Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
Vom Netzwerk:
Wohnungsvermieterin, Mr. Halcyon.«
    »Aha.«
    »Sind Sie enttäuscht?«
    »Kein bißchen.«
    »Gut. Also bis morgen … da sind Sie dann mit dem Essenkaufen dran.«
Monas neuer Mitbewohner
    Das ganz und gar nicht kosmische Schrillen des Telefons setzte Monas Mantra ein abruptes Ende.
    »Ja?«
    »Hallo, ich bin’s. Michael.«
    »Mouse! Mein Gott! Ich hab schon gedacht, die CIA hätte dich gekidnappt!«
    »Ja, es ist lange her, was?«
    »Drei Monate.«
    »Ja. Das ist ungefähr mein Durchschnitt.«
    »Oh … Hat er dich an die Luft gesetzt?«
    »Na ja, wir haben uns auf halbwegs gesittete Art getrennt. Er war die Höflichkeit in Person, und ich habe den ganzen Vormittag im Lafayette Park gesessen und geheult. Ja … er hat mich an die Luft gesetzt.«
    »Das tut mir aber leid, Mouse. Ich hab gedacht, daß es diesmal richtig gut läuft. Irgendwie hab ich ihn ganz nett gefunden, diesen … Hat er nicht Robert geheißen?«
    »Ja. Ich hab ihn auch irgendwie ganz nett gefunden.« Er lachte. »Hab ich dir je erzählt, was er macht? Er wirbt Leute an für die Marines. Einmal hat er mir einen kleinen Schlüsselring geschenkt. Mit einem Medaillon dran. Und auf dem steht: ›Nur die tüchtigsten Männer passen zu den Marines.‹«
    »Niedlich.«
    »Wir sind jeden Morgen durch den Golden Gate Park gejoggt … bis hinunter zum Meer. Robert hat meistens so ein rotes Kapuzen-T-Shirt von den Marines angehabt. Deswegen haben uns die alten Knacker immer angehalten und uns erklärt, wie schön sie es doch finden, daß es auf dieser Welt noch ein paar anständige und aufrechte junge Männer gibt. Mensch, was haben wir darüber gelacht … meistens hinterher im Bett.«
    »Und warum läuft’s nicht mehr?«
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich hat er die Panik gekriegt. Wir haben schon gemeinsam Möbel gekauft und so. Das heißt … eigentlich nicht richtig gemeinsam. Er hat ein Sofa gekauft und ich zwei passende Sessel. Man sollte ja bei allem auch gleich an die Scheidung denken … Aber trotzdem war es so was wie ein Meilenstein. Bis zur Möbelkaufphase hab ich es vorher noch mit keinem geschafft.«
    »Na, das ist doch auch schon was.«
    »Eben … Und ich hatte noch nie einen, der mir im Bett deutsche Gedichte vorgelesen hat. Auf deutsch.«
    »Das ist ja scharf!«
    »Und er hat eine Mundharmonika, Mona. Manchmal hat er gespielt, wenn wir in der Stadt rumgelaufen sind. Ach, was war ich stolz, daß ich ihn hatte!«
    »Und das Reden?« – »Was?«
    »Konnte er reden? Oder war er zu sehr mit seiner Mundharmonika beschäftigt?«
    »Er war ein netter Kerl, Mona.«
    »Deswegen hat er dich ja auch rausgeschmissen.«
    »Er hat mich nicht rausgeschmissen.«
    »Das hast du doch eben gesagt.«
    »Es hat halt einfach nicht … sollen sein, das ist alles.«
    »Red keinen Scheiß. Du bist ein hoffnungsloser Romantiker.«
    »Danke für deine tröstlichen Worte.«
    »Ich weiß nur, daß ich dich drei Monate nicht zu Gesicht bekommen habe. Außer deinem Traumprinzen gibt’s auch noch andere Leute auf der Welt … Und wir lieben dich auch.«
    »Ich weiß. Es tut mir leid, Mona.«
    »Mouse …?«
    »Wirklich. Ich wollte dich nicht …«
    »Michael Mouse, wenn du mir jetzt einen vorheulst, gehe ich nie wieder mit dir tanzen!«
    »Ich heule nicht. Ich bin bloß nachdenklich.«
    »Du hast zehn Sekunden, um mit dem Blödsinn aufzuhören. Mein Gott, Mouse, die Wälder sind voll von joggenden Marine-Anwerbern. Ogottogott! Das kommt davon, weil du auf diesen Typ normale Unschuld vom Lande so abfährst! Ich wette, dieses Arschloch hat zu Hause einen ganzen Schrank voll Holzfällerhemden. Oder etwa nicht?«
    »Es reicht.«
    »Jetzt stapft er in seiner blauen Bomberjacke sicher grade unten im Toad Hall rum. Den einen Daumen hat er in seine Levi’s gehakt, und in der anderen Hand hat er eine Flasche Acme-Bier.«
    »Du bist vielleicht ein Biest.«
    »Das ist doch genau dein Typ. Aber, sag mal … wenn ich ein paar deutsche Gedichte lerne, würdest du dann bei mir wohnen, bis du was gefunden hast? Platz gibt’s genug in dem Schuppen hier. Und Mrs. Madrigal hätte sicher nichts dagegen.«
    »Ich weiß nicht recht.«
    »Aber du stehst doch auf der Straße, oder? Hast du überhaupt noch Geld?«
    »Ein paar Tausender auf dem Sparkonto.«
    »Also, die poetische Tour à la Edna St. Vincent Millay hab ich jetzt satt. Es paßt doch alles. Du kannst hier unterschlüpfen, bis du eine neue Wohnung gefunden hast … oder einen neuen Mundharmonikaspieler. Je nachdem, was zuerst

Weitere Kostenlose Bücher