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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Wir gehen nicht aufeinander ein …«
    »Beauchamp …«
    »Verdammt noch mal, ich versuche, Ihnen etwas zu sagen! Können Sie nicht mal für zehn Sekunden aufhören mit Ihrem … moralischen Getue?« Er senkte den Kopf und rieb sich mit den Fingerspitzen die Stirn. »Entschuldigen Sie … O Gott! … Bitte helfen Sie mir, ja?«
    Sie griff über den Tisch und drückte seine Hand. Er weinte.
    »Was kann ich denn tun, Beauchamp?«
    »Ich weiß nicht. Lassen Sie mich nicht allein … bitte. Reden Sie mit mir.«
    »Beauchamp, hier ist nicht der richtige Ort für …«
    »Ich weiß. Wir brauchen mehr Zeit.«
    »Wir könnten uns nach der Arbeit auf einen Drink treffen.«
    »Wie wäre es mit dem Wochenende?«
    »Ich glaube nicht, daß das …«
    »Ich kenne was Nettes in Mendocino.«
Ein Stück von Annas Vergangenheit
    Die Sonne im Park schien auf einmal wärmer, und die Vögel sangen viel freudiger.
    Jedenfalls kam es Edgar so vor.
    »Madrigal. Das ist ein hübscher Name. Gibt es nicht in Philadelphia irgendwelche Madrigals?«
    Anna zuckte mit den Schultern. »Also, ich stamme aus Winnemucca.«
    »Oh … In Nevada kenne ich mich nicht besonders aus.«
    »Aber Sie waren doch sicher schon einmal in Winnemucca. Wahrscheinlich mit achtzehn.«
    Edgar lachte. »Mit zwanzig. Wir sind eine Familie von Spätentwicklern.«
    »In welchem waren Sie denn?«
    »Mein Gott! Sie sprechen von der Steinzeit. Ich könnte mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern!«
    »Es war Ihr erstes Mal, nicht?«
    »Ja.«
    »Na, dann können Sie sich auch daran erinnern. Jeder erinnert sich an das erste Mal.« Sie zwinkerte aufmunternd wie eine Lehrerin, die einem schüchternen Schüler das Große Einmaleins aus der Nase zu ziehen versuchte. »Wann war das? So um 1935 rum?«
    »Ich glaube … es war 1937. In meinem ersten Jahr in Stanford.«
    »Wie sind Sie hingekommen?«
    »Mein Gott … mit einem klapperigen Oldsmobile. Wir sind die ganze Nacht gefahren, bis wir mitten in der Wüste auf dieses enttäuschende Haus aus Schlackensteinen gestoßen sind!« Er kicherte in sich hinein. »Wahrscheinlich hatten wir uns einen Märchenpalast aus Tausendundeiner Nacht vorgestellt. Oder wenigstens etwas mit Gaslaternen und viel rotem Samt.«
    »Die Leute aus San Francisco sind elend verwöhnt!«
    Er lachte. »Na ja, ich fand, daß wir mehr verdient hatten. Es war fast grotesk, wie brav das alles eingerichtet war. Sie hatten im Gesellschaftszimmer sogar ein Foto von Franklin und Eleanor hängen.«
    »Man muß doch den Schein wahren, oder? Erinnern Sie sich denn jetzt an den Namen?«
    Edgars Augenbrauen zuckten nach oben. »Mein Gott, ja … die Blue Moon Lodge! Ich habe schon jahrelang nicht mehr daran gedacht!«
    »Und der Name des Mädchens?«
    »Für ein Mädchen ging sie kaum noch durch. Mehr für fünfundvierzig.«
    »Damit ist sie immer noch ein Mädchen. Glauben Sie mir.«
    »War nicht so gemeint.«
    »Und wie hieß sie?«
    »O Gott … Nein, daran kann ich mich unmöglich erinnern.«
    »Margaret?«
    »Ja! Wie konnten Sie …?«
    »Sie hat mir alle Bücher mit Puh dem Bären vorgelesen.«
    »Was?«
    »Sind Sie sicher, daß Sie die Geschichte hören möchten?«
    »Wissen Sie, wenn ich Ihnen …«
    »Meine Mutter war die Besitzerin der Blue Moon Lodge. Das war mein Zuhause. Ich bin dort aufgewachsen.«
    »Sie haben sich das doch nicht etwa ausgedacht, oder?«
    »Nein.«
    »Mein Gott!«
    »Wagen Sie es ja nicht, sich zu entschuldigen. Wenn Sie es doch tun, nehme ich Ihnen das Sandwich wieder weg und laufe schnurstracks nach Hause. Ehrenwort!«
    »Warum haben Sie mich einfach so dahinreden lassen?«
    »Weil Sie sich daran erinnern sollten, was für ein Mensch Sie damals waren. Denn mit dem, der Sie jetzt sind, scheinen Sie nicht allzu glücklich zu sein.«
    Edgar sah sie direkt an. »Nein, nicht?«
    »Nein.«
    Er biß in sein Sandwich. Seine Gegenwart bereitete ihm viel größeres Unbehagen als die fragwürdige Vergangenheit dieser Frau. Er wechselte das Thema. »Haben Sie denn jemals … ich meine …?«
    Sie lächelte. »Was schätzen Sie?«
    »Das ist nicht fair.«
    »Okay. Ich bin mit sechzehn von zu Hause weggelaufen. Das war ein paar Jahre, bevor Sie im Blue Moon Kunde wurden. Und für meine Mutter gearbeitet habe ich nie.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich führe inzwischen mein eigenes Haus.«
    »Hier?«
    »In der Barbary Lane 28, San Francisco, 94109.«
    »Auf dem Russian Hill?«
    Sie gab das kleine Spiel auf. »Ich bin eine ganz normale

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