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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Joint zutage. »Man beachte das Zigarettenpapier. Ich dachte, es könnte vielleicht an Ihr stures Kaufmannsherz rühren.«
    Als Zigarettenpapier hatte sie eine nachgemachte Ein-Dollar-Note genommen.
    »Anna … ich möchte kein Spielverderber sein …«
    Sie ließ den Joint wieder in der Tasche verschwinden. »Natürlich nicht. Na dann! Machen wir doch einen netten kleinen Spaziergang, ja?«
    Ihre aufgesetzte Freundlichkeit verletzte ihn. Er fühlte sich älter denn je. Er wollte Kontakt zu Anna gewinnen. Etwas Verbindendes.
    Etwas Dauerhaftes.
    »Anna?«
    »Ja?«
    »Für eine Sechsundfünfzigjährige sind Sie meiner Meinung nach ganz unglaublich.«
    »So ein Blödsinn.«
    »Nein, wirklich.«
    »Ich bin genau so, wie eine Sechsundfünfzigjährige sein sollte.«
    Er lachte matt. »Ich wünschte, Sie würden mich akzeptieren.«
    »Edgar …« Sie hakte sich zum erstenmal bei ihm ein. »Ich akzeptiere Ihr Wesen. Ich möchte nur, daß Sie sich von der alten, harten Schale befreien, in der Sie stecken. Ich möchte, daß Sie erleben, wie wundervoll Sie …«
    Sie ließ seinen Arm los und lief über den Strand auf die Teenager zu. Nach kaum einer Minute kam sie zurück und zog den großen silbernen Drachen hinter sich her.
    Sie hielt Edgar die Schnur hin. »Er gehört für zehn Minuten Ihnen«, sagte sie keuchend. »Machen Sie was draus.«
    »Sie sind verrückt«, sagte er lachend.
    »Vielleicht.«
    »Womit haben Sie die Jungs überredet?«
    »Fragen Sie mich nicht.«
    Am Ende des Strands hockten die Teenager eng aneinandergedrängt im Kreis und sahen zu, wie Annas Bestechungsgeschenk in Rauch aufging.
Auf nach Mendocino
    Beauchamps silberfarbener Porsche schoß bei der Abfahrt von einem der Marin-Hügel durch die Kurven wie eine Flipperkugel auf Erfolgskurs.
    Mary Ann spielte nervös an ihrem Stimmungsring herum. »Beauchamp?«
    »Ja?«
    »Was haben Sie Ihrer Frau gesagt?«
    Er lächelte wie ein Jungpfadfinder auf Abwegen. »Sie glaubt, daß ich ein Kind aufs Land bringe.«
    »Was?«
    »Ich hab ihr erzählt, daß die Guardsmen auf dem Mount Tarn ein Wochenende für Kinder aus sozial schwachen Familien veranstalten. Aber das spielt keine Rolle. Sie hat nicht einmal hingehört. Sie und ihre Mutter waren gerade mit der Planung einer Party für Nora Cunningham beschäftigt.«
    »Für die Opernsängerin?«
    »Ja.«
    »Ihre Familie kennt eine Menge berühmte Leute, was?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Sie haben doch Mr. Halcyon nichts davon erzählt, oder?«
    »Wovon?«
    »Davon, daß wir … wegfahren.«
    »O Gott! Sind Sie verrückt?«
    Sie drehte sich zur Seite und sah ihn an. »Ich weiß nicht. Bin ich es?«
     
    Das Motel lag auf einer bewaldeten Klippe mit Aussicht auf die Küste bei Mendocino.
    Es bestand aus einem halben Dutzend kleiner Häuschen in unterschiedlichem Verfallsstadium. Es hieß Fools Rush Inn.
    Die Betreiberin des Motels zwinkerte Mary Ann immer wieder zu.
    Als sie gegangen war, sagte Mary Ann: »Es gibt nur ein Bett.«
    »Ja. Ich sorge dafür, daß sie noch ein Klappbett bringt.«
    »Sie wird uns für reichlich komisch halten.«
    »Ja, nicht?«
    »Beauchamp, Sie haben gesagt, wir würden nicht …«
    »Ich weiß. Und das war mein Ernst. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich sage ihr, daß Sie meine Schwester sind, oder so was.«
    Mary Ann packte ihre Tasche aus, während Beauchamp im Kamin Feuer machte. Aus Gewohnheit hatte sie ihr ramponiertes Exemplar von Nicholas and Alexandra eingepackt, an dem sie während der letzten drei Sommer gelesen hatte.
    »Einen Scotch?« fragte er.
    »Ich glaube nicht.«
    »Er hilft mir, mich zu entspannen.«
    »Dann trinken Sie doch einen.«
    »Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, Mary Ann. Ich hatte etwas Abstand bitter nötig.«
    »Ich weiß. Hoffentlich hilft es auch.«
    Er saß auf der Stufe vor dem Kamin und nippte an seinem Scotch.
    Sie setzte sich neben ihn. »Sie haben nicht viele Freunde, oder?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es sind alles DeDes Freunde. Ich habe kein Vertrauen zu ihnen.«
    »Ich fände es so schön, wenn Sie mir vertrauen könnten.«
    »Ich auch.«
    »Sie können mir vertrauen, Beauchamp.«
    »Ich hoffe.«
    Sie legte ihre Hand auf sein Knie. »Tun Sie es.«
     
    Als es dunkel wurde, fuhren sie ins Dorf und aßen im Mendocino Hotel zu Abend.
    »Früher war es hier mal ganz wunderbar«, sagte Beauchamp mit einem Blick in die Runde. »Es war urwüchsig und billig, und die Böden waren schief … so richtig toll.«
    Mary Ann sah sich um. »Ich finde, es sieht

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