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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Garland.«
    »Du kannst dich wohl gar nicht dafür begeistern, was?«
    »Du dafür um so mehr. Du läufst jetzt schon seit drei Tagen rum wie ein aufgescheuchtes Huhn und wirbelst alles durcheinander.«
    »Magst du Weihnachten denn nicht?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Darum geht es nicht. Weihnachten mag mich nicht.«
    »Na ja … mir ist schon klar, daß es zu einer Kommerzgeschichte geworden ist, aber das ist noch lange …«
    »Ach, das stört mich doch gar nicht. Auf die geschmacklosen Lichter und das Gewusel und die Plastikrentiere fahre ich sogar ab. Was mich nervt … ist das Sentimentale daran.«
    »Das Sentimentale?«
    »Es ist eine Verschwörung. Es ist eine Verschwörung gegen die Singles, damit die sich einsam fühlen.«
    »Mouse … ich bin auch ein Single, und ich …«
    »Na und? Sieh dich doch mal an … Du legst dich mächtig ins Zeug, damit du auch ja irgendwo unterkommst.« Er fuchtelte mit den Armen in der Luft herum. »Wenn du schon so abfährst auf Weihnachten, wo ist dann eigentlich dein Baum? Oder dein Kranz … oder dein Mistelzweig?«
    »Vielleicht hole ich mir ja noch einen Baum«, verteidigte sie sich schwach.
    »Das laß mal lieber bleiben. Es ist völlig sinnlos, daß du eine Expedition zur Polk Street machst und dir so ein jämmerliches Winzbäumchen kaufst, damit du dir zu Hause was auf den Tisch stellen kannst. Hinterher gibst du noch mal zwei Tageslöhne für Glitzerkram aus, wie er dir in Cleveland immer so gut gefallen hat, und am Ende sitzt du einsam und alleine im Dunkeln und läßt dich von deinem Bäumchen anblinkern.«
    »Ich habe Freunde, Mouse. Und du hast auch Freunde.«
    »Freunde gehen wieder nach Hause. Aber es gibt nichts Schrecklicheres, als ausgerechnet am Weihnachtsabend allein ins Bett zu gehen … denn wenn du aufwachst, ist es eben nicht so wie in der Kodak-Werbung, wo die kleinen Kinder in Häschenpantoffeln herumlaufen und … Es ist schlicht und einfach so wie an jedem anderen langweiligen Tag des Jahres!«
    Sie rückte auf dem Sofa näher an ihn heran. »Könntest du nicht Jon zu unserem Fest einladen?«
    »Was soll das? … Hör bloß auf damit!«
    »Ich glaube, daß er dich sehr gern hatte, Mouse.«
    »Nur daß ich ihn seither nicht mehr gesehen habe …«
    »Und wenn ich ihn anrufe?«
    »Hör endlich auf!«
    »Okay, ich werde nie wieder was sagen!«
    Er griff nach ihrer Hand. »Entschuldige. Es ist nur … Mir gehen diese Wir-Leute so auf die Nerven.«
    »Welche Leute?«
    »Die Wir-Leute. Sie sagen nie ›ich‹. Sie sagen: ›Nach Weihnachten sind wir auf Hawaii.‹ Oder. ›Wir müssen den Hund mal wieder impfen lassen.‹ Sie suhlen sich in der ersten Person Plural, weil sie noch genau wissen, wie schrecklich es in der ersten Person Singular war.«
    Mary Ann stand auf und zerrte an seiner Hand. »Komm mit, Ebenezer Scrooge.«
    »Wohin?«
    »Wir gehen auf den Christbaummarkt. Und wir kaufen zwei Bäume.«
    »Mary Ann …«
    »Komm schon. Beweg jetzt deinen hübschen Po, sonst werd ich nicht mehr froh.« Sie kicherte, weil ihr solche Anzüglichkeiten sonst nie einfielen. »Da siehst du mal, wofür Weihnachten alles gut ist.«
    Michael konnte sich ein Lächeln nicht verbeißen. »We are not amused!«
Licht ins Dunkel
    Nachdem Mona wochenlang mit sich gerungen hatte, machte sie sich an die Ausführung ihres geheimen Plans, D’orothea wieder mit ihren Eltern zusammenzubringen.
    Ihre Ausgangsbasis war sehr schmal.
    Sie brachte in Erfahrung, daß die Twinkies von der Continental Baking Company hergestellt wurden und daß diese in der Bay Area zwei Niederlassungen hatte. Die eine war die Wonder Bread Bakery in Oakland. Die andere hatte die Adresse Bryant Street.
     
    »Wir freuen uns über Ihren Anruf bei Hostess Cakes.«
    »Ich … Stellen Sie auch Twinkies her?«
    »Ja. Außerdem Ho Hos, Ding Dongs, Crumb Cakes …«
    »Danke, danke. Arbeitet bei Ihnen ein Mr. Wilson?«
    »Welchen brauchen Sie denn?«
    »Äh … ich weiß nicht recht.« Sie hätte beinahe »den schwarzen« gesagt, aber das kam ihr irgendwie rassistisch vor.
    »Donald K. Wilson arbeitet als Packer bei uns … und dann haben wir noch einen Leroy N. Wilson. Der ist Bäcker.«
    »Ich glaube, das ist der richtige.«
    »Leroy?«
    »Ja … Könnten Sie mich bitte mit ihm verbinden?«
    »Tut mir leid. Die Bäcker arbeiten in der Nachtschicht. Von elf bis sieben.«
    »Können Sie mir dann seine Privatnummer geben?«
    »Tut mir leid. Es ist uns untersagt, solche Informationen

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