Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
der Kiste klebte, zerquetscht.
Sie stand zitternd da und wischte sich hektisch die Finger an ihrem Mantel ab. Vuitton hockte zu ihren Füßen und winselte aus Solidarität. »Es ist nichts passiert, Schnuckel«, murmelte Prue. »Wir gehen gleich wieder.«
»Ich glaube, das ist auch besser so. «
Prues Blick schoß zur Tür der Hütte, an der sie sich einem uniformierten Polizisten gegenübersah, der vom Rücken eines mächtigen kastanienbraunen Hengsts auf sie herunterblickte.
»Oh … Herr Wachtmeister«, sagte sie. »Ich … äh … mein Hund ist hier reingelaufen, und ich …«
Der Polizist lächelte sie an. »Ein hübscher Hund.«
»Oh … ja, danke. Manchmal ist er ein schrecklicher Quälgeist.«
Der Wachtmeister beugte sich im Sattel vor und spähte in die Hütte. »Das ist vielleicht was, hm?«
Prue nickte schweigend. Wie lang hatte er sie schon beobachtet?
»Es war mal ein Geräteschuppen für die Gärtner, aber dann ist vor einem Jahr zirka ein Penner eingezogen. Ich paß für ihn ein bißchen drauf auf.«
Prue schlich sich mit Vuitton an ihrer Seite aus der Hütte. Wenn sie selbst durch den Polizisten eingeschüchtert war, dann war es der Wolfshund durch das Pferd noch mehr.
»Entschuldigen Sie bitte; Herr Wachtmeister«, sagte die Kolumnistin. »Aber es ist so … faszinierend.«
Der Polizist lächelte. »Ja, nicht?« Er wirkte entschieden weniger unheilvoll auf Prue, als sie sah, daß er jung und hübsch war und einen Schlag ins Dunkelhäutige hatte – ein Latino wahrscheinlich.
Außerdem trug er einen Walkman.
Ein Mann namens Mark
»Das ist vielleicht eine Type«, sagte der berittene Polizist.
Prue verstand erst gar nicht. Nachdem sie bei der Durchsuchung von Lukes Hütte erwischt worden war, plagten sie immer noch Schuldgefühle. »Äh … tut mir leid. Was haben Sie gesagt?«
Der Wachtmeister lächelte nachsichtig. »Der Kerl, der hier wohnt. Das ist vielleicht einer. Eine von den Typen, die man nur in San Francisco findet.«
»Wahrscheinlich«, sagte sie.
»Sie kennen ihn?«
»Nein«, sagte sie hastig. »Ich meine … ich nehme an, daß er so eine Type ist … wenn man nach seiner Behausung geht. Sie ist so … kurios. Und er hält wohl auf Ordnung.«
»Ich bin überrascht, daß nichts verwüstet ist«, sagte der Polizist.
»Hm?«
»Er ist schon ein paar Wochen weg … so lang wie noch nie. Ich glaub aber, daß er zurückkommt. Er hat sein Zeug dagelassen. Er war ein bißchen spinnig, aber zahm, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Ich denke schon«, sagte Prue.
»Vielleicht schau ich besser mal nach.« Der Wachtmeister stieg ab und band sein Pferd an einem Baum fest. Als der Hengst sich bewegte, winselte Vuitton sein Frauchen nervös an. Der Polizist tätschelte den Wolfshund.
»Wie heißt er?«
»Vuitton«, antwortete Prue.
»Äh … was Französisches?«
»Mhm.«
»Und was heißt das?«
Prue sah keinen Sinn darin, es zu erklären. »Es ist einfach ein Eigenname.«
»Er sieht dem Hund ziemlich ähnlich, der sich immer mit Mark rumgetrieben hat.«
»Wer ist Mark?« fragte Prue.
»Der Kerl, der hier wohnt. Seinen Nachnamen kenn ich nicht.« Er lächelte die Kolumnistin an. »Soviel ich weiß, kennt er seinen Nachnamen auch nicht.«
Prue versuchte, sich ihre Verwirrung nicht anmerken zu lassen. »Ich nehme an, Sie wissen nicht sehr viel über ihn, wie?«
Der Wachtmeister zuckte mit den Schultern. »Was gibt’s da viel zu wissen? Er zieht in der Gegend rum, ist ’n ziemlich anständiger Kerl, behauptet, daß er in Hawaii gelebt hat, hat dort wohl am Strand Mangos gegessen und ’ne Menge geschnorrt – nicht viel anders wie hier.«
»Wirklich?«
»Klar. Von der Sorte gibt’s in San Francisco ’ne Menge. Sie schlafen in Pappkartons und schnorren ihr Essen, wenn die Restaurants zumachen. Das geht schon seit Kaiser Norton so.«
Prue runzelte die Stirn. »Aber der Mann hier … na ja, er scheint doch irgendwie intelligent zu sein.«
»Wie wollen Sie das wissen?«
»Na ja … der Sinnspruch an der Wand zum Beispiel … dann die Stifte und der Stadtplan.«
Der Polizist grinste. »Wahrscheinlich bereitet er sich auf die Übernahme der Weltregierung vor oder so.«
»Sie halten ihn für verrückt?«
Der Wachtmeister zuckte mit den Schultern. »Vielleicht sind wir die Verrückten.«
»Ja«, sagte Prue unbestimmt. »Möglich.«
»Ich weiß jedenfalls, daß er gebildet ist. Er hat in Harvard studiert, bevor er nach Australien gegangen ist.«
»Nach
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