Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
dir dankbar, wenn du nicht so schnoddrig wärst!«
Michael zog reumütig den Kopf ein. »Schon gut … tut mir leid.«
Mrs. Madrigal steckte eine rosa Rose in die kleine Vase auf dem Tablett. »Ich mach mir Sorgen um sie«, sagte sie. »Ich glaube, sie … verzweifelt langsam. Ich hab ihr schon so oft gesagt, daß wir ihr nichts Böses wollen, aber sie wird und wird nicht lockerer.«
»Es überrascht mich, daß Ihre Brownies nicht gewirkt haben.«
»Sie will raus«, sagte die Vermieterin. »Basta. Sie hat sogar versprochen, kein Wort über DeDe zu verlieren, wenn ich sie freilasse.«
»Das glauben Sie ihr doch nicht, oder?«
»Ich kann es mir nicht leisten«, sagte Mrs. Madrigal. »Nicht, solange auch nur das kleinste Risiko besteht, die Kinder zu gefährden. Außerdem werden unsere Schwierigkeiten nur noch größer, wenn ich sie freilasse, bevor der Fall so oder so gelöst ist. Wir müssen beweisen können, daß wir guten Grund hatten, sie … festzuhalten.«
»Das Argument sticht«, sagte Michael.
Mrs. Madrigal nahm das Tablett hoch. »Wahrscheinlich klärt sich alles von selbst. Tut es doch immer. Trotzdem mach ich mir Sorgen.«
Michael sah sie ernst an. »Wissen Sie, wir stecken da gemeinsam drin. Brian und ich haben drüber geredet. Wenn man Sie einsperrt, muß man uns auch mitnehmen. Und dann bestehen wir auf einer gemeinsamen Zelle.«
Die Vermieterin schenkte ihm ein Lächeln und gab ihm ein Küßchen auf die Wange. »Tut mir leid, daß ich dich angeschnauzt habe, mein Lieber. Es ist alles etwas ungewohnt für mich. Ich komm mir vor wie eine Schwerverbrecherin. «
Michael zwinkerte ihr zu. »Aber, das bist du doch auch, Blanche … das bist du.«
Mrs. Madrigal war etwas mehr mit sich im reinen, als sie die Treppe in den Keller hinunterstieg.
Vor der Tür horchte sie kurz, stellte dann das Tablett auf den Boden und sperrte das Vorhängeschloß auf. Bambi saß in dem zerschlissenen Lehnstuhl, den die Vermieterin aus dem Verkehr gezogen hatte, als Mona nach Seattle gegangen war.
»Essen«, flötete Mrs. Madrigal und versuchte, sich fröhlich anzuhören, ohne Bambi herablassend zu behandeln. Sie stellte das Tablett auf einen alten Wäschekorb, den ihr Burke Andrew hinterlassen hatte.
Bambi rührte sich nicht.
»Ich hab im Fernsehprogramm nachgesehen«, sagte die Vermieterin. »Heute abend kommt The Barretts of Wimpole Street. Ich dachte, Sie hätten vielleicht Lust darauf.«
Von der Nachrichtensprecherin kam ein tiefes Knurren.
»Ich weiß, daß es nicht leicht ist«, fuhr Mrs. Madrigal fort, »aber es dauert jetzt nicht mehr lang. Es tut uns allen schrecklich leid, daß es so weit kommen mußte, aber …«
In einer einzigen blitzschnellen Bewegung sprang Bambi hoch und stürzte sich auf ihre Wärterin. Sie drängte die Vermieterin rückwärts, bis sie gegen das Brett stieß, auf dem die Schlüssel für das Haus hingen. Mrs. Madrigal schrie vor Schmerz, als die Nägel des Schlüsselbretts sich in ihren Rücken bohrten.
Sie sackte auf die Knie. Als sie hochschaute, sah sie das triumphierende Grinsen der Nachrichtensprecherin, die ihr einen … zwei … drei Fußtritte in den Magen verpaßte. Beim dritten Tritt packte Mrs. Madrigal Bambis Knöchel und verdreht ihn heftig, womit sie einen Schrei von Samuraiqualität auslöste. Bambi stürzte auf den Betonboden, drückte sich dann auf Hände und Knie hoch und kroch in Richtung Tür.
Keuchend vor Schmerz griff Mrs. Madrigal nach den Schlingen eines Gartenschlauchs und zog sich in eine beinah aufrechte Position hoch. Etwas Warmes und Feuchtes – vermutlich Blut – sickerte ihr Rückgrat entlang und pappte ihr den Kimono auf den Rücken. Ihre Finger bekamen den Griff einer Schippe zu fassen. Sie schwang sie wie eine Keule und haute damit voll auf Bambis Hinterteil.
Einen Moment lang, aber wirklich nur einen Moment lang lag die Nachrichtensprecherin auf den Boden hingeklatscht da wie ein Hakenkreuz. Dann rappelte sie sich hoch, hastete durch die Tür und weiter die Treppe hinauf.
Mrs. Madrigal wankte, immer noch die Schaufel schwingend, hinter ihr her. Als Bambi die Treppe schon fast geschafft hatte, holte die Vermieterin weit aus und verpaßte ihrer Widersacherin einen Schlag in die Kniekehlen. Bambi fiel recht unschön nach vorne und rutschte dann die Treppe hinunter, bis ihre Knöchel wieder in Reichweite der Vermieterin kamen.
Mrs. Madrigal zerrte die Nachrichtensprecherin in den Kel-1er zurück, wickelte ihr rasch ein Stück
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