Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten
kommt.«
»Das funktioniert nie. «
»Warum denn nicht?«
»Du schwörst auf Transzendentale Meditation, und ich auf Außersinnliche Transzendenz. Das funktioniert nie. «
Noch am selben Abend brachte er all sein irdisches Hab und Gut in Monas Wohnung:
Die literarischen Werke von Mary Renault und der kürzlich verstorbenen Adelle Davis. Ein Sortiment von Arbeitsstiefeln, Overalls und Hosen aus Kaplan’s Army Surplus an der Market Street.
Eine Jugendstillampe in Form einer Nymphe, die auf einem Bein balancierte. Ein Sammelsurium an Meeresmuscheln. Ein T-Shirt mit dem Aufdruck: TANZEN 1, AUSSEHEN 4. Eine Gefäßklemme zum Halten der Joints. Ein Heimfahrrad. Ein Foto von Patti LaBelle mit Widmung.
»Die Möbel sind noch bei Robert«, erklärte er.
»Vergiß den Pisser«, sagte Mona. »Du hast jetzt eine neue Mitbewohnerin.«
Michael drückte sie an sich. »Du hast mir wieder mal das Leben gerettet.«
»Nicht der Rede wert, Babycakes. Unterhalten wir uns lieber über die Grundregeln, okay?«
»Also, ich drücke die Zahnpastatube von unten aus.«
»Du weißt, worum’s mir geht, Mouse.«
»Ja. Na … wir haben doch jeder ein eigenes Zimmer.«
»Genau. Und das Wohnzimmer ist Sperrgebiet für alle Schnullis.«
»Natürlich.«
»Und wenn ich mal einen Doppelstecker mit nach Hause bringe, dann läßt du gefälligst deine Finger von ihm, verstanden?«
»Seh ich etwa so aus, als ob ich so was Garstiges tun könnte?«
»Und was ist mit dem baskischen Gärtner vom letzten Sommer?«
»Ach ja.« Michael lächelte. »Der war doch ganz in Ordnung, oder?«
Mona streckte ihm die Zunge raus.
Ihr erstes Rendezvous
Anna schlug vor, zum Mittagessen in den Washington Square Bar & Grill zu gehen. »Es ist zum Schreien dort«, sagte sie lachend am Telefon. »Jeder spielt auf Teufel komm raus den Literaten. Für den Preis eines Hamburgers kann man so tun, als hätte man gerade einen kleinen Gedichtband abgeschlossen.«
Edgar war argwöhnisch. »Ich glaube, mir wäre etwas weniger Lärmiges lieber.«
»Etwas weniger Öffentliches, meinen Sie?«
»Na ja … Ja.«
»Um Himmels willen! Ich bin doch nicht Ihre Geliebte! Wenn einer Ihrer Kumpel uns sieht, können Sie sagen, daß ich eine Kundin bin oder so was.«
»Meine Kundinnen sehen nicht so gut aus wie Sie.«
»Sie Schwerenöter!«
Sie saßen schließlich zwei Tische von Richard Brautigan entfernt. Oder von einem Typen, der sich Mühe gab, wie Richard Brautigan auszusehen.
»Drüben an der Bar sitzt Mimi Fariña.«
Edgar mußte passen.
»Die Schwester von Joan Baez, Sie Banause. Wo haben Sie denn Ihr ganzes Leben lang gesteckt? Hier auf der Halbinsel?«
Er grinste etwas müde. »Für den Gebieter über ein Elendsquartier sind Sie ganz schön frech.«
»Die Gebieterin.«
»Entschuldigung. Mit Berühmtheiten kenne ich mich nicht besonders aus.«
Anna lächelte ihn an und sagte ohne jeden Vorwurf: »Hat Ihre Frau nicht permanent welche zu Gast?«
»Sie lesen Zeitung?«
»Manchmal.«
»Meine Frau sammelt Dinge, Anna. Sie sammelt Porzellanenten, alte Korbmöbel, Vogelkäfige des neunzehnten Jahrhunderts aus der französischen Provinz, die aussehen wie das Schloß in Blois … Und sie sammelt Menschen. Letztes Jahr hat sie sich Rudolf Nurejew, Luciano Pavarotti, mehrere Auchinclosses und einen wahrhaftigen, originalen spanischen Prinzen namens Umberto de Soundso in die Vitrine gestellt.«
»Dabei sind die heutzutage so schwer zu finden.«
»Außerdem sammelt sie Flaschen. Rumflaschen.«
»Oh.«
»Sollen wir aufhören, über sie zu reden?«
»Wenn Sie möchten. Übrigens, was hätten Sie denn gerne?«
»Ich hätte gern, daß eine gutaussehende … Wie alt sind Sie?«
»Sechsundfünfzig.«
»Ich hätte gern, daß eine gutaussehende sechsundfünfzigjährige Frau mit mir am Strand spazierengeht und mir Witze erzählt.«
»Wann?«
»Jetzt gleich.«
»Werfen Sie den Mercedes an.«
Der Strand von Point Bonita lag beinahe verlassen da. An seinem nördlichen Ende ließ eine Gruppe Teenager einen riesigen Drachen mit schimmerndem Schwanz steigen.
»Du meine Güte«, sagte Edgar. »Erinnern Sie sich noch, wieviel Spaß das immer gemacht hat?«
Anna stapfte neben ihm durch den grobkörnigen schwarzen Sand. »Gemacht hat? Ich lasse dauernd Drachen steigen. Wenn man stoned ist, ist es das Tollste überhaupt. «
»Marihuana?«
Anna warf ihm einen verruchten Blick zu. Sie wühlte in ihrer gewebten Umhängetasche und förderte einen sauber gedrehten
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