Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten
aus?«
Wenn DeDes Arm frei gewesen wäre, hätte sie sich vielleicht bekreuzigt. Es war der Klatschkolumnist der Western Gentry.
Carson Callas.
Mrs. Madrigal und Mouse
Michael räumte gerade die Hälfte seiner Kleider in Monas Schrank ein, als Mrs. Madrigal anrief.
»Michael, mein Lieber. Könntest du einen Augenblick runterkommen?«
»Klar. In drei Minuten, okay?«
»Laß dir Zeit, mein Lieber.«
Na, dachte er, als er den Hörer auflegte, jetzt ist es wohl soweit. Die Zwangsräumung steht bevor. Bis jetzt ist sie wegen der Miete mehr als nachsichtig gewesen, aber was zuviel ist, ist zuviel.
Michael zog eine Cordhose und ein weißes Hemd an, putzte sich die Zähne, brachte seine Haare mit Pro Max in Form und fuhr mit einem feuchten Handtuch über seine Collegeschuhe.
Warum sollte er auch noch aussehen wie ein Schmarotzer?
Das eckige Gesicht der Vermieterin, sonst immer so lebhaft, war zu einem Empfangsdamenlächeln erstarrt.
Mrs. Madrigal war von einer Aura angestrengter Zurückhaltung umgeben und bewegte sich so übertrieben würdevoll, daß ihr Kimono wie ein schlampiger Morgenmantel wirkte.
»Mona ist weg, nicht?«
Michael nickte. »Ja, seit gestern.«
»Für immer?«
»Angeblich ja. Aber Sie kennen ja Mona.«
»Ja.« Ihr Lächeln geriet völlig schief.
»Aber ich bleibe da, Mrs. Madrigal. Das heißt … ich würde gerne dableiben. Mona wird noch die restliche Miete für diesen Monat zahlen, und ich habe mich jetzt bei einer Stellenvermittlung eintragen lassen. Wenn Sie Bedenken haben wegen …«
»Wo ist sie hingezogen, Michael?«
»Oh … äh … zu jemand anderem. Nach Pacific Heights.«
Mrs. Madrigal ging zum Fenster, wo sie mit dem Rücken zu Michael regungslos stehenblieb. »Nach Pacific Heights«, wiederholte sie.
»Hat sie … Ihnen nichts gesagt, Mrs. Madrigal?«
»Nein.«
»Ich bin sicher, daß sie es vorhatte. In letzter Zeit ist bei ihr alles ein bißchen drunter und drüber gegangen. Aber egal, ich bin ja noch da. Es ist jedenfalls nicht so, daß sie ihren Mietvertrag aufgelöst hat, oder so.«
»Kennst du diesen Jemand, Michael?«
»Wen? … Ach so … Nein, ich habe sie nie kennengelernt.«
»Eine Frau?«
Michael nickte. »Die beiden kennen sich aus New York.«
»Oh.«
»Mona sagt, daß sie sehr nett ist.«
»Davon bin ich überzeugt … Michael, du brauchst mir diese Frage nicht zu beantworten, wenn du nicht willst …«
»Mhmm?«
»Ist diese Frau … Sind Mona und sie ganz besonders gute Freundinnen?«
»Äh …«
»Du weißt, was ich meine, mein Lieber?«
»Klar. Aber ich kann es nicht sagen, Mrs. Madrigal. Sie waren es mal … in New York. Ich glaube, jetzt sind sie bloß … normale Freundinnen.«
»Aber … warum, um alles in der Welt, ist sie dann …? Michael, hat Mona jemals mit dir über mich gesprochen? Hat sie irgendwas gesagt … aus dem du schließen konntest, daß sie sich hier nicht wohl gefühlt hat?«
»Nein, Ma’am«, antwortete Michael in aller Ernsthaftigkeit und fiel damit in die Konventionen Mittelfloridas zurück. »Es hat ihr hier in der Barbary Lane unheimlich gut gefallen … und sie hat Sie sehr gemocht.«
Mrs. Madrigal sah ihn an. »Sie hat mich sehr gemocht?« fragte sie.
»Nein. Sie mag Sie immer noch sehr gern, und ich bin sicher, daß sie sich melden wird. Ehrlich.«
Die Vermieterin wurde wieder kühl und geschäftsmäßig. »Aber du bleibst wenigstens. Das ist doch schon was.«
»Ich werde mich auch bemühen, daß es mit der Miete besser wird.«
»Ich weiß. Aber jetzt mal was anderes, mein Lieber. Ich habe gerade frisches Gras da, und der Abend ist noch jung. Hast du nicht Lust, mir Gesellschaft zu leisten?«
Ihre Finger zitterten merklich, als sie mit der Zigarettenkurbel arbeitete. Sie stellte sie nieder, atmete tief durch und massierte sich mit beiden Händen die Stirn. »Tut mir leid, Mouse. Ich benehme mich schrecklich dumm.«
»Bitte, Sie brauchen sich nicht … Wo haben Sie den Namen aufgeschnappt?«
Sie kaute auf ihrer Unterlippe und beobachtete ihn. »Ich bin nicht der einzige Mensch, den Mona sehr gern hatte.«
»Ach so … ja klar.«
»Meine blöden Finger wollen nicht so wie ich! Würdest du bitte …?«
Michael griff nach der Zigarettenkurbel und wich Mrs. Madrigals Blick aus, als sich ihre Augen mit Tränen füllten. »Mrs. Madrigal, wenn ich Ihnen doch bloß sagen könnte …«
Sie rutschte nicht näher an ihn ran, aber sie legte ihm ihre lange schlanke Hand aufs Knie, während sie
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