Stadt unter dem Eis
sich im Dunkeln auf und ab. Conrad wich zurück und sah seinen Vater an.
»Wer ist das?«, flüsterte er.
»Weiß nicht. Gehören aber auf keinen Fall zu meinen Leuten. Los, weiter.«
Sie machten sich durch den langen dunklen Verbindungstunnel auf den Weg. Der Korridor war zehn Meter hoch, wirkte aber nach den gewaltigen Ausmaßen des großen Gangs, in dem sie noch kurz zuvor gewesen waren, viel kleiner. Nach ungefähr 400 Metern in Richtung Süden bog der Gang scharf in einen größeren Tunnel mit einer doppelt so hohen Decke ein.
»Hier entlang.« Yeats richtete die Lampe auf den Boden.
Ungefähr 100 Meter vor ihnen musste sich entweder ein Durchgang oder das Ende des Tunnels befinden. Noch war das schwer zu sagen. Aber dann spürte Conrad einen Luftzug. Er sah nach oben und entdeckte einen Schacht in der Decke. Im Boden befand sich im selben Winkel noch ein weiterer solcher Schacht.
»Das könnte einer der beiden zusätzlichen Sternschächte zur Geheimkammer sein«, sagte Conrad. »Ich glaube, er kreuzt diesen Korridor. Ich lasse am besten mal ein Seil runter, um ganz sicher zu sein.«
»Ich gehe diesen Gang noch ein Stück weiter«, sagte Yeats. »Mal sehen, was ich da finde. Ich komme dann zurück. Vielleicht hast du bis dahin auch was rausgefunden.«
Conrad beobachtete Yeats, wie dieser verschwand. Dann ließ er das Seil den Schacht hinunter. Er schielte gerade vorsichtig über den Rand, da hörte er auf einmal ein Stiefelscharren hinter sich. Blitzartig drehte er sich um und blickte in ein Paar grüne Augen, die im Durchgang leuchteten.
»Wer zum Teufel sind Sie?«
Die Gestalt mit der Nachtsichtbrille hob eine Kalaschnikow hoch. »Dein schlimmster Feind«, sagte sein Gegenüber mit starkem russischem Akzent und fingerte an seinem Funkgerät herum. »Hier spricht Leonid. Oberst Kowitsch, bitte melden. Ich habe einen Amerikaner gefangen genommen.«
»Das könnte dir so passen.« Conrad schlug Leonid die Kalaschnikow mit dem Fuß aus der Hand und hob dann schnell das abgebrochene Laservisier auf. Leonid zückte eine Pistole, aber da richtete Conrad auch schon mit dem Laser einen roten Punkt auf die Stirn des Russen. Hoffentlich merkte dieser Leonid im Dunkeln nicht, dass das Gewehr nicht mehr dran war. »Runter damit, sofort.«
Der Russe ließ die Pistole fallen, und Conrad atmete erleichtert auf.
»Gut so.«
Aus dem rechten Ärmel des Russen glitt ein Jagdmesser mit Horngriff. Es klickte, als er mit dem Daumen den Verschluss löste. Sein Arm schoss hoch, und die Klinge streifte Conrad an der Gurgel.
Als Conrad das Klicken gehört hatte, war er auch schon auf den Angriff gefasst gewesen. Er blockte den Arm ab, griff mit beiden Händen nach dem Handgelenk des Russen und drehte es, bis dieser vor Schmerz aufschrie und das Messer fallen ließ. Conrad bog den Arm des Mannes auf dessen Rücken und hielt ihn fest. Es musste scheußlich wehtun. Der Russe schrie auf, weil bereits einige Muskelfasern rissen. Conrad stieß ihn mit dem Kopf voran gegen die Wand und warf ihn dann den Schacht hinunter.
Conrad blickte ihm in der Dunkelheit hinterher, als er Schritte hörte. Er schnappte sich die Kalaschnikow, schaute hoch und sah Yeats auf sich zurennen.
»Sackgasse«, sagte Yeats. »Aber was zum Teufel ist hier passiert?«
Conrad wollte es gerade erzählen, da spürte er einen Ruck am Fußgelenk. Er sah nach unten und merkte – eine Sekunde zu spät –, dass sein Nylonseil fest um seinen Stiefel geschlungen war. Der Russe war dabei, Conrad mit in die Tiefe zu ziehen.
»Halt das fest!« Conrad warf Yeats das andere Ende des Seils zu, bevor er in den Schacht abtauchte. »Bloß nicht loslassen!«
Conrad stürzte durch die Dunkelheit und versuchte verzweifelt, das Seil an seinem Geschirr zu befestigen. Er fiel durch die verschiedenen Ebenen, ohne dass ein Ende abzusehen war. Er spannte die Muskeln an und versuchte, sich irgendwo festzuklammern.
Das um sein Bein geschlungene Seil gab nach, während sich das Seil an seinem Geschirr spannte. Schließlich landete er in einem großen Raum. Das Seil zog sich fest, und er blieb in der Luft hängen, wo er hilflos hin und her baumelte.
»Dad!«, brüllte er. »Hörst du mich?«
Zuerst kam nichts, dann war eine schwache Antwort zu hören.
Conrad fingerte eine Taschenlampe aus seiner Gürteltasche und machte sie an. Den Schock über das, was er sah, musste er erst einmal verarbeiten.
Er schwang wie ein Pendel in einer prachtvollen Kammer, die die Form einer
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