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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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gerade die Lippen nach, als Beauchamp auf leisen Sohlen heranschlich.
    »Ist das Krawattenmonster schon Mittag essen?«
    »Oh … Beauchamp …« Sie ließ den Lippenstift in der geflochtenen Handtasche verschwinden, die sie mit Fröschen und Pilzen aus einem Ausschneidebogen verziert hatte. »Er wollte … Er ist schon mehr als eine Stunde weg. Ich glaube, er hat sich über irgendwas aufgeregt.«
    »Über die Nachrichten.«
    »Nein, es muß was anderes gewesen sein.«
    »Vielleicht hat man ihn gebeten, beim Grove Play eine Waldnymphe zu spielen.«
    »Was?«
    »Ach, nichts. Wir sind zum Essen verabredet, erinnern Sie sich?«
    »Oh … Ja, das stimmt.«
    Sie hatte den ganzen Vormittag an nichts anderes gedacht.
     
    Im MacArthur Park bestellten sie beide Salat. Mary Ann knabberte an dem ihren halbherzig herum. Sie war leicht irritiert durch die vielen Käfige voller Vögel und die großstädtisch-alternative Blasiertheit, die im Restaurant herrschte. Beauchamp spürte ihr Unbehagen.
    »Sie fürchten sich ein bißchen, was?«
    »Ich … Wie meinen Sie das?«
    »Na ja. Wegen dem hier. Wegen uns.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Mmm-mm. Sie müssen zuerst antworten.«
    Um Zeit zu schinden, stocherte sie nach einem Avocadostückchen. »Wahrscheinlich, weil es … etwas Neues ist.«
    »Mit einem verheirateten Mann essen zu gehen?«
    Sie nickte und wich dem Blick seiner intensiven blauen Augen aus.
    »Könnte ich etwas Eiswasser haben, Beauchamp?«
    Ohne seinen Blick von ihr zu nehmen, winkte er einen Kellner heran. »Sie haben wirklich keinen Grund, nervös zu sein. Sie sind es doch, die frei ist. Das hat allerhand für sich.«
    »Was heißt frei?«
    »Alleinstehend.«
    »Ach so … ja.«
    »Alleinstehende brauchen auf nichts Rücksicht zu nehmen.«
    Der Kellner kam. »Die Dame möchte etwas Eiswasser haben«, sagte Beauchamp. Er lächelte Mary Ann an. »Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie als Dame bezeichne, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf. Der Kellner grinste affektiert und verschwand.
    »Wissen Sie was?« sagte Mary Ann.
    »Was?« Sein Blick durchbohrte sie fast.
    »Ich habe Ihren Namen immer wie ›Bo-shom‹ ausgesprochen statt wie ›Bietschem‹.«
    »Das machen alle.«
    »Und ich bin mir so dämlich vorgekommen, als Mildred mich korrigiert hat. Man spricht es englisch aus, nicht?«
    Er nickte. »Meine Eltern waren schamlos affektiert.«
    »Mir gefällt der Name so. Sie hätten es mir sagen sollen, als ich ihn falsch ausgesprochen habe.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Das ist doch egal.«
    »Am Anfang habe ich sogar Greenwich Street falsch ausgesprochen.«
    »Ich habe zur Kearny auch ›Kierny‹ gesagt.«
    »Echt?«
    »Und zu Ghirardelli ›Dschierardelli‹, und … der Gipfelpunkt aller Blasphemie! … die Cable Cars habe ich Straßenbahn genannt!«
    Mary Ann kicherte. »Das tu ich noch immer.«
    »Was ist schon dabei! Die sollen sich doch alle ins Knie ficken, wenn Sie keinen Spaß verstehen!«
    In der Hoffnung, damit ihre Verlegenheit kaschieren zu können, lachte sie.
    »Wir sind alle wie kleine Kinder, die man im Wald ausgesetzt hat«, sagte Beauchamp. »Zumindest immer wieder mal. Machen Sie einfach das Beste daraus. Unschuld ist etwas sehr Erotisches.« Er pickte einen Croûton aus seinem Salat und warf ihn sich in den Mund. »Für mich jedenfalls.«
    Der Kellner kam mit Mary Anns Wasser. Sie dankte ihm, nippte daran und überlegte, welche neue Wendung sie der Unterhaltung geben könnte. Beauchamp kam ihr zuvor.
    »Haben Sie eigentlich meine Frau schon kennengelernt?«
    »Äh … Doch, ja. Bei dem Softballmatch.«
    »Ach ja. Und was hatten sie für einen Eindruck von ihr?«
    »Sie ist sehr nett.«
    Er lächelte matt. »Ja … sehr nett.«
    »Ich seh ziemlich oft was in der Zeitung über sie.«
    »Ja. Dem entgeht man leider kaum.«
    Ihr wurde unbehaglich. »Beauchamp … Ich glaube, Mr. Halcyon wird gleich zurück …«
    »Wollen Sie eine Sensationsmeldung hören, die Sie in den Klatschspalten garantiert nicht finden werden?«
    »Ich möchte nicht über Ihre Frau sprechen.«
    »Das kann ich Ihnen nicht verdenken.«
    Sie tupfte sich mit einer Serviette den Mund ab. »Das Mittagessen mit Ihnen war wirklich …«
    »Wir haben seit dem Fol de Rol nicht mehr miteinander geschlafen.«
    Sie entschied sich, nicht zu fragen, was der oder das Fol de Rol war. »Ich denke, wir sollten gehen, Beauchamp.«
    »DeDe und ich sind nicht einmal Freunde, Mary Ann. Mit ihr unterhalte ich mich nie so wie mit Ihnen.

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