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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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der großen Insel an, außer Sicht von Little Diomede.
    »Warten Sie hier«, sagte er zu den Frauen. »Es passiert Ihnen nichts. Wenn es Neuigkeiten gibt, können Sie später mit an Land kommen.« Er sprang aus dem Boot und rannte auf dem Landesteg ans Ufer.
    Im selben Moment tauchte auf der Felskante über dem Hafenbecken eine weibliche Gestalt auf, die von Fels zu Fels sprang und schließlich auf den Sand hüpfte. Dann lagen Andy und Jane sich in den Armen und wirbelten herum wie ein Liebespaar in einem kitschigen Werbespot.
    Mary Ann fühlte sich den beiden merkwürdig verbunden und sah sich plötzlich als Deborah Kerr in Der König und ich.
    Kuschelt euch eng aneinander heut nacht – ich hatte auch mal eine hiebe wie die eure …
    Wie gewohnt war Brian da, wenn sie ihn brauchte, und ruhte sicher in ihrem Herzen.
     
    Das Eskimoliebespaar sprach einige Zeit miteinander, weit außer Hörweite von DeDe und Mary Ann. Als Andy zurückkam, war ihm schon anzusehen, was er zu berichten hatte. »Tut mir leid«, sagte er zu DeDe.
    »Nichts?«
    »Ich fürchte, nein«, sagte er. »Sie waren einfach nicht hier.«
    »Könnte sie uns wissen lassen, falls …«
    »Natürlich. Sie wird die Augen offenhalten.«
    Es folgte langes, quälendes Schweigen. Dann wandte sich Mary Ann an DeDe. »Was wollen Sie jetzt machen?« fragte sie.
    Eine einzelne Träne kullerte DeDes Gesicht herunter. »Ich will nach Hause«, sagte sie.
    »Dann fahren wir«, sagte Mary Ann. Sie suchte in ihrer Windjacke nach einem Kleenex und reichte es ihrer Freundin. »Wir geben aber nicht auf, DeDe. ich versprech Ihnen, daß wir sie finden.«
    Als Andy das Boot vom Anleger abstieß, warf Mary Ann einen letzten Blick auf die Sowjetunion. Jane stand immer noch da. Als sie sah, daß Mary Ann zu ihr hinüberschaute, lächelte sie scheu, hob dann die Hand und winkte.
    Natürlich winkte Mary Ann zurück.

Wiedersehen mit Eden
    Dichter Sommernebel hatte sich über den Golden Gate Park gelegt, als Prue zu den Baumfarnen gelangte. Es schauderte sie ein bißchen angesichts der beklemmenden Vertrautheit der Umgebung, doch sie stellte den Kragen ihres Montodoro-Trenchcoats hoch und stürzte sich in die Wildnis.
    Vuitton lief vor ihr den Weg hinauf und jagte ein Eichhörnchen bis an den Rand des U-förmigen Kamms. Als sie ihn rief, entschloß er sich spontan, sie völlig zu ignorieren.
    »Vuitton!« rief sie. »Komm sofort zurück!« Sie hatte schreckliche Angst, allein gelassen zu werden.
    Der Wolfshund drehte sich um, wedelte ihr einen flüchtigen Gruß zu und machte einen Satz in die grünschwarzen Tiefen der Rhododendrensenke.
    Sie lief schreiend hinter ihm her: »Vuitton! KOMM ZU-RÜCK, VERFLUCHT NOCH MAL!«
    Es war natürlich zwecklos. Er wußte, wo er hinwollte. Er wußte sogar, wo sie hinwollte. Nur würde er früher dort ankommen als sie. Warum sollte sie sich davon solche Angst einjagen lassen?
    Sie fand den vertrauten Weg durch die Rhododendrensenke und stapfte in ziemlichem Tempo drauflos. Ab und zu sah sie Vuittons champagnerfarbenes Fell durch das Blattwerk schimmern. Gerade, als sie den Strauch suchte, der den Zugang zu Lukes versteckter Enklave markierte, heulte in der Ferne ein Nebelhorn auf.
    Vuitton zeigte ihr wie gewohnt den Weg. Wild bellend machte der Wolfshund kehrt, brach durch den Strauch am Zugang und sprang um sein Frauchen herum.
    »Hier!« befahl sie ihm. »Bei Fuß, Vuitton, bei Fuß!«
    Doch er war schon wieder weg und tollte die abbröckelnde Böschung hinunter, die zur Hütte führte. Als Prue den Unterschlupf erblickte, kamen ihr Bedenken wegen ihres Vorhabens, die Hütte zu durchsuchen.
    Doch Vuitton stand vor der Tür der Hütte und kläffte sich die Lungen aus dem Leib.
    Da niemand auf sein Gekläff reagierte, stolperte Prue die Böschung hinunter und horchte vor der Tür. Als sie den Riegel probierte, stellte sie fest, daß die Tür nicht verschlossen war.
    Drinnen schien alles beim alten zu sein. Der große Schaumgummiblock war noch da. Genauso das Feldbett, der Stadtplan und Lukes geliebter Sinnspruch.
    Es gab nicht allzu viele Möglichkeiten. Ihre Wahl fiel zuerst auf die selbstgemachte Holzkiste, in der Luke seine Sachen für Vuitton aufbewahrt hatte. Nur stand sie jetzt nicht mehr auf dem Boden. Sie stand auf dem Regal über dem Schaumgummiblock.
    Als Prue danach griff, traf ihre Hand auf etwas Kaltes und Glitschiges. Sie schrie hysterisch auf und ließ die Kiste fallen. Dabei wurde ein großer Batzen Banane, der an der Rückwand

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