Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
Vom Netzwerk:
er nach. »Und daran ist doch wohl nichts Schlimmes.«
    DeDe schaute nicht hoch, sondern klaubte weiter schweigend die Scherben auf.
    Diskretion konnte man von Binky Green partout nicht erwarten.
Wie man seinen Heißhunger stillt
    Nach einer mörderischen Schicht bei Perry’s fiel Brian um Mitternacht sofort ins Bett, doch fünf Stunden später wachte er mit einem Mordshunger wieder auf.
    Er stapfte in Boxershorts in die Küche und stellte auf der Suche nach etwas Eßbarem den Kühlschrank auf den Kopf.
    Ketchup. Mayonnaise. Zwei vergammelte Frankfurter Würstchen. Und ein Glas Silberzwiebeln.
    Wäre er stoned gewesen, hätte er sich vielleicht an das Zeug herangewagt. (Als er mal einen halben Maui-Wowie-Joint geraucht hatte, war als Dip für die Ritz Cracker bloß Crisco dagewesen.)
    Aber nicht heute nacht.
    Heute nacht – Scheiße, es war fünf Uhr morgens! – sehnte er sich nach einem Zimburger. Und nach einer großen Portion fetter Pommes und nach einem Schoko-Malz-Shake vielleicht oder einem …
    Er durchwühlte seinen Wäschesack, bis er ein Rugby-Shirt ausgrub, das den Schnüffeltest bestand, zwängte sich in Levi’s und Adidas und sprintete fast auf die Barbary Lane hinaus.
    Die Hyde Street lag gespenstisch ruhig da. Das uralte Laufkabel, das in seinem eisernen Kokon ruhte, wirkte störender als sonst immer. Vom Kamm des Russian Hill aus gesehen, präsentierten sich die Kaianlagen wie eine farblose Landschaft, wie eine Schwarzweißpostkarte aus den vierziger Jahren.
    Selbst die Porsches, die auf der Francisco Street abgestellt waren, sahen aus, als hätte man sie ausgesetzt.
    Brian kam sich vor wie in der letzten Einstellung von Das letzte Ufer.
     
    Bei Zim’s herrschte dagegen aufgekratzte Munterkeit. Tüchtige Kellnerinnen, Ausgebrannte, die keinen Schlaf fanden, und Partyüberhänger, die nicht genug kriegen konnten, brachten Leben in die Bude, in der es rund um die Uhr was zu essen gab.
    Brians Kellnerin steckte in einer Arbeitskluft mit Country-Touch. Orange Bluse mit Trägerrock. Orange kariertes Halstuch. Auf ihrem Namensschild stand: »Candi Colma«.
    »›The City of the Dead‹«, sagte Brian grinsend, als sie eine Serviette und eine Gabel auf den Tisch knallte.
    »Was?«
    »Du kommst aus Colma. Aus der Stadt der Friedhöfe.«
    »Eigentlich aus South San Francisco. Ich wohne gleich hinter der Stadtgrenze. Aber South San Francisco hat nicht aufs Namensschild gepaßt.«
    »Candi Colma hört sich sowieso hübscher an.«
    »Das stimmt.« Sie schenkte ihm ein nettes Lächeln, das auf eine Vertrautheit anspielte, die es zwischen ihnen gar nicht gab. Brian schätzte sie auf Ende dreißig, aber man sah es ihr nur um die Augen an. Sie hatte eine schmale, feste Taille und aufregend lange Beine.
    Die toupierten blonden Haare übersiehst du einfach, sagte er sich. Um fünf Uhr morgens kannst du nicht mehr wählerisch sein.
    Nachdem sie seine Bestellung aufgenommen hatte, verfolgte er sie mit seinen Blicken durch das Lokal. Sie ging wie eine Frau, die wußte, daß sie Publikum hatte.
     
    »War der Zimburger gut?«
    »Ja, sehr gut.«
    »Sonst noch einen Wunsch? Nachtisch vielleicht?«
    »Was hast du denn zu bieten?«
    »Steht alles auf der Karte, Süßer.«
    Er klappte die Karte zu und schenkte ihr sein gekonntestes Huckleberry-Finn-Lächeln. »Wetten, nicht … Süße?«
    Sie kam ein bißchen näher, fuhr sich mit dem Bleistift über die Unterlippe, schaute sich nach allen Seiten um und flüsterte dann: »Ich kann erst um sieben.«
    Brian zuckte mit den Schultern. »Mir kommt’s nicht darauf an, wann du kannst, sondern wie du’s kannst.«
    Candis Camaro stand gleich um die Ecke beim Maritime Museum. Er war pflaumenblau, und ein Aufkleber verkündete: ICH BREMSE FÜR TIERE.
    Als die Gurtwarnung nicht mehr fiepte, sah sie Brian entschuldigend an. »Ich würde mich wohler fühlen, wenn wir zu mir nach Hause fahren.«
    »Nach Colma?«
    Sie nickte. »Wenn es dir nichts ausmacht.«
    »Gott, das ist ja ’ne halbe Stunde Fahrt!«
    »In der Richtung ist der Verkehr gar nicht schlimm.«
    »Und wie soll ich wieder nach Hause kommen?«
    »Ich fahr dich. Weißt du … ich wohne nicht allein.«
    Brian schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Ach du Scheiße.«
    »Nicht doch. Es ist ein Mädchen. Mit ihr geht schon alles klar. Aber sie macht sich garantiert Sorgen, wenn ich nicht nach Hause komme.«
    »Ruf sie doch an.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Brian. Wenn du’s lieber vergessen willst, kann ich

Weitere Kostenlose Bücher