Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
Vom Netzwerk:
lang her … fast zwei Jahre.«
    »Und du glaubst, ihr könnt da weitermachen, wo ihr aufgehört habt.«
    »Nein«, sagte Jon, »ich dachte bloß …«
    »Ist schon in Ordnung, mein Lieber. Ich glaube auch, daß es geht.«
    Er lächelte sie fast ängstlich an. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir momentan damit umgehen könnten.«
    »Warum nicht?«
    Der Doktor zuckte mit den Schultern. »Die Dinge ändern sich.«
    »Tun sie das? Weißt du, was ich glaube?«
    »Was?«
    »Du solltest nicht länger drum herumreden, denn du bist doch gekommen, um ihn dir zurückzuholen.«
    »Ja, meinen Sie?«
    »Mhm. Und ich glaube, ich werde dir helfen.« Ihre großen blauen Augen wurden noch größer.
    Beschämt senkte der Doktor den Blick.
    »Ich bin eine wunderliche alte Glucke«, sagte Mrs. Madrigal. »Ich hab’s gern, wenn alle meine Eier in einem Körbchen beisammen sind.«

Rußland ruft
    Andy Omiaks Vorschlag kam Mary Ann übertrieben tollkühn vor, und das sagte sie DeDe auch, sobald sie allein waren.
    »Was bleibt uns anderes übrig?« hielt DeDe dagegen.
    »Na ja … wir könnten die Festlandpolizei benachrichtigen. Dann können die die Suche betreiben.«
    »Und mit Gewehren und Megaphonen ausrücken, wie zur Bärenjagd. Wenn wir denen sagen, um wen’s dabei geht, sind meine Kinder das letzte, worum sie sich Sorgen machen.«
    »Dann sagen wir’s ihnen eben nicht. Wir sagen nur … na ja, wir könnten ihnen die Wahrheit sagen.«
    »Und die wäre?«
    »Ein Schiffspassagier hat Ihre Kinder in Sitka entführt … und wir glauben, daß er sie hierhergebracht hat.«
    »Meinen Sie im Ernst, daß er denkt, wir hätten der Polizei das erzählt? Wissen Sie … es ist eigentlich nicht nötig, daß Sie mich begleiten. Andy kommt ja mit, und er hat ein Gewehr und so. Es ist nicht fair, wenn ich Sie bitte …«
    »Vergessen Sie’s«, sagte Mary Ann. »Ich komme mit.«
    »Ich würde mich schrecklich fühlen, wenn …«
    »Brauchen Sie nicht. Es ist meine Entscheidung.«
    DeDe drückte ihre Hand. »Danke.«
    »Außerdem«, fügte Mary Ann hinzu, »war ich noch nie in Rußland.«
    Sie machten ein mehrstündiges Nickerchen, nach dem sich auch Andy wieder einstellte.
    »Hatten Sie die Ruhe, sich’s zu überlegen?« fragte er.
    »Die Sache läuft«, sagte DeDe. Mary Ann nickte zustimmend.
    »Okay«, sagte Andy. »In einer Stunde sollten wir los.«
    Mary Ann verzog das Gesicht. »Bei Tageslicht?«
    Der Eskimo grinste. »Wir haben kaum was anderes.«
    »Ach so … klar.«
    »Außerdem«, fuhr Andy fort, »ist das fast genauso sicher wie in der Dunkelheit. Zwischen acht und zehn ist der ganze Ort in der Schule.«
    »Alle?« fragte DeDe.
    »Alle zweiundachtzig«, sagte Andy lächelnd.
    »Zum Unterricht, oder was?«
    Der Eskimo schüttelte den Kopf. »Einmal in der Woche kriegen wir vom Festland einen Film.«
    »Ach so.«
    »Heute abend wird Superman II gezeigt. Ich glaub, da sind wir ungestört.«
    »Wenigstens, was Ingaluk angeht.«
    »Was meinen Sie damit?« fragte Andy.
    »Die Russen« ,sagte DeDe. »Oder wollen Sie mir erzählen, daß die sich auch einen Film ansehen?«
    »Ach so«, sagte Andy ungerührt. »Wegen denen machen Sie sich mal keine Sorgen.«
    Wie vorausgesagt, lag Ingaluk wie eine Geisterstadt da, als das Trio den Anlegeplatz in Andys fünf Meter langer Motorbarkasse verließ. Mary Ann sah mit großem Respekt zu den Klippen über dem Dorf hinauf. Die Felsen waren mit den von der Sonne gebleichten Särgen gesprenkelt wie mit Seemöwenscheiße. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit der russischen Insel zu, die nur vier Kilometer entfernt war.
    »Was ist mit dem Wachposten in der Hütte da drüben?« fragte sie den Eskimo. »Sieht er uns denn nicht, wenn wir über die Meerenge fahren?«
    »Er sieht mich immer«, sagte Andy. »Jede Woche zur gleichen Zeit.«
    »Das versteh ich nicht.«
    Andy lächelte. »Mein Vorgesetzter würde es auch nicht verstehen. Deswegen wär’s mir auch sehr lieb, wenn Sie’s für sich behalten könnten.«
    »Aber klar.«
    »Ich kenn jemand auf Big Diomede.«
    »Aha.«
    »Meine Freundin wohnt nämlich dort.«
    DeDe und Mary Ann warfen sich einen raschen Blick zu. Es war Mary Ann, die dann nach Einzelheiten fragte. »Sie meinen, sie …?«
    »Sie ist Radartechnikerin. Der Kerl im Beobachtungsposten ist ihr Schwager. Wir sind so eine Art Familienbetrieb hier oben. Wenn Ihr Entführer es nach Big Diomede geschafft hat, dann weiß Jane das.«
    Eine halbe Stunde später legte Andy mit dem Boot auf der Rückseite

Weitere Kostenlose Bücher