erschienen die Zahlen auf seinem Handcomputer. Conrad sah sie sich an.
»Der hitzebeständige Sensor ist nach vier Meilen verglüht. Davor hat er eine Temperatur von gut 5.000 Grad Celsius gemessen.«
»Allmächtiger! Genauso heiß wie die Sonnenoberfläche.«
»Oder wie der flüssige Erdkern«, sagte Conrad. »Ich glaube, das hier ist ein geothermischer Spalt.«
»Ein geothermischer Spalt?« Yeats kniff die Augen zusammen. »So was wie die Dinger im Meer?«
Conrad nickte. »Einer meiner Professoren von früher hat eine solche heiße Stelle mal in Ecuador entdeckt, ungefähr fünfhundert Meilen vor der Küste in einer Tiefe von dreihundert Metern. Auf dem Meeresboden gibt es kaum Leben, weil es dunkel ist und die Temperatur um den Gefrierpunkt liegt. Aber dort, wo sich Risse in der Erdkruste befinden, entweicht die Hitze aus dem Erdkern und wärmt das Wasser. Deshalb können bestimmte Arten von Meerestieren – Felskrabben, Muscheln, aber auch bis zu drei Meter lange Würmer – dort überleben.«
Conrad sah sich um. Bei dieser geothermischen Kammer musste es sich um so etwas Ähnliches handeln. Blieb nur noch die Frage, ob die Erbauer von Atlantis die P4 über einem bereits existierenden Riss in der Erdkruste errichtet hatten, um die Wärme auszunutzen, oder ob sie über eine derart fortgeschrittene Technik verfügten, dass sie den Erdkern anzapfen konnten und dadurch quasi einen unbegrenzten
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